Schrobenhausen
Schrobenhausen im Schnäppchenrausch

Der Sale ist der Nachfolger des klassischen Schlussverkaufs eine gute Entwicklung oder nicht?

20.01.2017 | Stand 02.12.2020, 18:46 Uhr

Wenn es Nachlässe bis zu 50 Prozent gibt, dann ist wieder Sale: Dem ständigen Ausverkauf kann sich keiner entziehen, auch die Schrobenhausener Geschäfte nicht. Ob der Sale nun besser ist als der gesetzliche Schlussverkauf, da herrscht Uneinigkeit. - Fotos: Enghardt; kx

Schrobenhausen (SZ) Der Winterschlussverkauf steht vor der Tür. Oder? Eigentlich gibt es den ja seit 2004 gar nicht mehr. Trotzdem gibt es seither eine wahre Flut an Sonderpreisaktionen. Auch in Schrobenhausen - wer die Lenbachstraße entlanggeht, sieht sie schnell, die roten "Sale"-Schilder.

Sobody hat sie, der Trendshop sowieso und auch im Schaufenster von s.Oliver sind sie nicht zu übersehen. Überall wird einem "Sale" in dicken Lettern entgegengeschrien. Dabei gibt es den klassischen Schlussverkauf von damals eigentlich gar nicht mehr. Vor 13 Jahren, 2004 also, verabschiedete der Bundestag sein Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb, die Zeit staatlich geregelter Schlussverkäufe im Handel war damit vorbei, die zeitliche Begrenzung war Geschichte - und der sogenannte Sale begann seinen Siegeszug.

Was also offiziell beendet war, ging unter anderem Namen und inoffiziell weiter, sogar noch offensiver. Sale und Schlussverkauf - im Prinzip ist das dasselbe: Prozente, Schnäppchenpreise und Sonderaktionen sollen Kunden anlocken, um in den Regalen wieder Platz für neue Ware zu machen. Seither erleben wir eine wahre Schnäppchenflut. Angebote, Aktionswochen und Sale, Sale, Sale überall - und genauso ist es auch richtig, findet man bei der Stadtmarketinggenossenschaft in Schrobenhausen. "Es muss ja nicht alles staatlich geregelt sein", sagt Christoph Appel (2. kleines Foto rechts unten), einer der Vorstände. "Ist doch gut, dass jetzt jeder selbst entscheiden kann, ob und wann er einen Ausverkauf haben will. Das ist freie Marktwirtschaft."

Tatsächlich scheint es auch in Schrobenhausen so, als wolle jeder diesen freiwilligen Schlussverkauf haben - oder besser gesagt, als müsse jeder ihn haben. Stefan Kneißl (1. kleines Foto links oben), der Inhaber des Schrobenhausener s.Oliver-Stores erklärt: "Früher gab es zwei Saisons und Kollektionen und dann zwei Schlussverkäufe: Winter und Sommer. Heute hat man das nicht mehr, es gibt bis zu zwölf Kollektionen während des Jahres, entsprechend viele Schlussverkäufe muss es geben." Je mehr Ware, desto mehr Sale also - eine Entwicklung, die Kneißl nicht ohne Sorgen verfolgt. "Ich sehe, dass sich durch die Masse an Ware und die andauernden Sales schon so eine Art Wegwerfkultur bei Klamotten entwickelt hat. Es kommt immer mehr Ware rein, immer mehr muss weg und dann gibt es die Sachen schon mal zu Schleuderpreisen."

Auch Doris Müller (1. kleines Foto rechts oben), die Inhaberin von M&M Mode, sieht den Trend zu immer mehr Sales kritisch. "Da verliert man leicht die Orientierung, finde ich. Ein wenig Führung durch einen geregelten Schlussverkauf wäre schon schön, da verpasst man nichts", sagt sie. Andererseits weiß auch sie, was Rita Plöckl (2. kleines Foto links unten), die Inhaberin von Mode für die Frau, weiß: "Wenn ein größerer Laden einen Ausverkauf anbietet, zieht man als kleines Geschäft nach. So ganz kann man es sich also nicht aussuchen."

Kommt die Sale-Flut also auch durch den Zwang zustande, immer wettbewerbsfähig bleiben zu wollen? "Absolut", sagt Experte Christoph Appel. "Das betrifft nicht nur die Geschäfte in unserer Stadt untereinander, das hat natürlich auch mit der Konkurrenz im Internet zu tun." Schließlich sei das direkte Einkaufserlebnis der größte Vorteil des Einzelhandels gegenüber dem Einkaufen im Internet - wenn da noch ein Schnäppchen rausspringt umso besser. "Jeder freut sich, wenn er gutes Geschäft macht, der Mensch handelt einfach gerne", ist Appel überzeugt. Deshalb seien die Schlussverkäufe für ihn unabdingbar.

Ganz ohne Sale geht es auch für Doris Müller nicht: "Es ist schon wichtig, dass wir den Schlussverkauf haben, er gibt einen Auftakt für eine neue Jahreszeit, der Kunde freut sich und die Lager können geräumt werden." Eine klassische Win-win-Situation für Käufer und Verkäufer also? "Der Schlussverkauf lohnt sich definitiv für beide Seiten", bestätigt Stefan Kneißl und auch Rita Plöckl würde nicht auf den Sale verzichten wollen. "Meistens ist gerade hochwertige Markenware stark heruntergesetzt", weiß Doris Müller. "Da lassen sich dann die richtigen Schnäppchen machen."

Einen Unterschied zwischen dem früheren gesetzlichen Schlussverkauf und dem heutigen freiwilligen Sale merkt übrigens keiner von ihnen - und das liege vor allem am Kaufverhalten der Kunden. "Viele sind noch auf den klassischen Winter- und den Sommerschlussverkauf geeicht. Sie wollen also auch zu diesen Zeiten billiger einkaufen gehen", sagt Appel. "Der Schlussverkauf hat also auch viel mit Gewohnheit zu tun."

Rita Plöckl hat dieselbe Beobachtung gemacht: "Den Leuten ist der Wegfall des eigentlichen Schlussverkaufs gar nicht aufgefallen." Aktionen zwischen dem Jahr kämen zwar auch an, aber nichts schlage den Sale, der Winter- und Sommerschlussverkauf ersetzt habe. Christoph Appel allerdings ist das zu wenig. Er denkt schon weiter. Den lokalen Handel stärken, das ist schließlich auch das, was sich die SMS auf die Fahnen geschrieben hat. Da kommen die freiwilligen und unbeschränkt erlaubten Schlussverkäufe gerade recht. "Ich könnte mir schon vorstellen, dass man sowas wie einen Schrobenhausen-Sale macht", überlegt er. Quasi eine Rabattaktion, bei der dann alle Geschäfte mitmachen. "Das ist jetzt mal so spontan daher gesagt, darüber müsste man noch reden, aber ich finde die Idee nicht schlecht."