Schrobenhausen
"Ich rede nur noch über Pilze"

Dieter Honstraß ist Deutschlands Pilzexperte Nummer eins und lehrt jedes Jahr an der vhs

17.10.2016 | Stand 02.12.2020, 19:10 Uhr

Feuer und Flamme: Mit lodernder Begeisterung, Humor und einem schier unübertrefflichen Fachwissen vermittelt Pilzkenner Dieter Honstraß sein umfangreiches Fachwissen an die Seminarteilnehmer der Schrobenhausener vhs. - Foto: Staimer

Schrobenhausen (SZ) Der Pilzpapst logiert eine Woche in Schrobenhausen. Die Rede ist von keinem Geringeren als dem Pilzexperten Dieter Honstraß aus Niedersachsen - geadelt mit vielerlei Titeln wie Pilzkoryphäe, Trüffelpapst bis zum Pilzguru.

In der Tat ist Dieter Honstraß einer, der sich in seinem Metier, den 6000 in Europa zu findenden Pilzarten, auskennt wie kaum ein anderer. Eine ganze Schar von 30 Pilzsuchern verteilt übers halbe Bundesgebiet von Osnabrück über Frankfurt und das Rheinland bis in die Schweiz ist dem Ruf des Pilzexperten aus Salzgitter zu seinem Intensiv-Pilzseminar an die Schrobenhausener Volkshochschule (vhs) gefolgt.

Eine Woche Vollzeitunterricht steht auf dem Programm. Es handelt sich um den einzigen Wochenkurs der Honstraßschen mobilen Pilzschule in Bayern. Ein Verdienst, den sich vhs-Leiter Benno Bickel ans Revers heften kann, der mit seiner spontanen Bereitschaft und Offenheit Honstraß ohne Wenn und Aber die Tür ins lokale Programm öffnete. Das war vor acht Jahren, seither lehrt der Niedersachse alljährlich im Herbst in Schrobenhausen. Der Zuspruch ist enorm - weit über die Grenzen Bayerns hinaus. Kaum die Hälfte der Teilnehmer kommt aus der Region.

Im sogenannten Doppelá †kurs A für Einsteiger und Fortgeschrittene stand allerhand Fachwissen auf dem Programm. Das nötige Basiswissen, wie Honstraß betont, befähige, überhaupt ein Pilzbestimmungsbuch zu handhaben. Denn, so Honstraß: "Ein Pilzbuch ist für den Fachmann geschrieben." So ging es in erster Linie darum, das nötige fachliche Handwerkszeug zu vermitteln, um den Bestimmungsschlüssel anzuwenden, mit dem relativ treffsicher die Pilzart ermittelt werden kann. Und das ist eine ganze Menge.

"Die Pilzsaison reicht vom 1. Januar bis 31. Dezember", berichtet Honstraß, was doch viele erstaunte. Neben allerlei Merkmalen von Hut, Stil und Sporenstaubfarbe über Standort und Fleischbeschaffenheit bis zum Geruch sei der Auffindezeitpunkt ebenfalls ein wichtiges Kriterium für die Pilzbestimmung.

War die bisherige Pilzsaison bis dato wegen der heißen Sommermonate mit wenig Regen eher schlecht, scheint sich das Blatt nun zu wenden, wie die stattlichen Pilzfunde auf den Expeditionen der Pilzgruppe eindrücklich bewiesen. Darunter landeten nicht nur die bekannten Steinpilze, Maronen oder Pfifferlinge in den Sammlerkörben. Auch Pilze mit klangvollen Namen wie violetter Lacktrichtlering, rosa Rettichhelmling oder Buchenschleimrübling wurden der Bestimmung mit Hand, Auge und Nase zugeführt.

Neben Fauna und Flora umfasst die Funga als drittes eigenständiges Organismenreich einen mystischen Formenreichtum. Wenn Honstraß mit sonorer Stimme und ausladendem Gestus sein geballtes Wissen in sein gebanntes Auditorium schleudert, hängen alle geradezu an seinen Lippen. Gewürzt mit flapsigen Sprüchen und allerlei humorigen Anekdoten aus dem Leben eines Pilzkundlers. Die Zeit verging wie im Flug dank der ausgetüftelten didaktischen Lehrmethode, in der sich Theorie, Exkursionen in den Forst und Bestimmungsübungen plus praktischer Tipps die Waage halten.

Rein kulinarisch betrachtet, entsagt der ehemalige Unternehmensberater seit etlichen Jahren dem Pilzgenuss komplett. "Inzwischen rede ich nur noch über Pilze", so Honstraß. Mit seiner mobilen Pilzschule mit Seminaren quer durch die Republik und im Ausland von Frankreich, Spanien bis Australien scheint der 67-Jährige eine Mission zu verfolgen - seinen Eleven das Rüstzeug an die Hand zu geben, selbstständig die gefundenen Pilze bestimmen zu können und die giftigen von den essbaren Kandidaten treffsicher zu unterscheiden.

Je nach mitgebrachten Vorkenntnissen näherten sich die Kursteilnehmer nach zwischenzeitlicher babylonischer Fachsprachverwirrung, latenter Erleuchtung und schon respektablem Durchblick dem Grat der mehr oder weniger Erhellten in Sachen Pilzbestimmung in Eigenregie. Vor allem aber galt das Augenmerk, die Leckerschmecker von ihren giftigen Gegenspielern zu unterscheiden. Denn schließlich soll dem uneingeschränkten bedenkenfreien Pilzgenuss in Topf oder Pfanne nichts im Wege stehen.