"Wir sind noch keine Berufspolitiker"

14.07.2009 | Stand 03.12.2020, 4:49 Uhr

Mit die ersten im Langenmosener Festzelt waren die Freien Wähler aus Schrobenhausen. Sie wurden vom ebenfalls frühzeitig eintreffenden Landeschef Aiwanger persönlich begrüßt.

Langenmosen (woe) Nur ein Jahr nach ihrer Gründung konnten die FW Langenmosen am Montagabend einen beachtlichen Erfolg verbuchen: Vier Landtagsabgeordnete waren bei der Sommernacht der Freien Wähler im Festzelt zu Gast, unter ihnen auch Landesvorsitzender Hubert Aiwanger.

Als Hubert Aiwanger am Montagabend das Festzelt am Sportplatz von Langenmosen betritt, erklingt kein mitreißender Blasmusikmarsch. Der Landesvorsitzende der Freien Wähler ist auch nicht umringt von Lokalpolitikern und Bewunderern. Im Gegenteil: Aiwanger ist früh dran und geht einigermaßen unbemerkt durch die Bierbankreihen. Erst als er fast an der Bühne angekommen ist, erkennen die ersten den hemdsärmeligen Mann und beginnen zu klatschen – ein unspektakulärer Einzug, der in völligem Kontrast steht zu dem, was man von anderen politischen Gruppierungen kennt und der geradezu gegensätzlich ist zu den Inszenierungen der CSU, zu der der FW ja oft eine große inhaltliche Nähe nachgesagt wird.

Und doch: Als Aiwanger nach den Grußworten von FW-Ortsvorsitzendem Erich Pradel, von Bürgermeister Thomas Hümbs, FW-Kreisvorsitzendem Klaus Brems, Landrat Roland Weigert und von FW-Landtagsabgeordneter Claudia Jung ans Rednerpult tritt, gelten seine ersten Ausführungen der Partei, die jahrzehntelang in Bayern allein regiert hat. "Die CSU hat sich von der Bevölkerung entfernt", ruft der FW-Chef ins Publikum. Die von ihr zuletzt betriebene Politik habe nichts mehr mit "guter demokratischer Teilnahme" zu tun gehabt.

Aiwanger erinnerte an den Ausspruch des gescheiterten CSU-Chefs Erwin Huber, dass derjenige, der einen Teich trocken legen wolle, nicht die Frösche fragen dürfe. Einer Politik, die sich immer öfter gegen Mehrheitsmeinungen gerichtet habe, habe die CSU ihr Debakel bei der letzten Landtagswahl zu verdanken. Als Beispiele nannte er die Linie der Christsozialen beim Transrapid, der grünen Gentechnik und in der Bildungspolitik.

Die Freien Wähler präsentierte Aiwanger dagegen als "verlängerten Arm der Bürgerinteressen" und als "ideologiefreie bürgerliche Gruppierung der Mitte". Er sprach sich für eine moderne Familienpolitik aus, für ein kostenfreies letztes Kindergartenjahr und mehr Ganztagsunterricht. Und auch für mehr Kinderkrippen. Mit der Haltung "Ein Kind in der Krippe ist gleich DDR" komme man heute nicht mehr weiter, platzierte er einmal mehr einen Seitenhieb in Richtung CSU. Als weiteren Schwerpunkt der FW-Politik nannte Aiwanger die Zukunft des ländlichen Raums. Der FW-Chef warnte vor einer Entwicklung, bei der am Ende nur noch Geisterdörfer übrig bleiben. Beifallsstürme erntete er für seine Haltung zum Milchpreis und seinen Vorschlag, endlich die Menge zu reduzieren. "Ich frage mich, warum man die Bauern auf Teufel komm raus in die Produktion jagt", rief er zum Jubel der Zuhörer. Auch sein Bekenntnis für den Erhalt kleiner Strukturen als Gegenstrategie zur wachsenden Monopolstellung von Großkonzernen wurde mit viel Beifall bedacht. "Der kleine Metzger wird kaputt gemacht, damit alle bei Aldi an der Kühltheke kaufen müssen" – mit Sätzen wie diesem sprach Aiwanger seinem Publikum aus dem Herzen.

Ebenso mit seinem Bekenntnis zum Mittelstand und zu einer durchschaubaren Finanz- und Steuerpolitik. "Wir haben heute schon mehr Steuerberater als Bauern. So ein Land kann doch auf Dauer nicht existieren", legte Aiwanger zum Ende seiner Rede noch einmal nach und bewies damit Bierzeltrednerqualitäten, wie sie auch in der von den Freien Wählern so kritisch beäugten CSU nicht jeder aufbieten kann.