Schrobenhausen
Vom Glück, lehren zu dürfen

SZ TRIFFT Hongjie Fan, die am Gymnasium Chinesisch unterrichtet

24.10.2014 | Stand 02.12.2020, 22:04 Uhr

Ein Hauch Exotik im Klassenzimmer: Am Schrobenhausener Gymnasium unterrichtet die Chinesin Hongjie Fan ihre Muttersprache. Mit ihren Vorkenntnissen besuchen die Schwestern Livia (v.l.) und Jolijn Boer sowie Markus Wagner den Kurs für Fortgeschrittene. - Foto: Staimer

Schrobenhausen (SZ) „Für mich ist es ein Glück, am Gymnasium unterrichten zu dürfen“, sagt Hongjie Fan und schickt ihr offenes Lächeln hinterher. Seit Anfang dieses Schuljahrs lehrt die gebürtige Chinesin ihre Muttersprache am Schrobenhausener Gymnasium – quasi aus Peking, der drittgrößten Millionenmetropole der Welt, ins beschauliche Schrobenhausen katapultiert.

Das Studium der Germanistik und Sinologie in Erlangen führte sie im Jahr 2003 nach Deutschland. Es sei die Liebe gewesen, die sie vor fünf Jahren ihrem heutigen Mann in die Spargelstadt folgen ließ. Fan fühlt sich wohl in ihrer neuen Wahlheimat.

Eigentlich sei sie ja als freie Dolmetscherin tätig, erzählt Fan. Pädagogik gehörte nicht zu ihren Studienfächern, was sie zunächst zaudern ließ, als Schulleiter Edmund Speiseder bei ihr anfragte, ob sie Mandarin, die chinesische Hochsprache, nicht mehr nur privat, sondern an seiner Schule unterrichten wolle. „Herr Speiseder beherrscht die Kunst, Menschen zu ermuntern, zu ermutigen und zu begeistern“, sagt Hongjie Fan bescheiden.

Nicht nur der Rektor ist von der neuen Lehrkraft begeistert, sondern auch ihre 15 Schülerinnen und Schüler quer durch fünf Jahrgangsstufen. Wegen des sehr unterschiedlichen Niveaus teilte sie ihre Klasse auf in die Anfängergruppe und die Fortgeschrittenen. Vorher hieß es noch, das passende Lehrbuch auszuwählen.

Je nach Leistungsstand stehen Grundlagen oder Intensivierung auf dem Stundenplan. Die Themen reichen von Konversation in Alltagssituationen, wie Begrüßung, bis zum Restaurantbesuch oder hilfreichen Dialogen für die Shoppingtour.

Fan möchte ihren Schülern aber nicht nur die Sprache, sondern auch die chinesische Kultur näherbringen. So geht es von der Ein-Kind-Politik Chinas über das Essen zum Exkurs der kreativen Namenskunde. Hongjie Fan schnappt sich gleich den Stift und zirkelt ihren Namen in kunstvollen chinesischen Schriftzeichen auf ein Stück Papier. Die Erwartungen der Eltern spiegelten sich in den Vornamen ihrer Landsleute, erzählt sie. Ihr Name Hongjie bedeute zum Beispiel „großartig und ausgezeichnet“.

„Ich bewundere die Schülerinnen und Schüler vom Anfängerkurs. Chinesisch ist schwer“, gesteht die frischgebackene Lehrkraft. Sie haben sich trotzdem nicht schrecken lassen, diesen Kurs zu besuchen. Während ihre Mitschüler nach der Schule heimgehen und ihre Freizeit genießen, lernen sie nachmittags noch eine der schwierigsten Sprachen der Welt. „Ich schätze das Interesse meiner Schüler, ihre kostbare Zeit und die Unterstützung der Eltern und gebe mir Mühe, den Unterricht interessant zu machen, damit sie mit Spaß Chinesisch lernen können“, sagt Hongjie Fan.

Ihre drei Schüler aus dem Fortgeschrittenenkurs verbrachten bereits mit ihren Familien mehrere Jahre in China und verfügten schon über ein sehr gutes Niveau in Wort und Schrift. „Ich bin wirklich stolz auf die drei“, sagt Fan. Livia, Jolijn und Markus, wie die drei heißen, könnten nicht nur Chinesisch sprechen, sondern auch sehr schön schreiben. „Besser als viele Chinesen. Das ist sehr bewundernswert. Sie lernen mit Begeisterung und Fleiß. Es ist ein Glück und ein Genuss, mit ihnen zusammen Chinesisch zu lernen“, meint die Sprachbotschafterin.

Hongjie Fan freut sich, das deutsche Bildungssystem von innen kennenzulernen. Der größte Unterschied zum chinesischen Bildungssystem sei, so Fan, dass hierzulande alles mit weniger Druck, mehr Freizeit zur persönlichen Entfaltung und mehr Freiheiten verbunden sei.

Von ihrem privaten Umfeld sowie von ihren Kollegen erfahre sie sehr viel „Freundlichkeit und Zuspruch“, was ihren neuen Lehrerberuf angeht. „Ich bin sehr dankbar für diese faszinierende Erfahrung“, ergänzt Hongjie Fan – übrigens in perfektem Deutsch.