Hohenwart
Die Viktualienmarkt-Inszenierung

12.04.2018 | Stand 02.12.2020, 16:34 Uhr
Showtime! Die Hohenwarter Musebuam gaben gestern - trotz Baustelle im Rücken - wieder alles, um den Münchnern zu zeigen, was gute Unterhaltung ist. −Foto: Fotos: Hofmann

Hohenwart (DK) Dank sei den Hohenwarter Musebuam. Auf dem Münchner Viktualienmarkt sind ihre Blasmusiktöne ein verlässlicher Wegweiser zur Spargelsaisoneröffnung. Die Veranstaltung ist heuer nämlich umgezogen. Und das ist nicht die einzige Änderung. Denn Brunner heißt jetzt Kaniber. Und sieht auch ganz anders aus.

Seit gerade einmal drei Wochen ist Michaela Kaniber bayerische Landwirtschaftsministerin. Und dann gleich diese Herausforderung: die offizielle Eröffnung der (in der Realität schon seit einigen Tagen laufenden) bayerischen Spargelsaison. Da genügt es bekanntlich nicht, ein paar Bandl durchzuschneiden. Vielleicht hat Kaniber ihren Amtsvorgänger Helmut Brunner gefragt und weiß: Es muss gebuddelt werden. Tief in echter Paartaler Erde. Und dann ist da dieser Josef Plöckl, der Kaniber im Vorfeld - durchaus freundlich gemeint übrigens, wie er glaubhaft beteuert - als "brünette Schönheit" bezeichnete, was im Ministerium offenbar nicht jedem gefallen hat. Kaniber und Plöckl, das sei schon jetzt verraten, verstehen sich dann blendend, als sie sich zum ersten Mal von Angesicht zu Angesicht gegenüberstehen.

Erst einmal müssen wir aber über den Stellenwert dieser Veranstaltung reden. Eine "leicht alberne Inszenierung" sei die Spargelsaisoneröffnung, die Helmut Brunner "jedes Jahr wieder mit beeindruckendem Gleichmut über sich ergehen hat lassen". Das schrieb in der gestrigen Ausgabe eine große Münchner Tageszeitung (die übrigens die selbe Abkürzung nutzt wie die Schrobenhausener Heimatzeitung, aber, das muss an dieser Stelle mal erwähnt werden dürfen, erst seit 72 Jahren besteht und nicht schon seit 170). Das ist schon ziemlich despektierlich. Und das in einer Stadt, die gerade erwägt, für ein neues Konzerthaus Fantastillionen auszugeben!

Die Schrobenhausener bieten beste Unterhaltung zum Nulltarif. Das wissen die regelmäßigen Besucher der Saisoneröffnung, die unter anderem auch immer ganz interessiert zum Stand der Scheller-Mühle schauen, was Sternekoch Hans Haas dort wieder an Köstlichkeiten vorbereitet hat. Eine Crêpes-Roulade gibt es diesmal. Die ist mit Edelfisch-Farce gefüllt, ein bisserl blanchierter Spargel ist natürlich auch drin, zudem wird das Magentratzerl von einem Löfferl Spargelsalat begleitet. Klingt verheißungsvoll.

Allerdings: Am gewohnten Platz beim Liesl-Karlstadt-Brunnen, direkt neben dem Biergarten, ist es diesmal ziemlich leer. Keine Crêpes-Rouladen, auch kein Anhänger mit echt originalem Schrobenhausener Spargelbifang weit und breit, kein Wein, keine Suppe, keine Spargelkönigin, kein Peter Strobl, kein Josef Plöckl. Aber zum Glück die Hohenwarter Musebuam. Die sind zwar auch nicht zu sehen, aber deutlich zu hören. Von ganz da hinten, von der Schrannenhalle. Des Rätsels Lösung: Die Delegation aus der Spargelstadt ist dieses Jahr umgezogen. Vom Liesl-Karlstadt-Brunnen zum Karl-Valentin-Brunnen. Angeblich wegen einer Baustelle. Die Baustelle ist nun aber vor der Schrannenhalle und damit gleich hinter dem Stand, an dem Spargelsuppe (ist nicht so begeht wie sonst, weil sie heiß ist und es in München diesmal Temperaturen wie im Frühsommer hat) und Silvaner (ist gut gekühlt, geht super weg) ausgeschenkt werden. Die Musebuam stört das nicht. Spielen sie einfach noch lauter - und, wie eingangs gesagt, völlig kostenlos für die Münchner.

Zum Entertainment trägt natürlich auch Josef Plöckl bei. "Wen der Herrgott liebt, den lässt er in Bayern leben", sagt er zum Beispiel übers Mikrofon. Zu seiner guten Laune trägt neben dem schönen Wetter und den vielen Besuchern sicherlich auch bei, dass ihm Michaela Kaniber für seine in der vergangenen Woche von der Lokalpresse zitierte flapsige Bemerkung offenbar gar nicht böse ist. Als die beiden ein wenig miteinander geredet haben, traut sich Plöckl sogar, seinem Kompliment von der "brünetten Schönheit" Nachdruck zu verleihen: "Was in der Weltpresse Schrobenhausener Zeitung stand - und ich habe es gut gemeint - das stimmt!" Michaela Kaniber antwortet mit einem charmanten Lächeln.

Ebenso charmant lächelnd ist sie wenig später am Bifang zuwerke. Zusammen mit Spargelkönigin Lena hat sie bald ein paar weiße Stangen aus der braunen Erde befreit und hält sie den Fotografen - es sind so viele wie seit Jahren nicht mehr - entgegen. Das scheint ihr wirklich Spaß zu machen - von "Gleichmut" ist ebenso wenig zu sehen wie von "über sich ergehen lassen". Sie sei eine gebürtige Wirtstochter, erzählt Kaniber dann noch, "ich bin also dem Genuss sehr verbunden".

Der Saharastaub, der sich derzeit hartnäckig in der Luft hält, lässt die Sonne ein wenig gelblich-schlierig erscheinen - wahrscheinlich ist er ein super Dünger für den Spargel, wenn er denn durch die Folien käme. Oder auch grad nicht. Peter Strobl, Geschäftsführer und wandelndes Lexikon des Spargelerzeugerverbandes in Personalunion, könnte das sicherlich beantworten, aber er muss erst einmal den Bifang auf dem Anhänger wieder glätten, nachdem auch noch Hans Podiuk, ein Urgestein der Münchner CSU-Stadtratsfraktion, darin herumgewühlt hat - deutlich weniger elegant als Michaela Kaniber, aber das nur am Rande.

Die Ministerin ist da übrigens schon wieder weg. Sie hat noch ein paar Interviews gegeben, ganz kurz am Stand der Schellermühle beim Zubereiten der Tantris-Magentratzerl geholfen und ganz allgemein einen guten Eindruck hinterlassen, nicht nur bei Josef Plöckl. Dann spielen wieder die Musebuam auf und selbst die Bauarbeiter hören ihnen zu. Wahrhaft eine gelungene Inszenierung!