Schrobenhausen
Warum der Abriss noch dauert

Im Stadtrat: Erhitzte Debatte um die Grundschule Mühlried

25.11.2015 | Stand 02.12.2020, 20:30 Uhr

Stille Reserve: Der Stadtrat hat sich schweren Herzens dazu durchgerungen, die alte Schule in Mühlried angesichts der Flüchtlingsproblematik nicht gleich wegzureißen - Foto: kx

Schrobenhausen (mpy) Diese Entscheidung fiel dem Stadtrat schwer: Die alte Grundschule in Mühlried wird vorerst noch nicht abgerissen (wir berichteten), um einen Puffer zu haben, falls eine weitere, große Flüchtlingswelle kommt. In der Debatte im Stadtrat ging es um das große Ganze.

Gerhard Winter (CSU) hielt ein flammendes Plädoyer dafür, mit der Abrissentscheidung wenigstens ein paar Monate zu warten. Das sah Günther Schalk (FW) ähnlich: „Es wäre fatal, wenn wir jetzt Fakten schaffen, die wir nicht mehr umkehren können“, warnte er, „wir werden im Zweifel doch nicht gefragt, wie viele Flüchtlinge uns zugewiesen werden.“ Und der Landrat habe im Zweifel auch nicht die Wahl. Damit bezog er sich auf eine Aussage von Roland Weigert, der versprochen hatte, dass Schrobenhausen nicht mehr mit weiteren Flüchtlingen belastet würde, wenn alle jetzt besprochenen Maßnahmen umgesetzt seien.

Das wollte Josef Soier (CSU) nicht unkommentiert im Raum stehenlassen. „Wenn die Leute kommen, dann wird dem Landrat nichts anderes übrigbleiben als sie unterzubringen, und das Papier, das er geschrieben hat, kann er dann für etwas anderes verwenden.“

Auch SPD-Chefin Martha Schwarzbauer glaubt nicht, dass der Landrat sein Versprechen halten kann; der Antrag, die Schule zunächst stehenzulassen, kam aus ihrer Fraktion. „Zurzeit geht man niedrig gerechnet von einer Quote von drei Prozent Flüchtlingen bis Ende 2017 aus“, sagte sie. Schrobenhausen werde das verkraften, denn drei Prozent, das wären 500 Flüchtlinge – und das sei, wie wenn „100 Leute beim Sig sind und drei kommen zur Tür rein. Das merkt man gar nicht.“ Wichtig sei aber, nicht auf der letzten Rille zu laufen, sondern Reserven zu haben und die Enge im Containerdorf zu entzerren. Und sie sehe nicht ein, warum der Standort Mühlried schlechter sein solle als der Standort Schrobenhausen.

Mehrere Stadträte und auch der Bürgermeister wollten dagegen lieber Fakten schaffen: „Ich sage: Weg mit dem Ding, dann gibt es die Alternative gar nicht“, positionierte sich Karlheinz Stephan, und das macht er im Stadtrat äußerst selten. Harald Reisner (FW, „Der Standort ist schlecht, das hat nichts mit den Flüchtlingen zu tun, sie tun mir leid, wie sicherlich anderen auch“), Andy Vogl (CSU, „Ich bin dagegen, dass das Gebäude als Asylbewerberunterkunft verwendet wird, aus grundsätzlichen Erwägungen“) und Hartmut Siegl (CSU, „Wir haben den Mühlriedern lange die Turnhalle genommen, über 50 Prozent des Sports ist ausgefallen. Ich sage: Das Ding gehört weg, fertig, Punkt) stießen ins gleiche Horn.

Franz Mühlpointner (BVS) wohl auch, aber das wurde nicht ganz klar, er sagte: „Irgendwann muss sich jeder die Frage stellen: Wie viele Asylanten verträgt die Stadt? Wir sollten unseren Weg beibehalten.“ Welcher Weg das ist, sprach er nicht aus, meinte aber mutmaßlich den Abriss.

„Das ist ja ganz interessant, diese ganzen Meinungen zu hören“, schaltete sich nach einer Weile Klaus Englert (CSU) – offensichtlich leicht genervt – ein. Er habe mit Handwerkern gesprochen, und die gingen sowieso nicht davon aus, dass ein Umzug noch in diesem Jahr zu realisieren wäre. Deshalb empfahl er, die Schule in den nächsten Sommerferien abzureißen, im laufenden Schulbetrieb sei eine solche Riesenbaumaßnahme sowieso „ein No-Go“. Und da komme es auf die Asylfrage gar nicht an. Keiner könne die Großwetterlage zurzeit einschätzen. Englert erinnerte in diesem Zusammenhang an die Drohungen des Landrats vom Sommer, er werde die Turnhallen schließen, wenn er nicht die alte Grundschule für die Flüchtlinge bekomme – obwohl die gerade für zehntausende Euro fürs Gymnasium umgebaut worden war. Heute seien die Schulturnhallen kein Thema mehr, alles verändere sich so schnell.

Karlheinz Stephan hielt dagegen, er habe vom Projektsteuerer am Sitzungstag die Nachricht bekommen, der Umzug in die neue Schule könne sehr wohl in den Weihnachtsferien erfolgen. Georg Berger (proSob) war es schließlich, der versuchte, zu einem Ende der Debatte zu kommen: „Ich sehe hier breiten Konsens, das Gebäude vorläufig stehenzulassen“, sagte er, und Peter „Salomon“ Mießl hatte auch eine Idee, wie man das beschlussmäßig erfassen könnte: Mit Formulierungen wie „mögliche Unterkunft“ und „bei Bedarf“ würden Optionen offen gehalten, aber nicht zwingend Tatsachen geschaffen. Das fanden bei der Abstimmung 15 Stadträte gut, zehn nicht: Lemal, Koppold, Kauderer, Reisner, Dietenhauser, Mühlpointner, Hartmann, Siegl, Vogl und Stephan. Stadtbauamtsleiter Axel Westermair hatte vor der Abstimmung nicht vergessen, die Stadträte auf die Konsequenz ihres Beschlusses hinzuweisen: „Das heißt, dass der Allwetterplatz, der eigentlich im Sommer fertig werden sollte, dann nicht im laufenden Schuljahr realisiert wird.“ Ja, war allen bewusst.