Der Audi A8: Meister Lampe

15.04.2014 | Stand 02.12.2020, 22:48 Uhr

 

Mercedes hatte die S-Klasse – und zwar schon seit 1972 . BMW hatte die 7er-Reihe – bereits seit 1977. Und Audi? Lange hatte der Ingolstädter Autobauer keine eigenständige Oberklasse-Limousine im Programm. Erst auf dem Genfer Automobilsalon 1994 sollte sich das ändern: Audi präsentierte den A8. Das weltweit erste Serienfahrzeug der Oberklasse mit einer Aluminiumkarosserie – bei Audi „Space Frame“ genannt.

Inzwischen ist der A8 in der dritten Generation auf den Straßen unterwegs. 2010 kam das aktuelle Modell auf den Markt, 2013 spendierte Audi seinem Flaggschiff ein dezentes Facelift. Eine Chromleiste verbindet nun die Heckleuchten, die Scheinwerfer ziert eine strahlenförmige Blende und die Blinker blinken nicht nur, sondern „wischen“ in die gewünschte Fahrtrichtung.

Und der „Wischblinker“ ist beim A8 eigentlich auch das Einzige was wirklich die Aufmerksamkeit der Passanten auf sich zieht. Und das ist so gewollt: Die Ingolstädter Luxuslimousine ist ein Auto für Menschen, die sich etwas leisten können, aber nicht unbedingt großartig auffallen wollen. Und weil in vielen Firmen Protz nicht gerne gesehen wird, greifen nach wie vor viele Chefs gerne zum Understatement-Auto A8. Nur ein geringer Teil der in Deutschland verkauften A8 wird privat zugelassen. Laut Kraftfahrtbundesamt waren 2011 85,8 Prozent der Oberklasse-Autos gewerblich angemeldet.

Beim A8 ist es auch nicht das Schlechteste, wenn die Firma zahlt – denn unser Testwagen, ein 4.0 TFSI quattro, schlägt mit mindestens 96 900 Euro zu Buche. Und wer auf zahlreiche arbeitserleichternde Helferlein und All-Inclusive-Luxus nicht verzichten will – und wer will das in dieser Klasse schon – durchbricht recht schnell die 120 000-Euro-Grenze.

Dafür wird dem Kunden aber auch etwas geboten: 435 PS in Kombination mit Allradantrieb lassen das knapp zwei Tonnen schwere Fahrzeug spielend in 4,5 Sekunden von 0 auf 100 km/h beschleunigen.

Trotz dieses geballten Potenzials unter der Motorhaube verleitet der A8 nicht zum Rasen. Mit entspannter Miene lässt man auf der Autobahn die Vollgas-Piloten links passieren, während die Massagesitze den Rücken durchkneten. Der Abstandsregeltempomat kümmert sich um die adäquate Distanz zum Vordermann – nur lenken muss man noch selbst. Wobei auch das beim nächsten Modell auf Wunsch wohl der Autopilot erledigen wird. Die perfekte Geräuschdämmung schirmt den Umgebungslärm ab, und das herrlich klingende Bang-&-Olufson-Soundsystem (für schlappe 6500 Euro Aufpreis) tut sein Übriges, um den Fahrer von der stressigen Außenwelt zu entkoppeln.

Wer der Versuchung des Gasgebens trotzdem nicht widerstehen kann, bekommt die Quittung an der Tankstelle. Die 9,1 Liter Normverbrauch sind auch bei größtem Bemühen nicht zu erreichen. Bei gemäßigter Fahrt schluckt der A8 elf bis zwölf Liter Super plus, bei flotter Fahrweise sind es einige Liter mehr. Wer sich so ein Fahrzeug leisten kann, wird sich für solche Nebensächlichkeiten aber sowieso wenig interessieren.

Seit dem Facelift ist für den A8 optional das sogenannte Matrix-Beam-Licht erhältlich. Ein Extra, das sein Geld wert ist. 25 LEDs ermöglichen außerorts ein permanentes Fahren mit Fernlicht. Bis zu acht entgegenkommende Fahrzeuge können gleichzeitig im Lichtkegel ausgeblendet werden. Im Gegensatz zu Konkurrenz-Systemen sind beim Matrix-Beam keine beweglichen Teile im Einsatz. Der Nutzen ist enorm, so leuchtet der A8 etwa um vorausfahrende Fahrzeuge herum, was die Orientierung in der Nacht extrem verbessert.

Gebaut wird der A8 am Audi-Standort Neckarsulm. Fast 40 000 Stück der Limousine wurden 2013 produziert. Vom Q5 verkauften die Ingolstädter 2013 fast sechsmal soviel. Für die Hersteller sind die teuren Oberklasse-Fahrzeuge dennoch wichtig, denn sie bringen mächtig Rendite – vor allem, weil die Käufer in diesem Segment gerne Kreuze auf der Ausstattungs-Liste machen.

Das Beste gibt es übrigens gratis: Das einschüchternde Image einer Staatskarosse. In engen Gassen rangiert das entgegenkommende Fahrzeug beim Anblick des A8 meist freiwillig zurück, und auch Drängler scheint das breite Hinterteil mit den vier Ringen abzuschrecken – selbst bei niedrigen Geschwindigkeiten auf der Autobahn. DK