Schrobenhausen
Zum Klettern geboren

Michael Füchsle wurde vom Rollstuhlfahrer zum Sportass

20.10.2016 | Stand 02.12.2020, 19:09 Uhr

Der Schrobenhausener Michael Füchsle hat mit dem Klettern seinen Sport gefunden.

Schrobenhausen (SZ) Michael Füchsle ist leidenschaftlicher Kletterer mit Handicap. Vor wenigen Wochen erreichte er bei der Kletterweltmeisterschaft in Paris den fünften Platz - als bester Deutscher. Dass er es bis dahin geschafft hat, verdankt er vor allem seinem starken Willen.

Genau elf Jahre ist es her, dass ein Darmdurchbruch sein Leben auf den Kopf stellte. 15 Tage lag er im Koma, musste künstlich beatmet werden. Als er wieder aufwachte, kam die Schockdiagnose: Ganzkörperlähmung. Doch aufgeben wollte er nicht. Nach nicht einmal einem Jahr konnte er den Rollstuhl verlassen und begann wieder zu klettern. Mehrere Operationen wegen Fisteln führten immer wieder zu Rückschlägen in den folgenden Jahren. Auch das ließ ihn sein Ziel nicht aus den Augen verlieren. Anfang 2012 konnte Michael Füchsle endlich wieder professionell in den Sport einsteigen.

Seitdem trainierte er hart, um wieder zu alter Stärke zu finden. "Fünf Tage die Woche klettere ich zwei bis sechs Stunden", sagt Füchsle. Das findet selten in der freien Natur statt. Meistens klettert er in Hallen an künstlichen Wänden. "Dort kann ich mir den Schwierigkeitsgrad selber einstellen und mich so besser auf die Wettkämpfe vorbereiten", erklärt der Schrobenhausener. Diese finden ohnehin in Hallen an künstlichen Kletterwänden statt. Es wurden auch mal welche in der freien Natur an Felswänden organisiert, so Füchsle. Doch durch die Verschmutzung, die so eine Großveranstaltung mit Hunderten von Gästen mit sich bringe, habe man sich später dagegen entschieden. "Trotzdem kann ich mir nichts Besseres vorstellen, als in der freien Natur zu klettern", sagt Füchsle weiter.

Trotz seines Alters gehört der mittlerweile 49-Jährige noch nicht zum alten Eisen. "Die meisten Teilnehmer sind etwa zwischen 18 und 25 Jahren alt", erzählt Füchsle. Doch hinter ihnen muss er sich nicht verstecken. Im Juni diesen Jahres schaffte er es beim Kletterwettkampf Campitello in Italien mit dem dritten Platz gar aufs Siegertreppchen. Wenige Wochen später erreichte er im österreichischen Imst bei den Paraclimb Masters den vierten Platz.

Damit hatte er sich für die diesjährigen Weltmeisterschaften in Paris qualifiziert. Austragungsort war die AccorHotels Arena, in der schon AC/DC, Guns N' Roses und die Rolling Stones ihre Konzerte gaben. Doch dieses Mal waren keine rockigen Gitarrenklänge zu hören, sondern über 12 000 Fans des Klettersports, die den Teilnehmern zujubelten. "Die Atmosphäre dort war einfach unglaublich", erinnert sich Füchsle. Knapp 500 Kletterer sowohl mit als auch ohne Behinderung maßen sich in drei verschiedenen Disziplinen: Schwierigkeitsklettern, Bouldern und Speedklettern. Während es beim Speedklettern darum geht, möglichst schnell die Route an der Wand hoch zu klettern, bedeutet Bouldern, dass der Kletterer ohne Sicherungsseil und Klettergurt agiert. In der dritten Kategorie, Schwierigkeitsklettern, in der auch Michael Füchsle antrat, gewinnt derjenige, der es am höchsten schafft.

Dass die Konkurrenz bei einer Weltmeisterschaft groß ist, war auch Füchsle klar. Trotzdem rechnete er sich gute Chancen aus. "Ich hatte mir selbst das Ziel gesteckt, etwa den achten bis zehnten Platz zu belegen", sagt er. Am Ende erreichte er Platz fünf und war damit bester Deutscher. "Das hat mich natürlich wahnsinnig gefreut", so Füchsle weiter. Die nächsten Wochen wird er es etwas ruhiger angehen. Aber auch in Zukunft stehen noch einige Herausforderungen an.

Neben der kommenden Weltmeisterschaft 2018 in Innsbruck plant er, an den Olympischen Spielen 2020 in Tokio teilzunehmen. Erstmals wird diese Disziplin olympisch sein. Doch die Teilnehmerzahlen sind stark beschränkt: "Gerade mal 20 Leute werden zugelassen", so Füchsle. Außerdem müssen sie in allen drei Disziplinen - Schwierigkeits- und Speedklettern sowie Bouldern - antreten. "Und das ist eigentlich unmöglich", meint Füchsle, "ein Kletterer ist in der Regel nur in einer Disziplin besonders stark." So müsse das Olympiakomitee seiner Meinung nach noch etwas an den Anforderungen ändern. Und doch wird Michael Füchsle nichts unversucht lassen, in der japanischen Hauptstadt sein Können unter Beweis zu stellen.