Schrobenhausen
Spannende Sekunden am Himmel

Fallschirmspringer muss seinen Hauptschirm abwerfen – und SZ-Luftfotograf Rainer Haßfurter hat seine Kamera parat

31.08.2015 | Stand 02.12.2020, 20:51 Uhr

Drei Fallschirme auf einem Bild: Ein junger Mann aus Genderkingen schwebte am Sonntagnachmittag in Burgheim an seinem Reserveschirm zu Boden. Hinter – oder besser: über – sich gelassen hat er seinen defekten Hauptschirm (links oben) und den kleinen Hilfsschirm, an dem noch die Hülle des Reserveschirms baumelt - Foto: Haßfurter

Schrobenhausen/Burgheim (SZ) Rainer Haßfurter (kl. Foto) ist ein ganz alter Hase – das gilt sowohl fürs Fotografieren als auch fürs Fallschirmspringen. Rund 3600 Sprünge hat der Schrobenhausener bereits absolviert, die Anzahl seiner Fotos dürfte noch mal um ein Vielfaches über dieser Zahl liegen.

Die SZ-Leser werden Haßfurter vor allem als Luftfotografen kennen. Am vergangenen Sonntag gelang ihm in Burgheim ein ganz besonderes Foto, und das, obwohl er seine Kamera diesmal genau in entgegengesetzter Richtung hielt: Haßfurter stand am Boden und fotografierte himmelwärts, wo sich ein junger Fallschirmspringer gerade mit dem Öffnen seines Reserveschirms rettete, nachdem sich der Hauptschirm nicht richtig geöffnet hatte.

Der junge Mann, der erst wenige Sprünge absolviert hat, war am Sonntagnachmittag mit seinem Sprungausbilder in Burgheim gestartet und dann plangemäß abgesprungen. Als er noch etwa 800 Meter über dem Boden war, wollte er seinen Hauptschirm öffnen. Doch das funktionierte nicht so richtig: „Ich habe gesehen, der dreht da oben unnatürlich“, erinnert sich Haßfurter, der seit Jahrzehnten Mitglied der Luftsportgruppe Burgheim ist. Als erfahrener Springer wusste er, dass so etwas statistisch gesehen bei jedem 800. Sprung passiert. Deshalb werden die Fallschirmspringer auch auf solche Ausnahmesituationen vorbereitet, noch ehe sie zum ersten Mal aus einem Flugzeug steigen – „das ist ein ganz wichtiger Punkt in unserer Ausbildung“. Und als erfahrener Fotograf hatte Haßfurter sofort seine Kamera bereit gemacht, die er zufälligerweise gerade dabei hatte.

Denn er wusste, was nun passieren würde und dass das Ganze nur wenige Sekunden dauern würde: Der junge Springer, der dort oben in der Luft Probleme mit seinem Hauptschirm hatte, musste über einen Griff mit Bowdenzug das Trennsystem zum Abwurf des Hauptschirms betätigen. Dadurch löste sich der Hauptfallschirm vom Gurtzeug und der Weg war frei, den zweiten Schirm zu öffnen. „Das ist auf jeden Fall die richtige Reihenfolge“, erklärt Haßfurter, „da sich sonst der Reserveschirm mit dem Hauptschirm verwickeln könnte.“ Mit im Spiel ist bei der ganzen Sache auch noch ein kleiner Hilfsschirm, der den Reserveschirm aus seiner Hülle zieht. Haßfurter schaffte es, alle drei Schirme samt Springer aufs Foto zu bringen – ein durchaus seltenes Motiv.

Der junge Genderkingener jedenfalls schwebte an seinem Reserveschirm zur Erde und landete unbeschadet. Er habe die Situation vorbildlich gemeistert, lobt Haßfurter. Zumindest einen kleinen Schrecken dürfte er dennoch bekommen haben. Die Mitleidsbekundungen seiner Springerkollegen hielten sich aber offenbar in Grenzen. „Er hat natürlich einen Kasten Bier ausgeben müssen“, sagt Haßfurter trocken – das sei schließlich üblich nach der Benutzung des Reserveschirms.

„Eigentlich war's eine Standardsituation, die immer wieder vorkommen kann und auf die man sich einstellen kann“, meint Haßfurter, der in seiner langen Springerkarriere schon selbst vier Mal auf den Reserveschirm angewiesen war. Statistisch gesehen sei er damit bei 3600 Sprüngen „voll im Rahmen“.

Am Wochenende feiert die Luftsportgruppe in Burgheim ihr traditionelles Fliegerfest. Die Chancen, eine solche Aktion wie am vergangenen Sonntag mitzuerleben, seien für die Besucher dann recht gering, meint Haßfurter – „aber die Landungen mit dem Hauptfallschirm sind bestimmt auch sehenswert.“