Unterweilenbach
Gut verpackte Antennen

14.06.2010 | Stand 03.12.2020, 3:56 Uhr

Nur mit Vorsicht und einer Unterlegplatte können die Techniker auf die empfindlichen Antennen steigen.

Unterweilenbach (SZ) Damals, vor eineinhalb Jahren, als die Low Band Antennas (LBA) aufgestellt wurden, war die Logistik noch kein Problem: 96 kleine Stabantennen, dazu jeweils vier Spanndrähte und ein Stahlgitter – insgesamt nicht viel mehr, als auf einen Lieferwagen passt. Jetzt aber werden die Weltraumforscher des Max-Planck-Instituts für Astrophysik (MPA) regelrecht mit Material erschlagen. Die 96 High Band Antennas (HBA), die derzeit bei Unterweilenbach aufgebaut werden, sind ja auch fünf mal fünf mal einen Meter große Ungetüme. Und natürlich kommen alle Lieferungen auf einmal an, während sich der Aufbau der Anlage über zwei Wochen erstrecken dürfte.

Doch Annette Haas hat das alles im Griff. Eigentlich ist sie Astrophysikerin an der Thüringischen Landessternwarte, doch in diesen Tagen ist sie im Außeneinsatz im tiefsten Bayern. In gelben Gummistiefeln läuft sie über das Feld, das nach den jüngsten Regenfällen ziemlich aufgeweicht ist, und dirigiert einen Stapler, der eine neue, in eine Folie verpackte HBA bereitstellt. Weil die Antennen mit fünf Metern Höhe oder Breite auf keinen Lastwagen passen würden, sind sie in der Mitte gefaltet und müssen nun erst einmal per Kran auseinandergeklappt werden. Dabei ist Vorsicht geboten: Jede HBA wiegt trotz ihrer Größe nur rund 200 Kilo, ist also ziemlich fragil, weiß Heinz-Ado Arnolds, Netzwerkingenieur am MPA. Sie besteht ja auch im Wesentlichen aus Styropor und viel Luft dazwischen. Nur wer genau hinsieht, erkennt Metallrahmen, Platinen und Kabel. Eigentlich ist jede der 96 HBA aus 16 Teilantennen zusammengesetzt, wobei bei einigen die Platinen falsch herum angeschlossen sind, wie Arnolds erklärt. Diesen Produktionsfehler beseitigt ein niederländischer Techniker flugs mit dem Schraubenzieher.

 
Das Unterweilenbacher Antennenfeld ist Teil des Internationalen Lofar-Forschungsprojekts. 48 Antennenfelder, von denen 40 in den Niederlanden stehen und fünf in Deutschland, werden mithilfe eines Supercomputers zusammengeschlossen und sollen damit den Astrophysikern neue Einblicke in die Tiefen (und damit die Vergangenheit) des Universums ermöglichen. In Deutschland sind bereits zwei Anlagen fertig bestückt; eine davon, im thüringischen Tautenburg, hat Annette Haas mit aufgebaut, die mit ihren Erfahrungen nun den Garchinger Kollegen hilft.

Auf dem Feld bei Unterweilenbach sind inzwischen alle Platinen der HBA richtig gepolt. Wieder kommt der – inzwischen vollständig aufgeklappte und mit Deckplatten aus Styropor versehene – Antennenblock an den Kranhaken und wird in Position gehievt. Das muss auf den Zentimeter passen. Die Techniker orientieren sich an im Boden versenkten Metallstiften, die per GPS genauestens eingemessen wurden. Als die HBA an der vorgesehenen Stelle steht, kommt noch eine dicke schwarze Folie darüber, die mit Sturmhaken im Boden verankert wird. Dann holt der Stapler das nächste Paket.

In zwei Wochen sollen so alle 96 HBA aufgebaut sein. Dann erwartet Heinz-Ado Arnolds einen niederländischen Techniker, der die 192 Kabel, die die Daten von den einzelnen Antennen zum Technikcontainer im Zentrum des Feldes leiten, auch richtig einstöpselt. Und dann ist auch Unterweilenbach als vierte deutsche Lofar-Station (nach Effelsberg, Tautenburg und Potsdam, wo in diesen Tagen ebenfalls die HBAs aufgebaut wurden) vollständig am Netz. Bereits seit einigen Monaten arbeiten im hinteren Teil der Anlage die LBA – die eingangs erwähnten, unscheinbaren Stabantennen – und versorgen den Zentralcomputer im niederländischen Groningen mit Daten. Übrigens seit vergangenem Samstag auch ganz offiziell: Heinz-Ado Arnolds und Annette Haas waren mit dabei, als die niederländische Königin Beatrix den silbernen Knopf drückte und damit den Startschuss für das internationale Lofar-Projekt gab.