Jaguar und der F-Type: Raubkatzen-Angriff von der Insel

26.05.2015 | Stand 02.12.2020, 21:15 Uhr

Gelungenes Interieur: Im XE setzen die Jaguar-Designer auf eine Mischung aus Sportlichkeit und Eleganz.

Mit dem gelungenen Sportwagen F-Type hat sich der Autobauer Jaguar mit lautem Auspuffröhren in der Oberliga zurückgemeldet. Jetzt wollen die Briten in einem besonders hart umkämpften Segment angreifen: der Mittelklasse.

Der neue XE soll Audi A4, BMW 3er und die Mercedes C-Klasse das Fürchten lehren. Mit dem rundlichen X-Type hatte es Jaguar 2001 schon einmal probiert – damals gehörte das Unternehmen noch zu Ford. Das eher barocke Modell basierte auf dem Ford Mondeo und entsprach nicht unbedingt dem Geschmack der Jaguar-Fans – vor allem der Frontantrieb stieß vielen sauer auf. 2009 lief die Produktion des X-Type ohne einen Nachfolger aus. Nach gut sechs Jahren nun also der Klassen-Neustart. Mittlerweile gehört Jaguar, genauso wie Land Rover, zum indischen Tata-Konzern. Dabei scheinen die Inder nicht denselben Fehler machen zu wollen, wie etwa lange Zeit GM bei Opel: der Tochterfirma zu stark ins Handwerk zu pfuschen. Schon rein optisch ist den Briten ein charakterstarkes Auto gelungen. Der Jaguar guckt mit dem breiten Schlund angriffslustig drein, die gespannten Linien auf der Motorhaube vermitteln den Eindruck einer zum Sprung geduckten Raubkatze.

Während die Front eher sportlich wirkt, prägen den Briten seitlich elegante Linien – alles in allem eine gelungene Mischung. Das schicke coupéartige Heck geht allerdings zu Lasten der Kopffreiheit der Fondpassagiere. Das ist eben der Preis der Schönheit. Auch innen ist der XE ansprechend gestaltet: bis auf das mit Knöpfen überfrachtete Lenkrad wirkt der Jaguar recht aufgeräumt. Bei Materialauswahl und Verarbeitung können die Briten mit BMW auf jeden Fall mithalten, für das hohe Niveau von Audi reicht es noch nicht. Der XE läuft übrigens in einer neuen Fabrik auf dem Gelände des Land-Rover-Stammwerkes im britischen Solihull vom Band.

Als Motorisierung hat Jaguar zwei Vierzylinder-Turbobenziner mit 200 beziehungsweise 240 PS im Angebot, die sportliche Speerspitze bildet die S-Version mit V6-Aggregat und 340 Pferdestärken. Für den deutschen Markt sind aber vor allem die Selbstzünder interessant, und davon hat Jaguar beim XE ebenfalls zwei im Angebot: mit 163 beziehungsweise 180 PS. Letzterer stand für eine erste Ausfahrt zur Verfügung.

Drückt man den Startknopf, meldet sich der 2.0-Liter-Diesel mit vernehmbarem Knurren zum Dienst. Das ist man so von der deutschen Konkurrenz nicht gewohnt. Allerdings klingt das Aggregat auch nicht schlecht, man kann den Sound also auch großzügig als Betonung der Sportlichkeit auslegen. Beim Druck aufs Gaspedal schiebt der Jaguar jedenfalls kräftig an, die Ingenieure haben ihm ein maximales Drehmoment von 430 Newtonmetern antrainiert. Bei höheren Geschwindigkeiten sinkt dann auch der Geräuschpegel des Motors merklich.

Ungewöhnlich: Bei den Automatikfahrzeugen erfolgt die Gangwahl über einen Drehregler, der sich erst nach Anlassen des Motors aus der Mittelkonsole ausfährt. Eine nette Spielerei, mit der man sich von der Konkurrenz abhebt.

Technisch ist der XE bestens aufgestellt: Die Karosserie besteht zu 75 Prozent aus Aluminium und ist extrem verwindungssteif. Vorne wird eine Doppelquerlenkerachse eingesetzt und erstmals ist in einem Jaguar eine elektromechanische Servolenkung verbaut. Alles in allem sorgt das für ein äußerst sportliches Fahrgefühl, das durch die tiefe Sitzposition und die in Höhlen vergrabenen Instrumente unterstrichen wird. Besonders die satte Straßenlage gefällt auf Anhieb. Auf der Autobahn hält der XE tadellos die Spur, Lenkbewegungen werden jederzeit präzise in Richtungsänderungen umgesetzt.

Insgesamt ist den Briten ein durchaus attraktives Paket gelungen, das bis auf den knappen Platz im Fond sowie den etwas unkomfortabel zu bedienenden Touchscreen nur wenig Raum für Kritik lässt.

Die schlechte Nachricht: Wer nun meint, mit dem Jaguar XE bekommt man eine Alternative zu Mercedes C-Klasse, BMW 3er oder Audi A4 zum Schnäppchenpreis, liegt leider falsch. Die Preise beginnen bei 36 450 Euro – und liegen damit auf Augenhöhe. So wird der Eintritt in die geschlossene deutsche Premium-Gesellschaft auch für eine bissige Raubkatze schwer. DK