Sühnestein wieder aufgetaucht

31.10.2007 | Stand 03.12.2020, 6:23 Uhr

Das ist der Sühnestein, den Kreisheimatpfleger Bernhard Rödig als vermisst gemeldet hatte. Jetzt ist er wieder an seinem Platz.

Schrobenhausen (SZ) Er ist wieder da, das steinerne Sühnekreuz vom Gaishof. Am Montag kam die Nachricht von einem Spaziergänger, dass am Waldrand in der Nähe des Gaishofes ein Stein liege, der eventuell der abhanden gekommene Stein sein könne.

Der Spaziergänger war sich allerdings nicht ganz sicher, da die nach oben liegende Fläche kein Kreuz, sondern nur eine raue Bruchkante aufwies. Anhand von Fotos wurde aber schnell klar, dass es tatsächlich der gesuchte Sühnestein war, er lag nur mit der Vorderseite nach unten im Gras am Wegrand. Schon einige Minuten später ging bereits ein zweiter Anruf von Karl Egle, der den Fund ebenfalls meldete, beim Autor dieses Beitrags ein.

Zu diesem freudigen Ereignis gibt es aber auch noch eine Vorgeschichte. Einige Tage vor dem Wiederauffinden hatte es einen weiteren interessanten Anruf gegeben. Ein Unbekannter war am Telefon und hatte ihn informiert, dass er das Sühnekreuz in seiner Obhut habe und durchaus bereit sei, es wieder an den ursprünglichen Ort zurückzubringen. Er habe den Stein schon längere Zeit in der grabenartigen Vertiefung am Waldrand liegen sehen und sei der Meinung gewesen, dass sich niemand mehr dafür interessiere. Er konnte natürlich auch nichts von den Plänen wissen, ihn wieder aufzustellen. Nach dem versprochenen Rücktransport war ein weiterer, informeller Anruf vereinbart worden – aber der Spaziergänger war wohl schneller.

Nun war Eile geboten, um den Stein vor eventueller unabsichtlicher Beschädigung durch vorbeifahrende forst- oder landwirtschaftliche Fahrzeuge zu schützen. Der Autor informierte sofort den Rieder Steinbildhauer Karl-Heinz Torge, der sich ja schon vor dem Verschwinden des Sühnekreuzes bereit erklärt hatte, ihn unentgeltlich wieder aufzurichten. So fuhren beide unverzüglich zum ehemaligen Standplatz, um ihn wieder in Position zu bringen.

Da sich der ursprüngliche Standort aber in einer Senke befand, die den Stein fast unsichtbar machte und auch die sich im Herbst und Winter ansammelnde Dauerfeuchtigkeit dem Stein schaden würde, beschloss man, eine kleine Erhebung nur wenige Meter entfernt für eine Neuaufstellung zu nutzen. Dank der Kenntnisse des Steinbildhauers, der ja ständig mit der Bewegung schwerer Lasten zu tun hat, und das entsprechende Geschick sowie passendes Werkzeug aufweisen kann, blieb es beim Transport über den weichen Waldboden bei nur wenigen Schweißtropfen. Jetzt sitzt der Stein fest im trockenen Sandboden und kann vom Weg aus sehr gut gesehen werden.

Genauere Einzelheiten über die Vorgeschichte des Steins sind immer noch nicht bekannt. Nach Informationen von Michael Tyroller hatte man schon zur 1200-Jahr-Feier von Edelshausen im Jahre 1992 den Stein, der nur noch mit der Spitze etwa 20 Zentimeter aus dem Boden ragte, ein Stück weit frei gemacht, um ihn wieder besser sehen zu können. Dann wurde er von Unbekannten ausgegraben und lag eine Zeit lang flach am Boden. Als einige Mitglieder des Gartenbauvereins Edelshausen ihn wieder aufstellen wollten, ging es ihnen wie dem Kreisheimatpfleger: Das Objekt war verschwunden. Eine Spaziergängerin konnte sich ebenfalls noch daran erinnern, dass er vor einigen Jahrzehnten noch aufrecht gestanden war, aber nur noch im oberen Teil aus dem Boden geragt habe. Solche besonderen Steine waren früher auch Treffpunkt für die Übergabe von Missetätern an der Grenze von einer Hofmark zur anderen.

Auf der alten Flurkarte von 1813, als Bayern das erste Mal von Geometern genau vermessen wurde, ist exakt an dieser Stelle ein Kartenzeichen eingetragen: ein Kreis mit einem Punkt darin und einem Häubchen darauf, alle anderen Grenzsteine waren nur als Kreis mit Punkt oder Strich darauf gekennzeichnet. Dies würde auf einen eventuell alten und schon damals vorhandenen besonderen Markstein hinweisen. Er befindet sich auch laut Karte mitten im eingezeichneten Weg, der heute noch als Hohlweg parallel zum neu angelegten Forstweg existiert. Aber vielleicht wollte der Kartenzeichner ihn so auch nur besonders herausstellen. Im staatlichen Vermessungsamt geht im Moment ein Mitarbeiter im Archiv der Sache mit dieser Signatur auf den Grund und hofft, noch alte Aufzeichnungen darüber zu finden.

Ob nun Sühnestein oder Grenzstein – auf lange Sicht gesehen ist es aufgrund der auf Dauer doch negativen Witterungseinflüsse und der Strukturschwäche des Steins eine Überlegung wert, eine Silikonabformung zu machen, das Original nach Edelshausen ins Kircheninnere zu verbringen und stattdessen den Abguss wieder aufzustellen. Allerdings wären dazu einige Sponsoren für die Finanzierung nötig. Vielleicht finden sich welche. Wer weißEs gab ja auch nur eine geringe Wahrscheinlichkeit, dass der Stein nach seinem Verschwinden wieder auftauchen würde.

An dieser Stelle sei dem ehrlichen Unbekannten herzlich gedankt. Jetzt, an Allerheiligen, steht das Sühnekreuz wieder wie schon früher vor Ort und gedenkt vielleicht eines uns nicht mehr bekannten Toten oder auch nur dem Unbekannten, der Grenzen setzte.