Rüstungsflop und Milliardengrab?

09.03.2017 | Stand 02.12.2020, 18:31 Uhr

Zum Interview mit MBDA- Deutschland-Geschäftsführer Thomas Gottschild (SZ vom 4. März):

Natürlich liefern uns Rüstungsprodukte im Hagenauer Forst stabile, wohnortnahe Arbeitsplätze. Insofern könnte man MBDA-Chef Gottschild aus Arbeitgebersicht ja verstehen. Aber eine Lokalzeitung könnte im ganzseitigen Interview auch kritisch Fragen stellen. Denn von Milliarden Steuergeldern zur Entwicklung des neuen Luftverteidigungssystems Meads fließt nicht ein Cent zu unserem eigenen Schutz auf deutschem Boden. Das Meads-Konzept soll deutsche Bodentruppen ausschließlich bei Auslandseinsätzen vor Luftangriffen in Kriegsgebieten angeblich schützen. Über 100 deutsche Bundeswehrsoldaten sind bei Auslandseinsätzen bereits sinnlos gestorben, aber die allerwenigsten durch Luftangriffe! Unsere Auslandseinsätze konnten bislang keine nachhaltig friedlichen Lösungen schaffen - wohl auch in Zukunft nicht. Denn jeder getötete Zivilist erzeugt 100 neue Terroristen.

Experten sagen, das aktuelle Patriot-Raketenabwehrsystem genügt. Eine wesentlich kostengünstigere Alternative wäre die Modernisierung von Patriot. Aber Meads war 2005 eine rein industriepolitische Entscheidung mit einer zähen Geschichte ähnlich der Flugdrohne Euro-Hawk und könnte sogar in einen weiteren Rüstungsflop landen - ein Milliardengrab.

Deshalb war Meads 2011 politisch schon fast eingestampft. Alternativ wären unsere Steuergelder in der Entwicklungs- beziehungsweise Flüchtlingshilfe viel besser investiert. Deshalb braucht es keine Aufstockung der Verteidigungsmittel, die Thomas Gottschild schon im Visier hat.

Aber die Ukraine-Krise war eine willkommene Steilvorlage für unsere Rüstungslobby, um Meads wieder aus der Mottenkiste zu holen. Vielleicht könnte man auch im Hagenauer Forst umdenken und eines Tages friedvollere Produkte produzieren? Der neue Weg in die Laser-Forschung hätte zum Beispiel mehr zivile Optionen.

Joerg Bucher

Scheyern