Schrobenhausen
Keine Ausnahme für Spargelbauern

Vergeblicher Vorstoß bei Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles: Regelungen des Mindestlohngesetzes werden nicht geändert

30.04.2015 | Stand 02.12.2020, 21:21 Uhr

Setzt auf Frische und Qualität: Josef Plöckl, Chef des Spargelerzeugerverbandes Südbayern.

Schrobenhausen (woe) Die Regelungen des neuen Mindestlohngesetzes gelten auch für die Spargelbauern – daran lässt sich nicht rütteln. Der Erzeugerverband hatte versucht, über den CSU-Bundestagsabgeordneten Reinhard Brandl auf Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) einzuwirken und verschiedene Änderungen zu erreichen – vergeblich.

Josef Plöckl, Vorsitzender des Spargelerzeugerverbands Südbayern, schüttelt fassungslos den Kopf. Vier Briefpapierseiten voller Paragrafenhinweise ließ Arbeitsministerin Nahles formulieren, um im letzten Satz das Entscheidende mitzuteilen: Auch für die Spargelbauern wird an den einzelnen Regelungen des neuen Gesetzes nichts geändert. „Insgesamt gewährleistet das Gesetz eine ausreichende Flexibilität, um den besonderen Erfordernissen der Landwirtschaft insbesondere auch in Bezug auf die Erntearbeit gerecht zu werden“, heißt es abschließend in dem Antwortschreiben, das die Ministerin jetzt an den Abgeordneten Brandl schickte. Dieser hatte sich in Berlin für die Schrobenhausener Spargelerzeuger eingesetzt, um in mehreren Punkten Veränderungen zu erwirken.

Im Einzelnen monieren die Spargelbauern am neuen Mindestlohngesetz folgende Aspekte: die vorgeschriebenen Modalitäten der Lohnauszahlung, die Begrenzung der Arbeitszeit durch einen wöchentlichen Ruhetag, die Regelung für die Anrechnung von Kost und Logis sowie die Dokumentationspflicht der Arbeitszeiten. Und auch die Höhe des Mindestlohns wollen die Spargelerzeuger nicht hinnehmen. Derzeit müssen 7,40 Euro in der Stunde gezahlt werden – das sei noch akzeptabel, so Plöckl. Bis November 2017 soll der Mindestlohn aber in Etappen bis auf 9,10 Euro steigen – eine Steigerung, die der Erzeugerverbandschef für indiskutabel hält. „Das ist eine unmögliche Geschichte“, schimpft Plöckl, der die Hoffnung auf eine Änderung der zu zahlenden Tarife noch nicht aufgegeben hat.

Als problematisch sehen die Spargelerzeuger außerdem an, dass die Lohnzahlung laut Gesetz nun zum Ende des auf die Arbeitsleistung folgenden Monats zu tätigen ist. „Das ist nicht praxisgerecht“, erläutert Plöckl. „Die meisten Saisonkräfte haben kein Konto in Deutschland.“ Sie würden die Lohnauszahlung in bar am Ende ihres Arbeitseinsatzes, wenn sie wieder nach Hause fahren, bevorzugen – auch deshalb, weil bei einer Verwahrung des Geldes in den Gemeinschaftsunterkünften eine hohe Diebstahlgefahr bestehe. Die meisten Hilfskräfte auf den Spargelhöfen in und um Schrobenhausen kommen aus Rumänien, der Slowakei und aus Polen. Meist bleiben sie um die zehn Wochen bei den Erzeugerbetrieben, wo sie auch wohnen und verpflegt werden. Bis zum Ende der Saison haben sie nach Plöckls Angaben einen Gesamtlohn von 2500 bis 3000 Euro verdient. Um die Gesetzesauflage zu erfüllen, zahlen manche Spargelerzeuger den Lohn der Saisonarbeiter derzeit auf Sperrkonten ein. Noch eine weitere Auflage des Gesetzes macht den Spargelbauern zu schaffen: Für Arbeitskräfte in der Landwirtschaft ist die Arbeitszeit auf zehn Stunden begrenzt. In Erntephasen sei aber oft eine Überschreitung dieser Zeit nötig, gibt Plöckl zu bedenken. Außerdem würden die Saisonarbeiter selbst gerne mehr arbeiten. „Die Leute kommen, um zu arbeiten“, betont Plöckl. „Die wollen Geld verdienen.“

Plöckls Argumentation, die vom Abgeordneten Brandl in Berlin vorgetragen wurde, fand im Arbeitsministerium kein Gehör. Das Antwortschreiben von Ministerin Nahles stellt ihn nicht zufrieden. „Da braucht man ein Gesetzbuch zum Nachschlagen, damit man überhaupt versteht, um was es da geht“, schimpft er über die schwer verständliche Paragrafensprache. „Ich werde den Brief dem Ministerpräsidenten zukommen lassen, dann können die Juristen ihn deuten“, kündigt er an.

Noch will der Erzeugerverbandschef seinen Kampf gegen das Mindestlohngesetz nicht aufgeben. Viel Hoffnung hat er aber nicht mehr. „Man bemüht sich gar nicht, etwas zu ändern“, sagt Plöckl.