Schrobenhausen
Warum die Bauer-Aktie so dahindümpelt

Das Schrobenhausener Unternehmen schlägt sich im Vergleich zur Konkurrenz am Weltmarkt offenbar noch gut

28.04.2017 | Stand 02.12.2020, 18:13 Uhr

Technisch gilt die Sanierung des Center Hill Damms in Tennessee (USA) als Meisterwerk. Allerdings kam es auf der Baustelle in den Jahren 2013 bis 2015 immer wieder zu Verzögerungen, die Millionen kosteten - und sich aufs Gesamtergebnis auswirkten. Mit solchen Unwägbarkeiten muss der Schrobenhausener Weltkonzern immer wieder mal umgehen. Auch im Aktienkurs spiegelt sich so etwas wider. - Fotos: Bauer AG

Schrobenhausen (SZ) Die Älteren werden sich noch daran erinnern: Im Juni 2008 überschritt die Aktie der Schrobenhausener Bauer AG die 70-Euro-Marke. Davon ist das Unternehmen, das aktuell stolze 1,6 Milliarden Euro umsetzt, heute meilenweit entfernt. Auf der Suche nach Gründen.

Seit 1790 gibt es das Unternehmen in Schrobenhausen, und es ist immer noch da. Was durchaus erstaunlich ist, bei einem Markt, auf dem ein ständiges Kommen und Gehen von Unternehmen zum Alltag gehört. In den 1980er-Jahren entschied das Unternehmen, die Welt zum Markt zu machen, sich mit zunächst zwei und später drei Geschäftsbereichen breit aufzustellen. Das Kerngeschäft war immer der Spezialtiefbau, dazu gehörten beispielsweise Gründungen für einige der höchsten Gebäude der Welt, darunter der Noch-Weltrekordhalter Burj Khalifa oder der Kingdom Tower in Jeddah.

Um solche technischen Meisterleistungen bewältigen zu können, baute Bauer zunächst gekaufte Maschinen um, begann aber später, selbst Maschinen zu entwickeln und herzustellen - heute hat das Schrobenhausener Unternehmen auf diesem Sektor einen Weltmarktanteil von 20 Prozent. Das dritte Segment ist der Bereich Resources, dabei geht es vor allem um Umwelttechnik. Dazu zählt zum Beispiel die Reinigung kontaminierter Böden oder Wassergewinnung in schwierigem Umfeld.

Mitte der Nullerjahre gingen alle Anstrengungen auf: Die Gewinne sprudelten, das Unternehmen kam mit den Bestellungen nicht hinterher, die Aktie war im MDax notiert, der Kurs schoss in erstaunliche Höhen.

Konzernchef Thomas Bauer trat seinerzeit immer auf die Euphoriebremse, er war damals schon zu lange im Geschäft, um nicht zu wissen, dass Höhenflüge auch wieder zu Ende gehen können. Am 2. Dezember 2016 landete der Kurs der Aktie auf ihrem bisherigen Tiefststand von 9,45 Euro. Ein MDax-Unternehmen war die Bauer AG damals schon lang nicht mehr.

Aber das Unternehmen ist noch da, auch in diesem Jahr sind die Auftragsbücher voll, es gibt jede Menge Arbeit für die rund 10 000 Mitarbeiter. Nur der Unternehmensgewinn "ist nicht so schön", wie es im Unternehmen gerne mal formuliert wird. 29 Millionen im Jahr 2015 und knapp die Hälfte davon in 2016 - das klingt nach gar nicht mehr so viel, wenn man weiß, dass das Unternehmen pro Jahr 1,6 Milliarden Euro umsetzt.

Entsprechend gering scheint auch die Begeisterung am Bankenmarkt und bei Anlegern zu sein. In den großen Handelszentren wird Kritik an der Ausrichtung des Unternehmens relativ unverhohlen ausgesprochen und ist in diversen Aktionärsforen nachzulesen. Banken und Investoren äußern das in Gesprächen. Man fragt sich, warum die Bauer AG nicht in Scharen Mitarbeiter rauswirft, um die Zahlen aufzuhübschen.

Wer so etwas fordert, beißt in Schrobenhausen aber bisher auf Granit. "Es ist klar, dass wir an der einen oder anderen Stelle auch aufgrund der Umstrukturierungen unser Personal reduzieren mussten", sagt Konzernchef Thomas Bauer dazu. "Von großen Programmen und Ankündigungen, wie das andere machen, halten wir aber nichts. Wir haben das so verträglich wie möglich gemacht."

Im jüngsten Geschäftsbericht ging das Unternehmen von sich aus auf dieses Thema ein. "Ein wichtiges Ziel war es immer, die Stammbelegschaft an das Unternehmen zu binden", war da zu lesen. Heißt: Über lange Jahre aufgebautes Know-how soll im Unternehmen bleiben. Auch die Vollbeschäftigung in der Region spielt wohl in die Strategie hinein, wie man im Unternehmen hören kann. Es wird bezweifelt, ob man auf die Schnelle wieder gute Fachkräfte finden könnte, wenn es nach einer Durststrecke wieder aufwärts geht. Bisher hält die Familie Bauer, die mit ihren Aktienanteilen das Unternehmen kontrolliert, den Druck von außen aus, an dieser Strategie etwas zu ändern.

Wenn Thomas Bauer heute auf die Entwicklung des Unternehmens angesprochen wird, verweist er in der Regel auf den "schwierigen Markt" (damit meint er vor allem den Maschinenbau), sowie auf "Sondereffekte" (damit meint er die Unwägbarkeiten des Untergrunds beim Spezialtiefbau). So gab es beispielsweise beim Bau einer Trinkwasserversorgung in Jordanien 2013 technische Probleme, die das Unternehmen Millionen kosteten. Oder: Als im US-Bundesstaat Tennessee der Center Hill Damm saniert wurde, kam es immer wieder zu Verzögerungen auf der Baustelle; auch das kostete Millionen und wirkte sich in den Jahren 2013 bis 2015 negativ aufs Ergebnis aus. Unabhängige Quellen bestätigen das.

Diese Sondereffekte zu vermeiden, ist Sache des Unternehmens, aber wie ist das mit dem Markt im Maschinenbau?

Zu Beginn des Jahrzehnts war in China infolge eines enormen Baubooms ein großer Bedarf an Baugeräten entstanden. Chinesische Hersteller bauten in kürzester Zeit neue Kapazitäten auf, die sich allerdings bald als Überkapazitäten herausstellten, in der Branche spricht man von 300 bis 400 Prozent. Folge: Der Markt war massiv übersättigt.

Im Hause Bauer sieht man das so, dass die chinesischen Konkurrenten den Markt falsch eingeschätzt hatten. Stimmt das? Laut dem Branchenmagazin "International Construction" findet man einen Hinweis darauf: Der Weltmarkt für Baumaschinen sei zwischen 2012 und 2016 um 31 Prozent zurückgegangen. Und: Die Bauer AG habe in dieser Zeit ihren Umsatz in diesem Segment stabil gehalten - zwischen 520 und 560 Millionen Euro.

Thomas Bauer bestätigt diese Zahlen: "Unsere Strategie war es, den Technologievorsprung durch viele Anstrengungen in der Entwicklung zu erhalten. So haben wir es geschafft in den letzten drei Jahren den Energieverbrauch und die Lärmemissionen spürbar zu senken und gleichzeitig die Produktivität zu erhöhen - und so den Umsatz zu halten."

Im weltweiten Vergleich der größten Maschinenbaufirmen rangierte die Bauer AG laut "International Construction" 2016 auf Rang 36, mit einem konstanten Umsatz von 718 Millionen US-Dollar - in etwa so viel wie 2012. Zum Vergleich: auf Rang eins Caterpillar (minus 47 Prozent im gleichen Zeitraum), auf den Rängen drei und vier Hitachi und Liebherr (minus 36 Prozent). Chinesische Hersteller wie Sany (minus 55 Prozent) oder Zoomlion (minus 61 Prozent) traf es noch härter. Sie sind zum Teil auch Bauer-Konkurrenten.

Nicht im Ranking der 50 größten Unternehmen ist die italienische Trevi-Gruppe, einer der Hauptkonkurrenten von Bauer im Bereich des Spezialtiefbaus. Sie wies 2016 bei einem Umsatz von 1080 Millionen Euro einen Verlust von 86 Millionen Euro aus - die Bauer AG kam immerhin auf 14 Millionen Euro Gewinn.

Wie sieht Konzernchef Thomas Bauer die Position seines Unternehmens im internationalen Vergleich? "Wir sind auf jeden Fall ganz oben mit dabei. Wir schauen aber nicht allzu sehr auf die Konkurrenz, wir konzentrieren uns auf unser Geschäft", sagt er dazu auf Anfrage. Für das Jahr 2017 geht er von einer Trendwende aus, nachdem sich der Auftragsbestand im Vergleich zum Vorjahr um gut ein Prozent auf aktuell über eine Milliarde Euro verbessert hat. Im Schrobenhausener Unternehmen hegt man offenbar die Hoffnung, dass sich die Märkte nun wieder bereinigen und man gestärkt aus den schwierigen Jahren hervorgehen wird.

Entsprechend herrscht im Unternehmen Optimismus - und die Erwartung, dass der Gewinn immerhin wieder auf über 20 Millionen Euro steigt. Die Bekanntgabe dieser Prognose kurz vor Ostern führte zwar auch nicht zu einem Boom der Aktie; immerhin hat sich der Wert seither um die 15 Euro stabilisiert, also knapp über dem ursprünglichen Ausgabekurs.