Hallo
Ein Münchner sucht Anschluss

25.03.2015 | Stand 02.12.2020, 21:30 Uhr

Blick ins Cockpit: Öffnet man den i8 mit der Fernbedienung, erstrahlt der Innenraum eine Weile komplett in blauem Licht - Foto: BMW

Hallo? Ist da wer? Eigentlich wollten wir uns nur noch schnell einen Burger reinschieben, bevor es weitergeht. Doch die Theke der Filiale einer bekannten Fast-Food-Kette ist verwaist. Ein Blick durchs Fenster auf den Parkplatz erklärt die Situation. Die Mitarbeiter des Burgerbraters schleichen neugierig mit gezückten Handys um unseren Testwagen und schießen Fotos. Irgendwann kommen sie dann doch wieder herein. „Ist das ein i8“ – Ja. Ist so eine Reaktion ein Einzelfall? – Nein. Wer mit dem Münchner Teilzeit-Stromer unterwegs ist, findet schnell Anschluss – nicht nur an der Steckdose.

Ein bisschen fühlt man sich als Fahrer wie Marty McFly in seinem DeLorean im 80er-Jahre-Science-Fiction-Klassiker „Zurück in die Zukunft“ – nur leider ohne Fluxkompensator. Zeitreisen schafft selbst der futuristisch anmutende i8 noch nicht. Aber er zieht fast genauso die Blicke der Passanten auf sich. Schüler am Straßenrand heben den Daumen und nicken anerkennend. Selbst Menschen im höheren Rentenalter finden, das sei ein „geiles Geschoss“ – sogar Gratulationen gibt es vereinzelt. Höhepunkt: Ein zufällig vorbeikommender Jäger springt aus seinem Auto und führt einen knapp eine Minute dauernden Freudentanz um den i8 auf.

Kein schlechtes Gefühl, als „Normalo“ die Aufmerksamkeit eines Popstars zu ernten – allerdings nicht ganz billig: Die Preise für den i8 beginnen bei 126 000 Euro. Nach oben ist selbstverständlich noch Luft, allein die schicken blauen Gurte kosten 400 Euro Aufpreis. Fürs Geld wird aber nicht nur in Sachen Design, sondern auch bei der Technik einiges geboten: Die Vorderräder des i8 werden von einem 131 PS leistenden Synchron-Elektromotor angetrieben – zumindest solange die Akkus Saft haben. Für die Hinterachse ist ein 231 PS starker 1,5-Liter-Dreizylinder-Benzinmotor zuständig. Das Resultat: ein Plug-In-Hybrid-Sportwagen mit 362 PS Systemleistung.

Die am häufigsten gestellte Frage an i8-Lenker: „Und? Wie fährt er sich“ Die Antwort: genauso außergewöhnlich, wie es der Antrieb verspricht. Mit geladenem Akku surrt man anmutig aus dem Parkhaus. Braucht es – etwa auf der Landstraße – mehr Leistung, dann schaltet sich der Benzinmotor zu. Dass ein Dreizylinder nicht wie ein Zehnzylinder klingt, dürfte an dieser Stelle kaum überraschen. Allerdings haben die Ingenieure beste Arbeit geleistet – denn das „Motörchen“ klingt alles andere als nach aufgemotztem Rasenmäher. Die Techniker haben ihm einen richtig kernigen Sound antrainiert.

Die Münchner Öko-Flunder kann auf Wunsch sogar den wilden Kerl markieren: Zieht man den Automatikhebel Richtung Fahrer, schaltet der i8 in den Sport-Modus, und die digitale Anzeige wechselt in infernalisches Rot. Gibt man dem Auto die Sporen, grollt der Dreizylinder dem Fahrer giftig ins Genick. Die elektronisch abgeregelte Höchstgeschwindigkeit von 250 km/h erreicht der i8 spielend. Beeindruckend ist auch die satte Straßenlage. Obacht geben muss der Fahrer aber wegen der geringen Bodenfreiheit.

Mit dem i8 haben die Münchner auf jeden Fall einen Image-Coup gelandet. Selten wird ein Showcar von einer Automesse mit so wenig optischen Änderungen in Serie übernommen. 2009 stand er als Vision Efficient Dynamics bereits auf der IAA in Frankfurt. Allein die Flügeltüren sind ein Hingucker. An deren Innenseite lässt sich auch erkennen, warum der i8 trotz schwerer Akkus nur 1485 Kilogramm wiegt: Er besteht zu einem Großteil aus Carbon. Ein Material, das nicht nur beim Gewicht sondern auch bei der Crashsicherheit viele Vorteile bringt.

Auch die Beleuchtung ist eine Show für sich. Beim Aufsperren leuchtet der komplette Innenraum blau. Öffnet man die Flügeltüren, wandelt sich das Licht in weiß, damit man auch etwas erkennt. Den Druck auf den Startknopf quittiert der i8 mit einer Art Raumschiffgeräusch.

So cool man mit dem i8 vorfährt, so schwer ist es, dem Fahrzeug ohne tief greifende Yoga-Kenntnisse ebenso cool zu entsteigen. Während der Einstieg zwar holprig, aber machbar ist, will beim Ausstieg ein dicker Schweller überwunden werden. Und weil man sportwagentypisch ziemlich nah am Boden sitzt, ist das keine einfache Aufgabe.

Mit der Elektro-Reichweite ist das so eine Sache: Mit vollem Akku soll sie 37 Kilometer betragen. Das tut sie zumindest auf dem Display. Wer allerdings morgens bei Temperaturen um die null Grad losstromert und Gebläse sowie Heckscheiben- und Sitzheizung anwirft, der kann der Anzeige beim schnellen Sinkflug zusehen: Nach etwa 500 Metern Fahrt sind es schon gut zehn Kilometer weniger. Bis der komplett leere Akku an der Haushaltssteckdose voll geladen ist, dauert es gute drei Stunden.

Wie bei fast allen Hybridfahrzeugen, ist der Normverbrauch zu vernachlässigen – 2,1 Liter sollen das laut Datenblatt sein. Wir kamen bei gemischter Fahrweise auf gut sieben Liter Verbrauch. Wer den i8 nun als Münchner-Marketing-Mobil beschimpft, tut ihm unrecht – angesichts der strammen Leistung ist das ein sehr guter Wert.

Im Comfort-Modus ist der i8 durchaus langstreckentauglich. Lässt man es nicht zu schnell angehen, sollte man vollbetankt gut 500 Kilometer weit kommen. Allerdings maximal mit einem Beifahrer – denn die Rücksitze sind selbst Kindern höchstens auf Kurzstrecken zuzumuten. Und in den Kofferraum hinter dem Motor passt auch nur eine kleine Reisetasche.

Der i8 schlägt also ein neues Kapitel in der Autogeschichte auf: sparsam und schnell – nur auf seinen Burger muss man damit leider länger warten. DK