Schrobenhausen
Gemäßigte Reform?

Hirtenbrief des Augsburger Bischofs stößt im Schrobenhausener Land auf geteilte Meinungen

26.02.2012 | Stand 03.12.2020, 1:47 Uhr

 

Schrobenhausen (ahl/maz/ ais/kgg) Auch in den Gottesdiensten in Schrobenhausen und Umgebung ist das Hirtenwort des Augsburger Bischofs am Sonntag verlesen worden. Die ersten Reaktionen auf die Erklärungen zur Bistumsreform fielen mehrheitlich zurückhaltend aus.

Der Ex-Dekan: Ruhestandsgeistlicher Anton Keller richtete nach dem Hirtenbrief noch einige persönliche Worte an die Kirchgänger – „als Ruheständler kann ich mir das leisten“, meinte der frühere Schrobenhausener Dekan, der am Sonntag den erkrankten Pfarrer Pero Ljubicic in St. Ludwig Karlshuld vertrat. Der Hirtenbrief falle nun doch in einigen Punkten etwas gemäßigter aus als erwartet. Keller zog den Vergleich zu Bankenfusionen, die von Vorständen geplant, dann aber gescheitert waren, weil die Basis nicht mitspielte. Auch in der Kirche helfe es nicht, „wenn die unten nicht mitmachen“. Daher heiße es nun im Hirtenbrief in punkto Pfarreienfusionen nur noch „für die, die das wollen“. Auch die Pfarrgemeinderäte sollten jetzt doch bestehen bleiben. Deren angekündigte Abschaffung bezeichnete Keller als Fehler – „das war ein bisschen voreilig“. Pfarrgemeinderäte seien „lebensspendend und lebensnotwendig“, er selbst hätte keine seiner Pfarreien ohne funktionierende Pfarrgemeinderäte führen können, so Keller weiter.

Massiv aufgestoßen ist vielen Gläubigen und Ehrenamtlichen, dass Wortgottesdienste an Sonn- und Feiertagen nur noch in Pflegeheimen und Krankenhäusern erlaubt sein sollten. „So einfach kann auch ein Bischof nicht sagen, ,das gibt es nicht mehr’“, erklärte Keller und zitierte aus dem Zweiten Vatikanischen Konzil, das Wortgottesdienste ausdrücklich dort erlaubt, „wo kein Priester für eine Eucharistiefeier zur Verfügung steht“. Über den Beschluss von mehr als 2100 Bischöfen könne sich auch Bischof Konrad Zdarsa nicht hinwegsetzen.

„Es wird nicht so heiß gegessen, wie es gekocht wird“, schloss Keller seine persönlichen Worte, er schaue zuversichtlich in die Zukunft, die Kirche werde bestehen bleiben. Das hänge vor allem von den Pfarrangehörigen ab, nämlich davon „ob Sie weiter kommen“. Wenn nur noch zwei oder drei zusammen säßen, würden sie vielleicht von alleine auf die Idee kommen, sich mit anderen zusammenzutun, „um wieder mehr zu sein“.

n Karlshuld: Kellers Gedanken stießen nicht nur bei Renate Busch auf dankbare, offene Ohren. Im Namen des Pfarrgemeinderates dankte sie ihm sehr herzlich für seine wohltuenden Worte. Auch in den anschließenden Fürbitten klang Kritik durch. In der Kirche sei einiges durcheinander, war da zu hören, verbunden mit der Bitte, Gott möge den Heiligen Geist zu den Bischöfen senden.

Mühlried: Einige Eltern waren gestern mit ihren Kindern zum Sonntagsgottesdienst nach Mühlried gekommen. Der Hirtenbrief – bei vielen von ihnen eher störende Nebensächlichkeit. „Jetzt können wir wieder aufwachen, liebe Kinder“, sagte der Pfarrer scherzhaft, nachdem er den Brief verlesen hatte. Die Instrumentalgruppe stimmte das nächste Lied an.

Aber nicht alle ließ das Thema kalt, wie sich nah dem Gottesdienst zeigte. Helga Hartmann, die sich in der Pfarrgemeinde sehr engagiert, war sichtlich empört: „Bischof Zdarsa sollte froh sein um jeden, der heutzutage freiwillig in die Kirche geht, und dabei ist es doch egal, ob die Gläubigen zu Wortgottesdiensten oder Eucharistiefeiern kommen“, sagte sie bestimmt.

Etwas gelassener reagierte Hermann Koppold: „So lange wir nicht wissen, wo die Reise hingeht, ändert sich hier erst mal gar nix.“ Der Hirtenbrief sei recht allgemein gehalten und die Botschaften habe der Bischof doch in Blumen verpackt. „Es gibt keinen Grund sich jetzt darüber aufzuregen“, sagt Koppold.

Christina Hellmich, ebenfalls in der Gemeinde sehr engagiert, sieht die kommenden Entwicklungen sogar positiv: „Es geht doch darum, sich darauf zu besinnen, was im Glauben wichtig ist, und das ist die Eucharistiefeier“, sagt sie. Eine Eucharistiefeier sollte im Leben den gleichen Stellenwert einnehmen wie das Einkaufen. Man könne dafür schließlich auch längere Wege in Kauf nehmen.

Pfarrgemeinderatsvorsitzender Konrad Prinke rief die Besucher dazu auf, sich weiterhin für die Gemeinde stark zu machen. Im Anschluss an den Sonntagsgottesdienst in einer Woche, soll eine Menschenkette um die Kirche gebildet werden, um das Miteinander zu zeigen.

Schrobenhausen: In der Schrobenhausener Stadtpfarrkirche St. Jakob wurde gestern am Ende der Messe der Hirtenbrief auch noch in gedruckter Form ausgelegt. Schnell scharten sich die Kirchgänger um den Korb mit den Zetteln. Auch draußen wurde noch diskutiert. Elisabeth Grimm plädierte dafür die Wortgottesdienste nicht klein zu reden: „Sie können die Eucharistiefeier nicht ersetzen, aber ein Pfarrer kann sich ja auch nicht zerreißen“, sagt sie. Darum sei es doch auch schön für die Gemeinschaft, sich in Wortgottesdiensten zu treffen.

Franz Mayer von der Kolpingfamilie Schrobenhausen erklärte, die Laien müssten sogar mehr einbezogen werden. „Und wenn in den Landkirchen kein Gottesdienst mehr stattfindet, können sie gleich ein Holzlager draus machen.“ Schließlich würden die Bürger viel Herzblut und ehrenamtliche Arbeit in die Pflege ihrer Kirchen stecken – aber eben nur, solange sie auch genutzt werden.