Schrobenhausen
Sie betet häufig in der Straßenbahn

SZ TRIFFT die abenteuerlustige Franziskanerin Petra Grünert aus Schrobenhausen, die heute in Augsburg ihren 20. Einkleidungstag feiert

18.10.2017 | Stand 02.12.2020, 17:20 Uhr
Foto: Budke −Foto: HBU|Budke,Heidrun,Schrobenhausen

Schrobenhausen (SZ) Bei den Franziskanerinnen am Augsburger Dom wird heute ein besonderes Jubiläum gefeiert: Die gebürtige Schrobenhausenerin Schwester Petra Grünert feiert ihren 20. Einkleidungstag.

 

Was ist denn eine Einkleidung? Der Begriff ist durchaus wörtlich zu nehmen. Als sich Petra Grünert 1997 entschloss, in das Franziskanerinnen-Kloster Maria Stern einzutreten, war ein wichtiger Schritt auf diesem Weg die Einkleidungsfeier. Bei diesem Gottesdienst trägt die Person, die in das Kloster eintreten möchte, zunächst gewöhnliche Kleidung, bekommt während der Feier den Habitat und den Schleier überreicht, verlässt die Kirche, um sich umzuziehen und kehrt dann in Schwesterntracht in den Gottesdienst zurück. Damit beginnt die zweijährige "Lehrzeit", an deren Abschluss die Erstprofess steht.

Für Schwester Petra war dieser Weg alles andere als vorgezeichnet. Ihre Eltern hatten geplant, dass sie gemeinsam mit ihrem Bruder die Firma übernehmen solle. So lernte sie Industriekauffrau und war "gar nicht kirchlich sozialisiert", sagt sie und meint damit, dass Kirche in der Familie kein Thema war. Erst durch die Jugendarbeit bei den Pfadfindern habe das Kirchliche eine Rolle in ihrem Leben gespielt, dadurch sei sie "in die Pfarrei reingewachsen". Es sei eine Sehnsucht geworden, mehr über den Glauben zu wissen, erzählt sie. Doch als sie irgendwann gefragt wurde, ob sie nicht in ein Kloster eintreten wolle, habe sie das komplett abgelehnt. "Ich lasse mich nicht einsperren", habe sie gedacht, doch der Gedanke ließ sie nicht mehr los. Beim Lesen der Bibel habe sie die Erfahrung gemacht, dass sie "das existenziell angesprochen hat. Ich habe gespürt, der will was von mir." Bald sei dieser Ruf so stark gewesen, dass sie nicht anders gekonnt habe als die Entscheidung für das Kloster zu treffen und die Reaktionen aushalten zu müssen. Besonders nahe ging ihr damals, dass ihr Bruder nicht zur Einkleidungsfeier kam. "Zur Jubiläumsfeier wird er aber dabei sein.", merkt sie freudig an.

Überhaupt scheint sie ein sehr fröhlicher, lebhafter Mensch zu sein. Sie charakterisiert sich selbst als "abenteuerlustig" und meint, das liege vielleicht daran, dass sie als Kind so viel Zeit mit Buben verbracht habe. Diese Aufgeschlossenheit und Abenteuerlust waren wohl auch Gründe, warum Schwester Petra sich für die Franziskanerinnen entschied. "Die Welt ist unser Kloster", zitiert sie den wohl zentralen Satz aus den Lehren des Franziskus und erklärt, nicht das Haus sei das Wichtige, sondern das Arbeiten in und mit der Öffentlichkeit. Nicht verwunderlich ist es da, dass sie zahlreiche Ämter und Aufgaben innehat: Neben der Leitung des Jungendwohnheimes St. Hildegard am Augsburger Dom ist die studierte Theologin und Pastoralreferentin des Bistums. Für 20 Wochenstunden engagiert sie sich in der Klinikseelsorge: "Das ist eine schöne Arbeit, weil ich da Zeit habe, zuzuhören", sagt sie. Daneben macht sie manch ungewöhnliche Dinge, wie etwa die ehrenamtliche Mitarbeit bei Radio Horeb, wo sie seit etwa fünf Jahren einmal monatlich auf Sendung ist. Ihre große Leidenschaft jedoch ist es, in der Welt unterwegs zu sein - ganz nach dem Vorbild des Heiligen Franziskus. So hat sie bis 2015 gemeinsam mit den Franziskaner-Brüdern Pilgergruppen nach Assisi geführt. Seit einer Verletzung ist sie dafür nun nicht mehr fit genug. Sie bedauert das sehr, aber ihre positive und auf das Jetzt gerichtete Lebenseinstellung lässt eigentlich keinen Raum für wehmütige Rückblicke.

"Man muss im Heute leben" sagt sie, "in der Gegenwart Gottes und jeden Tag bewusst wahrnehmen." Die "Tankstelle" für ihre augenscheinlich kaum zu bremsende Energie sei vor allem die morgendliche Gebetszeit mit den drei Mitschwestern, stellt Schwester Petra fest. Aber beten könne man an jedem Ort, ergänzt sie. Sie bete zum Beispiel häufig in der Straßenbahn, etwa für Menschen, die mit einem Anliegen zu ihr gekommen seien oder an die sie plötzlich denke. Besonders stolz ist sie auf die Gottesdienste für junge Menschen bis 35 Jahre, die an den Mittwochabenden in der Hauskapelle stattfinden. Diese seien immer sehr gut besucht und etwas Vergleichbares könne keine Gemeinde vorweisen.

In dieser Hauskapelle findet auch die Dankesfeier zum 20. Einkleidungstag heute um 18 Uhr statt. Schwester Petra lädt alle Interessierten dazu ein - wenn auch die Kapelle nur 35 Plätze hat. "So viele Menschen werden wohl nicht kommen", meint sie, "und wenn doch, sind sie herzlich willkommen, aber müssen eben stehen.", ergänzt sie in ihrer unkomplizierten Art.