Schrobenhausen
Friedensmarsch erinnert an die Opfer der Vertreibung

Seliger-Gemeinde war zusammen mit 700 Teilnehmern von Pohrlitz in Südmähren nach Brünn unterwegs

07.06.2017 | Stand 02.12.2020, 17:59 Uhr

Der Bundesvorsitzende der Seliger-Gemeinde, Helmut Eikam (Foto r.,r.), übergab dem Brünner Oberbürgermeister Petr Vokzal ein Europa-Memorandum. Links Gräber bei Pohrlitz in Südmähren. - Fotos: privat

Schrobenhausen (SZ) Von einem Massengrab bei Pohrlitz in Südmähren nach Brünn (heute: Brno) bis auf den Gregor-Mendel-Platz: Diese gut 32 Kilometer marschierte mit insgesamt 700 Teilnehmern am vergangenen Samstag eine Gruppe der Seliger-Gemeinde.

Der Marsch hatte in die entgegengesetzte Richtung, also von Brünn aus Richtung österreichische Grenze, vor 72 Jahren schon einmal stattgefunden und er ist in die Geschichte eingegangen als "Brünner Todesmarsch". Am Fronleichnamstag, dem 30. Mai 1945, hatten tschechische Milizen, großteils Arbeiter der Brünner Waffenwerke, auf dem Gregor-Mendel-Platz 35.000 deutsche Bewohner von Brünn zusammengeholt und sie in einem Gewaltmarsch nach Süden, Richtung Österreich, getrieben. Die Männer waren vielfach noch nicht aus dem Krieg zurück oder in Kriegsgefangenschaft, so dass es sich bei den hier vertriebenen Menschen überwiegend um ältere Personen oder um Frauen und Kinder handelte. Von diesen 35.000 Deutschen sind gut 8000 niemals angekommen, sondern am Straßenrand, wenn sie nicht mehr weiter konnten, erschossen worden. Und ein Teil ist dann entkräftet in dem Massenlager, das in Pohrlitz die Zwischenstation sein sollte, an einer Ruhr- und Tuberkolose-Epidemie gestorben.

Der jetzige Oberbürgermeister von Brünn, Petr Vokzal hat vor drei Jahren mit der Mehrheit des Stadtrates beschlossen, angeregt von Studenten der Brünner Universität, in einem "Brünner Lebensmarsch" oder "Versöhnungsmarsch" symbolisch die frühere deutsche Bevölkerung nach Brünn zurückzuholen. Die Seliger-Gemeinde hatte 2016 an ihn dafür den Wenzel-Jaksch-Preis für besondere Verdienste um die Versöhnung und die Einheit Europas verliehen. Seither wandert stets eine in Hunderten zu zählende Schar von deutschen, tschechischen und österreichischen Bürgern die 32 Kilometer von Pohrlitz zurück nach Brünn an den Gregor-Mendel-Platz, wo vor 72 Jahren das schreckliche Geschehen seinen Ausgang nahm. Sowohl an dem Massengrab in Pohrlitz, als auch am Gregor-Mendel-Platz in Brünn, dort im Garten der Augustiner-Abtei, fand ein Gedenken statt mit Predigten eines deutschen katholischen Pfarrers, des Monsignore Karl Otte aus Weidenau (Patenstadt ist Neuburg), einer tschechischen protestantischen Pastorin und eines tschechischen katholischen Pfarrers und mit Reden des Brünner Oberbürgermeisters und des Oberbürgermeisters von Schwäbisch-Gmünd, wo nach dem Krieg viele vertriebene Brünner Aufnahme gefunden haben.

Die Seliger-Gemeinde hat sich aktiv an diesem "Lebens- oder Versöhnungsmarsch" beteiligt. Tags zuvor fand ein Empfang bei dem Oberbürgermeister von Brünn/Brno statt, bei dem der Bundesvorsitzende der Sudetendeutschen Sozialdemokraten, Helmut Eikam, sich für den Mut bedankte, den dieser mit diesem Marsch aufgebracht hat. Und er übergab dem Primator/Oberbürgermeister Petr Vokzal auch das 2017 beschlossene Europa-Memorandum der Seliger-Gemeinde.