Steinerskirchen
Bayerische Cowboys

60 MINUTEN: Von 14 bis 15 Uhr beim Rinderabtrieb in Steinerskirchen

26.09.2017 | Stand 02.12.2020, 17:26 Uhr

Auch eine Art von Cowboys: Im Rahmen der SZ-Serie "60 Minuten" waren wir zu Besuch in Steinerskirchen. - Foto: Straßer

Steinerskirchen (SZ) Auf einer der vielen Steinerskirchener Weiden grast eine Herde Rinder. Es sind neun Stück, nicht viel älter als ein Jahr, Färsen heißen sie in der Fachsprache, Koima hierzulande. Aus ihrer großzügigen Weide sind sie noch nie herausgekommen, ihre Hufe haben noch nie Teer berührt.

Darum ist es gar nicht ausgemacht, dass sie sich heute so ohne Weiteres über eine Straße auf einen neuen Weideplatz treiben lassen. Doch genau darum soll es heute gehen, die Färsen zum frischen Grün zu bringen.

"Da braucht es oft viel Geduld", meint Bruder Martin Wembacher, seines Zeichens Leiter der Steinerskirchner Landwirtschaft, "bloß keine Hektik, sie müssen Vertrauen fassen. Das kann dauern." Das Wichtigste sei eine gute Vorbereitung, ist er überzeugt, und deswegen macht er sich auch nicht alleine an die Arbeit.

Drei nicht mehr ganz jugendliche Cowboys haben den Bulldog schon vorgefahren und warten jetzt mit langen Stöcken ausgerüstet darauf, dass es losgehen kann. Die Färse währenddessen gibt sich noch vollkommend uninteressiert. Sie grasen gemütlich das gute Gras.

Biobauer Bruder Martin erklärt, was dieses Gras von vielen anderen Weiden unterscheidet. Das sei nicht nur eine Sorte, nicht einer- oder zweierlei, sondern vielleicht 23 verschiedene Gräser und Kräuter. "Und das wirkt sich entsprechend auf die Fleischqualität aus." Bis dahin wird es für diese kleine Herde noch eine Weile dauern. Die Kühe hier leben fast ein Jahr länger als in der kommerziellen Landwirtschaft üblich.

Bruder Martin hofft, dass seine Färsen ihm einfach folgen wird, seine Stimme kennen sie. Er redet sie jetzt schon von Weitem an, als er mit einem großen Kübel ihre Weide betritt. Lockende Worte allein reichen aber nicht. Er hat auch Getreidebruch dabei, so was wie das Lieblingsschmankerl der Rindviecher.

An der Straße angelangt, dreht sich Bruder Martin um und sieht, wie sich die gerade noch folgsamen Rinder auf den Vorderfüßen einbremsen. Alle sind sie stillgestanden und zeigen eine eindeutige Skepsis gegenüber dem neuen Terrain.

Die Steinerskirchner Kuhbuben ändern jetzt die Taktik, aber immer mit der Ruhe bleibt die angesagte Strategie. Die Rinder werden eingekreist, behutsam angetrieben und weiter mit dem Bruch gelockt. Es dauert noch eine Weile, bis sich endlich eine Vorwitzige traut, den kleinen Hang zur neuen Heimat zu erklimmen. Dann ist der Straßen-Bann gebrochen. Auf einmal wollen alle nach und jede will die Erste sein. Hinter ihnen verschließt Bruder Martin sorgfältig den Zaun.