Frühstück für Emma

16.08.2007 | Stand 03.12.2020, 6:33 Uhr

Einer füttert, einer melkt: Ludwig und Fine Sanhieter an ihrem Arbeitsplatz. Jeden Morgen wird erst das Vieh versorgt, wie immer schon. - Foto: Petry

Koppenbach (SZ) Emma ist ganz entspannt, fast tiefenentspannt. Sie schaut zufrieden aus, was kein Wunder wäre. Es gibt Frühstück. Und einmal Euterreinigen dazu. Noch ist es draußen dunkel, aber bald, weiß Emma, geht’s raus, auf die Wiese, und draußen gibt’s heute hoffentlich schönes Wetter.

Kurz nach Fünf bei den Sanhieters in Koppenbach. Ludwig und Fine tun, was sie jeden Tag machen. "Immer schon", sagt Ludwig. Immer schon heißt, dass er es gar nicht anders kennt als den Tag damit zu beginnen, das Vieh zu versorgen. Heute nur noch im Nebenerwerb. Nach dem Melken geht es in die Arbeit, er ist Zimmerer.

"Wegen der Kühe bräuchten wir nicht so früh aufstehen, die Milch wird erst am Nachmittag geholt", sagt Fine Sanhieter. Es ist schwül heute morgen, am Tag nach dem Feiertag. Eine Kuh muht, das war Kiri. Oben fetzen hyperaktive Schwalben durch den Stall und bringen lebhafte Fröhlichkeit in die konzentrierten Abläufe.

Gleich ist Emma dran. Fine Sanhieter reinigt zunächst das Euter. Die ersten Spritzer Milch werden von Hand gemolken, sie landen in einem Eimer. Alle Zitzen wohlauf, saubere Milch – sie sieht das auf einen Blick und kann nun die Rüssel der Melkmaschine anbringen. In den nächsten Minuten strömen zehn bis 15 Liter Milch durch ein komplexes Leitungssystem in die Kühlung.

So geht das bei einer Kuh nach der anderen. Nur nicht bei denen, die eben erst gekalbt haben. Ihre Milch bekommen die Kälber, und wenn das nicht reicht, gibt’s noch frische aus der Anlage nach. Nur das Beste für die Kühe, so soll’s sein. "Wir haben unser Kontingent, mehr als das dürfen wir eh nicht liefern", sagt Fine Sanhieter.

Von der Milch leben, das wäre heute nichts mehr. "Da käme man sich vor wie ein Hartz-IV-Empfänger", sagt Ludwig Sanhieter. Trotzdem geht es immer weiter, wie es guter Brauch ist. Was die nächste Generation macht, das ist noch offen. Sohn Helmut hat längst in Rettenbach einen eigenen Hof, mit modernem Melkstand.

In Koppenbach gibt’s den nicht. Die Kühe stehen in zwei Reihen im Stall, dem Mittelgang zugewandt, so dass sie sich immer, wenn sie wollen, tief in die Augen schauen können. Hier gibt’s lecker Futter, das Ludwig Sanhieter verteilt. Auf der Rückseite ist es nicht ganz so klinisch; was reinkommt, muss auch wieder raus.

Es geht voran. Dynamisch und trotzdem ruhig. Jeder Handgriff sitzt. Eine Anzeige bedeutet Fine Sanhieter, wenn keine Milch mehr fließt. Dann werden die Melkrüssel abgenommen, und die nächste Kuh ist dran.

Ein paar Babymiezen (wären sie Kühe, würde man sie schwarzbunt nennen) schleichen schüchtern durch den Stall, schubbern sich den Rücken an den Boxen der Kälber, die hungrig ihre Milch verschlingen. Die Schwalben spielen gerade Fangsterl oder Pfennig oder Jagen, oder sie üben gerade, weil’s ja bald auf die Reise geht. "Heuer haben wir ganz viele", lächelt Fine Sanhieter. 60 Schwalben hat sie neulich am Morgen gezählt, die ersten sind jetzt schon ausgeflogen.

Auch die Kühe dürfen bald raus. Jeden Tag kommen sie auf eine der Weiden rund um den Hof, nahe dem schmalen, fröhlich vor sich hindümpelnden Koppenbach. Frische Luft tut gut.

Emma ist längst fertig, gönnt sich noch ein paar Bissen Heu. Gleich sind auch die Sanhieters dran mit Frühstück, ehe es los geht, in die Arbeit.