Schrobenhausen
Ein Tragl Bier zum Einstand

Michael Leopold: Von der Musikschule Schrobenhausen zu den Münchener Philharmonikern

19.05.2016 | Stand 02.12.2020, 19:47 Uhr

Michael Leopold freut sich schon auf seine neue Wirkungsstätte in München, die Philharmonie im Gasteig. - Foto: Steininger

Schrobenhausen (SZ) Das ist eine Karriere nach Maß: Mit sechs Jahren begann Michael Leopold als Trommler beim Spielmannszug. Heute, 20 Jahre später, hat er als neuer, fest angestellter Schlagzeuger bei den Münchener Philharmonikern den Gipfel seines bisherigen Schaffens erreicht.

Aber das war fast zu erwarten, denn der Weg dieses Ausnahmetalents ist ebenso geradlinig wie zielstrebig. Das Trommeln im Spielmannszug unter dem legendären Anton "Done" Hirschberger senior war offenbar die Initialzündung, denn ab dem zehnten Lebensjahr lernt er Schlagzeug an der Städtischen Musikschule in Schrobenhausen, ab dem 14. Lebensjahr Marimbafon bei Stefan Pellmaier in Freising. Zwei Jahre Unterricht für Schlagwerk an der Städtischen Musikschule folgen, nebenbei nimmt er noch Klavierunterricht bei Kirchenmusiker Max Penger.

Trotz aller musikalischen Aktivitäten schafft Leopold im Jahr 2009 auch noch das Abitur am Schyren-Gymnasium. Preise und Auszeichnungen säumen seinen Weg: Mit 15 Jahren gewinnt er den Ersten Preis im Landeswettbewerb mit einem Percussionensemble, dann wird er Sieger im Bundeswettbewerb "Jugend musiziert", noch im Abiturjahr erhält er den Kulturförderpreis der Stadt Pfaffenhofen.

Schon während der letzten beiden Schuljahre ist er Jungstudent an der Hochschule für Musik in München, nach dem Abitur ordentlicher Student bei "Schlagzeugpapst" Peter Sadlo. Im Jahr 2014 besteht er seine Diplomprüfung und tritt seinen ersten Akademiedienst bei den Münchener Philharmonikern an. Dieses Stipendium dient zum Sammeln von Erfahrungen im Orchesterbetrieb mit allem, was dazugehört: vor und hinter der Bühne. Da muss er sich bewähren, insbesondere bei seinen drei Mentoren. Das sind Schlagzeuger des Philharmonischen Orchesters, die ihn unterstützen, aber natürlich auch kritisch begleiten.

Pro Monat hat er drei Projektphasen zu bewältigen, die es in sich haben. Geprobt wird je Phase zusammen mit dem Dirigenten an je vier Probentagen, die von 10 Uhr am Morgen bis nachmittags gegen 16 Uhr dauern können. Darüber hinaus hat er innerhalb des gleichen Zeitraums bis zu drei Konzerte zu spielen: Klassische Werke von Mahler oder Strauss zum Beispiel. Gastspiele des Orchesters führen ihn an die Berliner Philharmonie, zum Musikverein Wien oder auf eine zweiwöchige Asientournee mit Konzerten in Taipeh, Shanghai und Peking. Leopold spielt unter Dirigenten wie Zubin Mehta, Kent Nagano und Valery Gergiev, dem neuen Chef der Münchener Philharmoniker. Auch von Lorin Maazel wird er dirigiert, nur wenige Monate, bevor der große Dirigent stirbt.

Ende März 2016 endet sein zweijähriges Stipendium als Akademist. Aber dann tritt das berühmte "Quäntchen Glück" ins Leben, das der Zufall kräftig unterstützt: Bei den Münchener Philharmonikern wird die Stelle eines Schlagzeugers frei und somit eine der wenigen, begehrten Orchesterstellen in einem europäischen Toporchester. Allerdings hat Leopold sich schon bei den Hofer Symphonikern beworben. Unter den 24 Bewerbern beim Probespiel zieht er die Los-Nummer 24 und erspielt sich prompt die Zusage für die Stelle als Schlagzeuger. "Gedanklich sah ich mich schon in Hof", erinnert sich Michael. Dort soll er ab dem 1. Mai hinter den Trommeln sitzen, will aber noch am sogenannten "Vorprobespiel" in München teilnehmen. Da ist er wieder einer von 24 Bewerbern und wieder zieht er die Los-Nummer 24. Die scheint seine Glücksnummer zu sein, denn zusammen mit zwei weiteren Studenten und sechs Berufsmusikern aus anderen Orchestern wird er zum sogenannten "Hauptprobespiel" am 29. April eingeladen, wie es bei einem A-Orchester üblich ist. Die Kriterien sind knallhart: Mit über 30 Passagen aus schwierigen Orchesterwerken müssen sich die Probanden im Vorfeld befassen. Daraus trifft die Jury eine Auswahl, mit denen die Musiker beim Vorspielen konfrontiert werden. Das beschränkt sich nicht nur auf ein Instrument, sondern zum Einsatz kommt "alles, was sich zum Draufhaun eignet", meint der junge Musiker scherzhaft. Das ist eine ganze Menge, "die kleine Trommel, Becken, Pauken, Tamburin, Vibrafon und Marimbafon" zählt Michael auf.

Und das Ganze im großen Konzertsaal des Gasteig vor einer Jury aus 33 der insgesamt 120 Musiker des Philharmonischen Orchesters. Da steigt die Spannung in den roten Bereich, denn am Ende bleiben im Stechen drei Kandidaten übrig, die alles geben und der Entscheidung entgegen fiebern. Dann der große Moment, als sich die Türe öffnet und nicht etwa ein Schlagzeuger, sondern der Fagottist Michael Leopold die Hand drückt und ihm gratuliert. Der war aber nur voreilig, denn gleich darauf kommen die "amtlichen" Schlagzeuger und andere Musiker und nehmen den neuen Kollegen in ihrer Mitte auf. Das aber kostet den Michael ein Tragl Bier, nach dessen Leerung man weiterzieht in die "Hazienda-Bar", und gerüchteweise ist zu vernehmen, dass die Nacht erst am Samstagmorgen endete.