Waidhofen
Das neue Paartaler Gwand ist da

Zwei Jahre hat Rainer Müller mit Regina und Bernhard Reitberger an der Traditionskleidung getüftelt

26.10.2016 | Stand 02.12.2020, 19:08 Uhr

Foto: DK

Waidhofen (SZ) Nach zwei Jahren Entwicklungszeit ist das neue Paartaler Gwand nach historischer Vorlage nun endlich bereit, die Herzen der Einwohner des Paartals zu erobern. Am Freitag, 28. Oktober, wird es um 19 Uhr der Öffentlichkeit im Waidhofener Pfarrheim vorgestellt.

Zu fortgeschrittener Abendstunde sitzen Rainer Müller, Bernhard und Regina Reitberger zusammen - mal wieder. Während beim einen die Augen schon langsam schwer werden, wird zwischen den anderen noch immer fleißig diskutiert - nicht aber etwa über das aktuelle Weltgeschehen, sondern über Hopfenrispen, verschiedene Grün- und Rotnuancen und die Qualität von Stoffen. Seit gut zwei Jahren arbeiten die drei von den Paartaler Dirndl und Burschn aus Waidhofen an einem ganz besonderen Thema - und haben jetzt ihre ganz eigene Version eines Paartaler Gwands geschaffen.

Am Anfang stand die Idee - die die drei eigentlich gar nicht selbst hatten, sondern von einem anderen Vereinsmitglied aufgegriffen haben. Wie toll wäre es, wenn man als Verein in der Öffentlichkeit geschlossen und einheitlich in einer persönlichen Kleidung nach dem Vorbild der alten, hiesigen Trachten auftreten würde? Die drei machten sich mit Feuereifer an die Umsetzung ihres Verständnisses von Gemeinschaft - doch die gestaltete sich dann doch gar nicht so einfach.

Unzählige Stunden, Treffen bis tief in die Nacht hinein und zahlreiche Entwürfe waren notwendig, bis das neue Paartaler Gwand dann endlich stand. Müller erinnert sich: "Die Lederhose hat Regina damals als ersten Entwurf in Lebensgröße auf Papier aufgezeichnet, damit wir sie uns besser vorstellen konnten."

Hinzu kamen viele weitere Entwürfe für die Stickereien auf der Lederhose, die liebevollen Details auf den Strümpfen oder das Dirndl. Die drei wussten genau, was sie wollten: Keine weitere Kopie der Miesbacher Tracht, die in der Region sehr stark verbreitet ist, sondern ein modernes Gwand nach dem Vorbild der alten Stiefelhosen mit dem originalen Hallertauer Latz, das das neue Aushängeschild des Paartals werden soll. Um möglichst nah an der hiesigen Tradition zu bleiben, recherchierten die Macher mehrere Monate lang in geschichtlichen Dokumenten aus der Region, im Trachteninformationszentrum, in Museen und bei Vereinen.

Auch die Mitglieder der Paartaler Dirndl und Burschn waren Teil des Entstehungsprozesses: Bei der Weihnachtsfeier vor zwei Jahren durfte jeder seine Meinung zu den bis dahin entstandenen Ideen abgeben. Damit brachten sie die drei Kreativen in die richtige Spur. Doch die eigentliche Arbeit begann nun erst: Welcher Stoff sollte der richtige für das Dirndl sein? Welche Farben passen am besten zusammen? Welche Qualität soll das für die Lederhose verwendete Leder aufweisen?

Rund um die Entwicklung eines traditionellen Gwands stellen sich sehr viel Fragen - und keine davon ist leicht zu beantworten. Nach und nach nahm eine ursprünglich fixe Idee aber dann doch Formen an - und auch Stoffe. Die Lederhose aus natürlichem Hirschleder mit den grüngelb aufgestickten Hopfenrispen. Die Weste aus Wolle statt aus billigen Kunstfasern. Die Strümpfe mit der detailreichen Hopfenstickerei - gestrickt und bestickt in mühevoller Handarbeit. Das Dirndl mit einem eigens für das Paartaler Gwand gewebten Stoff aus Rosenheim, in saftigem Dunkelgrün und einem edlen Weinrot. In jedem winzigen Detail der Kleidungsstücke stecken die Liebe und die Leidenschaft der drei Entwickler und machen sie zu echten Unikaten.

Für die Umsetzung ihrer Ideen haben sich die drei Waidhofener prominente Unterstützung geholt: Sie konnten den renommierten Trachtendesigner Jörg Hittenkofer dafür gewinnen, der mit seinem Label Gottseidank sicherlich vielen ein Begriff sein wird. Seither sind mehrere Versionen der Kleidungsstücke entstanden, die nach und nach bis ins kleinste Detail perfektioniert wurden.

Trotzdem blieben die Reitbergers und Müller nicht von Pleiten, Pech und Pannen verschont: Mal waren es die eigens angefertigten Knöpfe mit dem Wappen der Paartaler Dirndl & Burschn mit einem Schreibfehler seitens des Herstellers, mal waren die Stickereien nicht richtig ausgeführt oder das Revers der Weste wurde falsch umgesetzt.

Trotzdem sind sie ihrem Ziel treu geblieben: Müller und die Reitbergers wollten ein authentisches Gwand schaffen, das in der Region einmalig und ein richtiges Aushängeschild ist, dabei aber gleichzeitig authentisch und echt bleiben darf. "Mit dem Paartaler Dirndl bestellt im Bierzelt sicher keiner eine Maß bei der Trägerin, weil es im Gegensatz zum Dirndl von der Stange nicht aussieht wie ein Bedienungsdirndl", schmunzelt Bernhard Reitberger.

Zur Veranstaltung am 28. Oktober sind alle Trachtenfreunde eingeladen. Die Damen können das Dirndl und die Bluse in den Größen 30 bis 46 bestellen, die Herren wählen aus den Konfektionsgrößen 44 bis 62. Davon abgesehen können die hochwertigen Stücke auch komplett auf Maß angefertigt werden. Übrigens: Nur an diesem einen Abend werden die Anprobe und Bestellung möglich sein. Wer sich im neuen Gwand der Region zeigen will, muss allerdings danach etwas an Geduld mitbringen: Etwa sechs Monate wird es dauern, bis Hirschlederne, Dirndl und vieles mehr bei Gottseidank fertig produziert sein werden.