Strobenried
Strobenried: Vorerst sechs junge Asylbewerber

Schwerer Stand für Bürgermeister Seitz und Landrat Wolf nach Protesten der Bewohner

03.09.2015 | Stand 02.12.2020, 20:51 Uhr

Rappelvoll war der Aufenthaltsraum der Feuerwehr in Strobenried, als Landrat Martin Wolf (stehend) und Gerolsbachs Bürgermeister Martin Seitz (r.) zur Flüchtlingsproblematik Stellung nahmen. - Foto: Preckel

Strobenried (SZ) Nach teils hitziger Debatte in Sachen Unterbringung von Flüchtlingen im 140-Seelen-Dorf Strobenried versprach bei der Informationsveranstaltung am Mittwochabend Pfaffenhofens Landrat Martin Wolf, statt der im Raum stehenden Anzahl von bis zu 20 vorerst nur sechs jugendliche Asylbewerber im einstigen Gasthaus Dafelmair im Ort unterzubringen.

Wolf versuchte die rund hundert aufgebrachten Besucher im Aufenthaltsraum der Feuerwehr in Strobenried zu beschwichtigen und sagte am Ende der emotionsgeladenen Gesprächsrunde: „Mein Wort gilt“.

Was war geschehen? Gemeinderat Georg Ottinger (FW), selbst ein Strobenrieder, fasste kurz zusammen: Das Landratsamt Pfaffenhofen habe die Räumlichkeiten des ehemaligen Gasthauses angemietet, um auch in der Gemeinde Gerolsbach Platz für Asylbewerber zu schaffen. Später dann stellte Landrat Martin Wolf klar, dass es sich bei der Anmietung lediglich um die im Gebäude integrierten Wohnungen, nicht aber um die Gaststätte selbst, handele.

Das konnte die meisten der Besucher aber nicht davon abhalten, ihren Protest einzulegen. „Nicht wegen der Unterbringung von Flüchtlingen, sondern wegen der Anzahl von bis zu 20 Personen“, stellte Georg Ottinger klar.

Das sahen die meisten Besucher ebenso, versprachen sogar zu helfen, um den Menschen unter die Arme zu greifen und sie im dörflichen Leben zu integrieren. Doch Strobenried, war immer wieder zu hören, sei denkbar ungeeignet, um Menschen aufzunehmen, denn es fehle die dafür notwendige Infrastruktur. Als Beispiele wurden unter anderem fehlende Busverbindungen in die Städte, fehlende beziehungsweise mangelhafte Handy- und Internetverbindungen bis hin zu einem fehlenden Sportplatz genannt.

Bürgermeister Martin Seitz musste sich anfangs erhebliche Vorwürfe gefallen lassen. Ihm wurde die mangelnde Weitergabe an Informationen an seine Bürger vorgeworfen, denn, so wurde behauptet, der Bürgermeister hätte schon viel früher von dem Vorhaben Wind bekommen. Vehement versuchte Seitz, diesen Vorwurf zu entkräften. Er habe selbst erst vor wenigen Tagen von dem Vorhaben des Landratsamtes erfahren, sofort seinen Gemeinderat informiert und auch die Informationsveranstaltung für die Bewohner angesetzt. Seitz: „Es war die kürzeste Zeit, die ging“. Damit reichte praktisch der Bürgermeister die Schuldvorwürfe an den Landrat weiter, der, ebenso wie Seitz an dem Abend, in die Mangel genommen wurde.

Wolf holte weit aus. Sprach zunächst die ganze Flüchtlingsproblematik an und stellte klar, dass die Unterbringung von Asylbewerbern eine staatliche Aufgabe sei. „Wir nehmen, was wir kriegen können“, sagte der Landrat in Sachen Wohnungen. Gezahlt würden aber keineswegs irgendwelche Wucherpreise, sondern ortsübliche Mieten.

So auch in Strobenried, versicherte der Landrat, bekam aber sofort die Retourkutsche: „Sie wissen doch, dass es bei uns an allem fehlt, warum dann da her“ fragte ein aufgebrachter Bewohner und erhielt donnernden Applaus. Unterstützung leistete Gerda Albrecht-Arbaugh von der Jugendhilfe Wittelsbacher Land, die über den Alltag der jungen Menschen berichtete. „Es läuft ab wie in einer Familie auch“, sagte sie und führte auf, dass vormittags der Schulbesuch anstünde, nachmittags in der Regel gemeinsam gekocht und gegessen werde und nach den Hausaufgaben dann Freizeit angesagt sei.

Alles schön und gut, doch die Bewohner von Strobenried befürchteten, dass die Anzahl der Jugendlichen für das kleine Dorf nicht zu verkraften sei. Ein Einwohner sagte sogar: „Ich habe nach Bekanntwerden die letzten vier Tage nicht mehr geschlafen“ und meinte weiter: „Mit dem unbeschwerten Leben ist es dann vorbei“. Da kämen Dinge zusammen, sagte der Bewohner, die ihn hilflos machen würden.

Ein weiterer Bewohner fragte nach, was denn bei den Jugendlichen an Selbstverteidigungswaffen erlaubt sei und nannte Beispiele wie Springmesser, Pfefferspray oder gar Elektroschocker. Das sorgte für Unruhe im Raum. Die Frage wurde aber dann verständlich, nachdem verdeutlicht wurde, dass die jugendlichen Flüchtlinge schließlich nicht alle aus einem Land, sondern aus Gebieten zusammentreffen würden, in deren Heimat aufeinander losgegangen werde. Eine Zuhörerin hakte nach: „Wir haben Angst, Angst auch um unsere Kinder“.

Die Luft für den Landrat wurde immer dünner. „Die Kriminalität und auch die Anmache liegen deutlich unter dem Durchschnitt“, versuchte Martin Wolf zu entkräften. Aus der Runde schallte ihm entgegen: „Das sagt man immer, wenn man nicht weiter weiß“.

Dann doch noch der Kompromiss: „Gut, wir fangen mit sechs Personen an, und zwar mit Betreuung“, versprach Martin Wolf. Dafür gab’s Applaus. „Vielleicht ist das sogar die Chance, einmal das schnelle Internet oder einen Sportplatz zu bekommen“, fasste Gemeinderat Georg Ottinger zusammen.