Schrobenhausen
Willkommen im Stadtratscamp

Werner Lemal will keine Internetübertragung der Stadtratssitzungen, weil es ihm zu teuer ist

05.02.2014 | Stand 02.12.2020, 23:07 Uhr

Hat natürlich ein Auge auf die Internetseite der Stadt Schrobenhausen: Werner Lemal möchte aber trotzdem derzeit nicht, dass die Stadtratssitzungen im Internet übertragen werden. Für den Freien Wähler stehen Kosten und Nutzen nicht in der richtigen Relation - Fotos: Spindler

Schrobenhausen (SZ) Alle im Stadtrat stimmten dafür, dass sich nach der Kommunalwahl der neue Stadtrat über die Liveübertragungen der Sitzungen im Internet entscheiden soll. Wirklich alle? Nein, Werner Lemal (FW) stimmte als einziger dagegen. Warum? Das hat er in der jüngsten Stadtratssitzung (wir berichteten) nicht begründet. Aber überall, wo er im Kommunalwahlkampf jetzt hinkommt, wird er darauf angesprochen. Grund genug, mal nachzufragen.

 

Haben Sie etwas zu verheimlichen?

Werner Lemal: Nein.

 

Wie oft haben Sie diese Frage in den letzten Tagen schon gehört?

Lemal: Fast ein Dutzend Mal.

 

Und was halten Sie von dieser Heimlichtuer-Frage?

Lemal: Die Frage ist eigentlich gar nicht berechtigt. Die Stadtratssitzungen sind ja alle öffentlich und jeder kann sie auch besuchen. Die Schrobenhausener Zeitung und INTV sind ja auch immer dabei. Und die werden bestimmt nichts verheimlichen. Ganz im Gegenteil: Die Journalisten haben vieles schon viel eher gewusst als wir Stadträte.

 

Aber irgendetwas ärgert Sie doch ganz besonders?

Lemal: Was mir stinkt, ist, dass uns die Menschen da draußen zwischen den Zeilen Mauschelei und Geheimhaltung vorwerfen. Die Dinge, die unter der Decke gehalten werden sollen, werden an ganz anderen Stellen als im Stadtrat besprochen.

 

Warum haben Sie denn dann gegen die Internetübertragung der Stadtratssitzungen gestimmt?

Lemal: Ganz einfach: Die Kosten pro Sitzung betragen ungefähr 1400 Euro. Im Jahr haben wir etwa zehn bis elf Sitzungen, das macht ein Budget von fast 15 000 Euro aus. Das ist mir zu teuer.

 

Jetzt haben DU-Stadtrat Josef Dietenhauser und Klaus Toll ein günstigeres Alternativangebot vorgelegt. Wäre das etwas?

Lemal: Die Stadtverwaltung soll ja jetzt auch nach einem billigeren Anbieter suchen und es soll sogar einen Probelauf geben. Das ist mir aber auch alles noch zu teuer. Die Internetübertragungen wären zwar wünschenswert, sie sind aber nicht unbedingt nötig.

 

Was könnten Sie sich denn vorstellen, dass man mit dem Geld stattdessen machen könnte?

Lemal: Die Zuhörer im derzeitigen Sitzungssaal können eigentlich kaum verstehen, was im Stadtrat gesprochen wird, eine Mikrofonanlage wäre doch gut. Da wäre das Geld viel besser investiert. Aber, wir hatten ja schon mal ein Angebot.

Martha Schwarzbauer, die die Internetübertragungen beantragt hat, meint ja, mehr Leute würden sich so die Stadtratssitzungen ansehen als bisher.

Lemal: Das kann schon sein. Es wird bestimmt Leute geben, die sich das anschauen. Die Kosten sind aber trotzdem zu hoch, der Nutzen ist mir zu gering. In der Regel kommt eine Handvoll Zuschauer derzeit in die Sitzungen. Die einzigen Ausnahmen sind, wenn die Themen bestimmter Interessengruppen behandelt werden, dann ist der Saal voll.

 

Die Antragstellerin meint ja, dass vor allem mehr junge Leute mit den Übertragungen für die Kommunalpolitik zu begeistern wären.

Lemal: Ich glaube, das wird überbewertet. Wir beklagen uns doch alle immer darüber, dass die jungen Leute nur noch vor dem Computer sitzen, und wir wollen das jetzt auch noch mit den Internetübertragungen fördern. Alle schicken nur noch Mails und kaum einer unterhält sich von Angesicht zu Angesicht miteinander.

 

Was halten Sie denn von den organisatorischen Problemen, die Verwaltungschef Reinhard Scholz in der Stadtratssitzung angesprochen hat?

Lemal: Man darf nicht vergessen, dass wir eigentlich kein Rathaus mehr haben. Der Stadtrat hat auch keine feste Bleibe mehr, weil der Sitzungssaal nicht benutzbar ist. Da müssen erst mal einige Voraussetzungen für die Internetübertragungen geschaffen werden.

 

Was wären die Voraussetzungen, damit Sie den Übertragungen zustimmen?

Lemal: Wir müssen als Stadtrat wieder ins Rathaus einziehen können und da rüsten wir den Sitzungssaal dann richtig aus: Kameras, Mikrofonanlage und ein elektronisches Abstimmungssystem, damit die Stimmen auch richtig gezählt werden. Und das Geld muss dafür auch da sein. Dann können wir darüber wieder entscheiden. Wenn nicht alle mitmachen, hat es keinen Sinn, weil ja dann die entsprechenden Redner bei der Übertragung ausgeblendet werden müssen.

Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, lassen Sie sich auch filmen?

Lemal: Ja, freilich.

 

Die Gefahr ist ja groß, dass Versprecher von Stadträten dann in Zukunft über lange Zeit im Internet bei Youtube oder auf anderen Plattformen zu sehen sind.

Lemal: Alles, was dann in den Sitzungen gesprochen wird, ist nicht mehr zurückzuholen. Manche der Stadträte werden nicht mehr ganz so locker diskutieren wie bisher. Vielleicht wird es dann durch die Internetübertragung nicht mehr nur ein Dschungelcamp geben, sondern auch noch das Stadtratscamp.

 

Das Interview führte Jürgen Spindler.