Unterwittelsbach
Die Kühe von Kiaboo

Warum heißen Orte so wie sie heißen? Vortrag über die Geschichte der Ortsnamen im Altlandkreis Aichach

19.02.2018 | Stand 02.12.2020, 16:48 Uhr

Still ruht der See in Kühbach. In einem Vortrag im Sisi-Schloss ging es jetzt darum, wie die ansonsten sehr lebendige Gemeinde zu ihrem Namen kam. - Foto: Monzer

Unterwittelsbach (SZ) "Von Kühen, Kindern und Kirchen. Die Ortsnamen des Altlandkreises Aichach" lautete der Vortrag von Sarah Rathgeb aus Augsburg am Samstag im Sisi-Schloss. Dabei ging es um die Frage, wieso die Orte so heißen, wie sie heißen.

Sarah Rathgeb promoviert nach einem Master der Germanistik an der Universität Augsburg derzeit bei Klaus Wolf, der in Aichach sein Abitur machte, zum Ortsnamenbuch des Altlandkreises Aichach. Die Referentin hat ein Stipendium der Bayerischen Akademie der Wissenschaft erlangt.

Wolf, Professor für Deutsche Literatur und Sprache des Mittelalters und der Frühen Neuzeit mit dem Schwerpunkt Bayern, sprach vor 30 historisch interessierten Zuhörern einführende Worte. Angesichts des Schneefalls zog wohl der ein oder andere das Sofa im heimischen Wohnzimmer dem Vortrag vor. Mit Wolfgang Janka von der Universität Regensburg kam auch der Redakteur des Projekts "Historisches Ortsnamenbuch von Bayern" ins Wittelsbacher Land. Vor Ort war der Autor Wolf-Armin Freiherr von Reitzenstein, der den Historikern für sein "Lexikon bayerischer Ortsnamen" bekannt ist und der die Leitung des Historischen Ortsnamenbuches für Altbayern innehat.

Die Erstbelegung von Ortsnamen im Aichacher Land lässt sich über viele Jahrhunderte zurückverfolgen. Dabei haben die meisten Orte einen Namen, der sich seit der Erstbelegung im Laufe der Zeit entwickelte und auch wiederholt veränderte oder durch schlampige Schreibweise "verwässerte". "Da tat sich wenig im Namen", so Sarah Rathgeb allerdings zur Bezeichnung des Ortsnamens Aichach. Die Leseart war zwischenzeitlich Aychach und bedeutet Eichenwald (Aych = Eiche, -ach = Wald). Auch im Aichacher Wappen ist ein Eichenbaum dargestellt. Aus mehreren Wortteilen wurden somit oftmals feste Ortsnamen. Und Ortsnamen bestehen meist aus einem Grundwort (wie -hausen bei Kühnhausen), das meistens mit einem vorangestellten Bestimmungswort eben näher bestimmt wird. Die Bestimmungswörter weisen zum Beispiel auf bestimmte geografische (wie Wasser- oder Tal-)Gegebenheiten oder Personennamen hin. Auch kann ein sogenanntes Suffix (angehängte Silbe/Endsilbe, wie -ach oder -ing) Bestandteil eines Ortsnamens sein. "Alle Eigennamen sind in ihrem Ursprung sinnlich und bedeutsam: wenn etwas benannt wird, muss ein Grund da sein, warum es so und nicht anders heißt", zitierte die Referentin den Sprachwissenschaftler Jacob Grimm. Im Altlandkreis Aichach haben alle Ortsnamen einen germanischen Ursprung. Die Schreibweise und der hiesige Volksmund sind dabei in der Regel nicht identisch. Die Referentin ging auf mehrere Orte im Altlandkreis ein. So entwickelte sich aus "Chui" (Kuh) und "Bach" (fließendes Wasser) der Name Kühbach, im Mundart "Kiaboo" genannt und urkundlich erstmals in der Gründungsurkunde des Klosters im Jahr 1011 erwähnt. Lässt man also der Fantasie freien Lauf, so könnten in dieser Gegend oftmals die Kühe in der Nähe eines Baches geweidet haben. Selbst im Kühbacher Wappen findet sich eine Kuh wieder.

Auch bringt der Volksmund oftmals eigenartige Namen hervor. So nannte ein Zuhörer den Ortsnamen "Schupfaloach", der (eigentlich ein Flurname) dem Weiler Ruppertskirchen bei Oberzeitlbach zugeordnet wird. Sarah Rathgeb beschäftigt sich seit einem Jahr mit der Ortsnamenforschung (Toponomastik). Zu ihren täglichen Arbeitsunterlagen gehören unter anderem historische Karten und Urkunden, sie stöberte in diversen Archiven. Über Professor Wolf kam sie zum Altlandkreis Aichach.

Ihre Recherchen werden sich im Historischen Ortsnamenbuch von Bayern wiederfinden. "Das darf nach Veröffentlichung in keinem Aichacher Haushalt fehlen", sagte Klaus Wolf. Noch ist Sarah Rathgeb der bayerische und Oachma Dialekt fremd. Ihr Stipendium läuft noch ein Jahr. Ihre Aufgabe in den kommenden zwölf Monaten wird es nun sein, durch das Aichacher Land zu reisen und sich mit der hiesigen Mundart zu beschäftigen. Perfektionieren wird sie den Aichacher Dialekt für ihre Person - ausgehend vom aktuellen Stand - allerdings nicht.