Steinerskirchen
Als Fischduft durch den Stall zog

Hunderte Besucher hörten in Steinerskirchen eine etwas andere Weihnachtsgeschichte

26.12.2017 | Stand 02.12.2020, 17:01 Uhr

Foto: Bernd Hofmann

Steinerskirchen (SZ) "Alle Jahre wieder" ist das erste Lied im Stadl der Oase - und das passt: Denn alle Jahre wieder strömen Hunderte Menschen an Heiligabend nach Steinerskirchen, um ganz neue Aspekte der Weihnachtsgeschichte zu entdecken. Zum Beispiel die Sache mit den Fischen.

Wer einen Sitzplatz ergattern möchte, sollte inzwischen mindestens eine Dreiviertelstunde zu früh da sein. Denn die "Weihnacht im Stadl", die Christian Lucya und Pater Norbert Becker so erfrischend locker und vermutlich gerade deshalb so tief ergreifend präsentieren, ist längst kein Geheimtipp mehr. Aus Deimhausen und Adelshausen kommen die Menschen auf den Berg hinauf, aus Schrobenhausen und Pfaffenhofen, aus Ingolstadt und Augsburg gar. Und längst nicht nur die Kinder haben ihren Spaß an den Geschichten, die die beiden Raben Rudi und Moritz erzählen.

Allerdings haben die Raben, deren Stimmen verdächtig denen von Christian Lucya und Norbert Becker ähneln, die Ereignisse von damals offenbar nicht mehr so genau in Erinnerung. Rudi - der mit der Stimme von Christian Lucya - erzählt also: "Josef musste mit Maria nach Pfaffenhofen." Schließlich hatte Kanzlerin Angela Merkel eine Volkszählung angeordnet. Jeder musste in seinen Geburtsort reisen - klar, dass es da einen Megastau auf der Autobahn gab. Und dass die Hotels ausgebucht waren. Deshalb bekam die hochschwangere Maria ihr Kind auch in einem Stall und wickelte es in Zeitungspapier. Leider bekam erst mal niemand etwas von diesem historischen Ereignis mit, denn jeder wusste ja: wenn der Heiland auf die Erde kommen würde, dann als Fußballstar. Und es würde ein Länderspiel geben. Schließlich machten sich aber doch die Hirten, die mit ihren Elefanten auf der Weide übernachteten, auf den Weg und zur Feier des Tages gab es am Ende ein schönes Feuerwerk.

Dass da einiges nicht gestimmt hat, merkt natürlich jeder im Steinerskirchener Stadl, der eigentlich eine Maschinenhalle mit riesigem Mähdrescher an der Seite ist. Und so schnellen die Hände gerade der jungen Besucher in die Höhe, als Lucya und Becker nach den Fehlern fragen. "Wer so viel weiß", sagt Christian Lucya großzügig, "darf nachher von mir aus auch Geschenke kriegen."

Aber erst mal wird gesungen - "auch die Väter", fordert Norbert Becker. Schöne Lieder hat er ausgesucht - "Alle Jahre wieder" zum Beispiel, "O du fröhliche" oder - ähm - "Ihr Kinderlein rennet"? "Ihr Kinderlein hüpfet"? Was die beiden Raben Rudi und Moritz nicht auf die Reihe kriegen, intoniert der vielstimmige Chor der Besucher, die sich nicht nur in der Halle, sondern auch draußen vor den geöffneten Toren dicht drängen, natürlich richtig: "Ihr Kinderlein kommet", schallt es über die leider so wenig winterliche Landschaft zwischen Hohenwart und Karlskron.

Und schließlich wird an diesem Heiligabend-Spätnachmittag in Steinerskirchen noch eine Frage geklärt, an der Bibelforscher sicherlich schon seit Jahrhunderten knabbern: Warum ist im frühen Christentum der Fisch so wichtig? Christian Lucya und Norbert Becker wissen es und erzählen die Geschichte vom Fischer Elias, der in der Wüste seinen alten Freund, den Hirten Simon, besucht. Da hören sie, dass der Erlöser geboren wurde. Sie eilen zum Stall und bringen als Geschenke mit, was sie gerade so dabei haben: frisch gebackenes Brot und frisch geräucherten Fisch. Und der Duft dieser Köstlichkeiten hat das Jesuskind offenbar tief beeindruckt. Als Geschenk für die Besucher in Steinerskirchen gibt es kleine Fische aus Holz - 600 Stück haben Lucya und Becker anfertigen lassen, sie reichen gerade so aus, wobei viele Erwachsene gar nicht zugreifen, als die Körbchen herumgereicht werden.

"Selbst wenn euch nicht alles passt - macht es nicht wie die Fische, seid nicht gstinkert aufeinander", bittet Christian Lucya schließlich noch - auch das ist ein durchaus hintersinniger Weihnachtswunsch. Nach dem wahrhaft ergreifenden, gemeinsam gesungenen "Stille Nacht" trifft man sich noch vor dem Stall, um Punsch aus dem großen Kessel zu trinken - das ist inzwischen ebenso eine Steinerskirchener Weihnachtstradition wie die liebevoll gestaltete Krippe in der Kirche. Wenig später wird das Christkind verwundert feststellen, dass an vielen Christbäumen in den Wohnzimmern der Umgebung zwischen all den Kugeln und Kerzen gut sichtbar kleine Holzfische aufgehängt wurden.