Was heißt hier: Wir reden alles schlecht?

19.03.2018 | Stand 02.12.2020, 16:40 Uhr

Zur Berichterstattung über Rathaus und Denkmalschutz:

Wieder mal steht der alte Vorwurf im Raum, in Schrobenhausen würde man alles schlechtreden. Da fühle ich mich ja fast schon persönlich angesprochen. Meine Gegenfrage: Was ist besonders gut gelaufen in Schrobenhausen? Wo stehen die Verantwortlichen aus Stadt und Politik mal zu ihren massiven Fehlern? Beispiele: Fehlende Umgehungsstraße oder das Märchen von den runden Häusern in der Ex-Tierkörperverwertung, usw. Was ist der Verdienst der Schrobenhausener Führung in den letzten 30 bis 40 Jahren, in denen sich die Region Ingolstadt, Augsburg, München extrem entwickelte? Fast schon unmöglich, sich da nicht wenigstens etwas mitzuentwickeln.

Jetzt kommt sicher die Entgegnung, es ist ja schön in Schrobenhausen zu leben, und genau das stimmt auch. Nur: Ist das nicht zu wenig Anspruch für eine Stadt? Schön zu leben ist es auch in dem 90-Einwohner-Dorf in der Hallertau, in dem ich aufgewachsen bin. Es ist kein Kunststück, in einer externen Boom-Zeit eine Stadt über Wasser zu halten, und das aber grad mal so.

Aber was ist, wenn es mal nicht mehr so läuft? Ich sehe das Problem eher darin, dass Schrobenhausen wegen großer Fehler aus der Vergangenheit nicht zukunftsfest ist. Gibt es in zehn Jahren noch ein Krankenhaus oder das Freibad? Auch die Diskussion um das Rathaus zeigt doch, dass nichts geht in Schrobenhausen, dass Riesenfehler gemacht wurden, für die aber irgendwie keiner Verantwortung trägt.

Das Rathaus stand wahrscheinlich einfach eines Morgens da. Natürlich kann man das Teil schönreden von Harmonie und Sichtachse und Winkel da und dort und was noch alles zur Sprechblase der ach so begeisterten Architektur-Lobby gehört. Aber ich kann eben ein altes Fass mit Loch im Deckel sehen und ein den Kräften der Natur überlassenes Zeugnis der Industriezeit, durch dessen durchbrochene Decke sich Licht den Weg ins dunkle Innere bahnt. Bleibt aber trotzdem ein verrostetes Fass.

Und das Rathaus - man kann dazu stehen wie man will - ist sicher kein Besuchermagnet, und was Besonderes ist es schon gleich gar nicht. Denn solche Betonkästen stehen überall herum, meist als Kaufhäuser. Viele sind aber auch schon abgerissen, weil sie nicht ins Stadtbild passen. Aber da war dann wahrscheinlich die gute alte Sichtachse verbogen.

Aber die Behörde, die seit Jahrzehnten penibelst darauf achtet, dass beim Sanieren von denkmalgeschützten Gebäuden ja kein Fensterkreuz einen Zentimeter zu breit ist und keine Dachplatte einen falschen Farbton hat, genau dieses Denkmalamt, schaut jetzt tatenlos zu, wie Stadtmauer und Museumsgebäude komplett verschandelt werden. Aber wer das Schrobenhausener Rathaus zum Denkmal erklärt, der hat eh nicht mehr alle Betonklötze am Zaun und ist in Sachen guter Geschmack sowieso komplett raus.

Einzig der Herr Hammer scheint noch das Rückgrat zu haben, sich der totalen Verschandelung entgegenzustellen. Aber es ist auch verständlich, dass es hier kaum Widerstand gibt, denn eins haben die Menschen gelernt: Wenn Ämter auf Hochtouren laufen, ist ihnen mit Vernunft und klarem Menschenverstand nicht beizukommen.

Alfred Holzer

Schrobenhausen