Mir kommt manches spanisch vor

02.02.2018 | Stand 02.12.2020, 16:52 Uhr

Zur Berichterstattung über die deutsch-französische Woche und die P-Seminare des Schrobenhausener Gymnasiums:

Beim Lesen der Berichte der SZ kann man neidisch werden, nicht nur wegen der häufig servierten Köstlichkeiten wie Baguette, Quiche, Eiffelturm aus Keksteig. Nein, neidisch und erstaunt über den Wandel der Lehrmethoden. Denke ich an meine Abiturklasse (Jahrgang 1975 ) zurück und an die erste Französisch-Schulaufgabe, bei welcher ein Drittel der Verfasser, darunter ich, die Note 6 erhielten, dann fragt man sich, wie wir das damals mental schafften. Von "la vie en rose" keine Spur!

Leider bestand keinerlei Möglichkeit, die Note durch Näharbeiten auszugleichen. Es gelang uns trotzdem, zu einem vorzeigbaren Ergebnis zu gelangen. Eine Klassenkameradin, die später unter anderem Französisch/Lehramt studierte, konnte sogar berichten, dass sie nie besser Französisch gesprochen hätte als vor der Abiturprüfung. Man darf also alles nicht so eng sehen!

Wenn zum Beispiel der Moderator des "P-Seminars Französisch" erklärt, dass er nur anwesend ist, weil er in kein Tanzseminar wollte und sich gleich "augenzwinkernd" für seine schlechte Aussprache entschuldigt, dann muss man dessen Nonchalance durchaus bewundern. Lachend teilte er auch mit, dass die meisten Teilnehmer des Modeseminars nicht nähen konnten und deshalb ihre Schöpfungen nur mit tatkräftiger Unterstützung ( von wem) herstellen konnten. Der Umstand, dass die gefertigten Taschen "sofort weg" waren, zeigt: Aufs Ergebnis kommt es an.

Dasselbe gilt für die Ideengewinnung: Man kann sich, wie eine Teilnehmerin zeigte, Ideen für französische Mode auch aus London holen beziehungsweise von einem Foto der Amerikanerin Marilyn Monroe. Auch Musik (Kanye West, A$AP Rocky), aus welchem Land auch immer, kann inspirieren.

Weiteren theoretischen Unterbau für Nonchalance lieferte auch der Besuch des Schriftstellers und Journalisten Alexander Oetker. Selbst vollständig (einschließlich Buch, Mineralwasserflasche, Tempotaschentücher und sogar Blatt auf der Teetasse) passend in blau gehalten, gestand er sogleich, dass er teilweise die Schule schwänzte und (wohl deswegen, Anm. d. Verfassers) nicht die allerbesten Noten hatte. Ein "Deal" mit der Lehrerin machte dies möglich! Kommt es überhaupt auf Schulbesuch an? Immerhin habe ihn bis heute niemand gefragt, ob er überhaupt Französisch könne. Mit seinem Team "problemlos kommunizieren" sei jedenfalls nach einem halben Jahr möglich gewesen. Die Botschaft ist klar?

Mein erster Schulleiter und die wahrhaft sehr fordernde Französischlehrerin unseres Abiturjahrgangs kommen mir in den Sinn. Ersterer ermahnte uns in seiner Abschiedsrede, für mich unvergessen, uns mutig "sperrigen" Aufgaben zuzuwenden. Letztere forderte Kampfgeist: "Holt aus euren Lehrern heraus, was ihr könnt!" Die Zeiten haben sich wohl geändert. A la bonheur! Ich sage trotzdem, um im Stil zu bleiben: Mir kommt manches spanisch vor.

Georg Berger

Schrobenhausen