Schrobenhausen
Du, Frau Lehrerin

Wie man sich in der Grundschule anspricht, ist auch ein Zeichen von Vertrauen

22.05.2017 | Stand 02.12.2020, 18:05 Uhr

Du oder Sie? Das ist nicht so sehr eine Frage des Respekts. - Foto: Kölbl

Schrobenhausen (SZ) In der ersten Klasse ist das völlig normal. In der zweiten auch noch. Aber dann? Wie lange dürfen Schüler ihre Lehrer duzen? In einigen Grundschulen ist es inzwischen ziemlich normal, dass sich das bis in die vierte Klasse zieht.

Rektoren im Schrobenhausener Land bestätigen das, gehen damit aber durchaus unterschiedlich um. Ein Zeichen von Respektlosigkeit ist das jedenfalls nicht? "Überhaupt nicht", findet Patricia Häuslinger, Rektorin der Grundschule Gerolsbach. Durch das Ansprechen mit Du sei die Lehrer-Schüler-Interaktion viel familiärer als beispielsweise früher, wo sich Schüler teilweise nicht getraut hätten, den Lehrer überhaupt anzusprechen. Früher war alles förmlicher und distanzierter. Heute sei das anders, auf dem Land sowieso, sagt Patricia Häuslinger, denn das Ansprechen mit Du sei hier gang und gäbe.

Vor allem in den ersten Klassen sei das auch gar kein Problem, sind sich bei einer Befragung gleich mehrere Schulleiter übereinstimmend einig. Im Gegenteil, das Sie stelle manche Schüler gerade am Schulanfang vor eine weitere Hürde. In einigen Schulen wird das Duzen auch in den zweiten und dritten Klassen freigestellt.

Und wann ist der Zeitpunkt zum Übergang zum Sie richtig? Jutta Reichel-Holz, Rektorin der Grundschule Schrobenhausen, findet, idealerweise sollte das Mitte der zweiten Klasse erfolgt sein. Meistens passiere das von ganz allein, da sich die Schüler entwickeln und sich eine natürliche Distanz aufbaut. Wenn das Du später noch vorkomme, sei das aber auch nicht schlimm. Der Schüler werde dann jedoch darauf hingewiesen, dass ein Lehrer mit Sie anzusprechen sei. Häufig kämen solcherlei Hinweise sogar von den Mitschülern selbst. Nach der zweiten Klasse wird es im Schrobenhausener Land offensichtlich von Schule zu Schule unterschiedlich gehandhabt. Eine amtliche Vorgabe gibt es dazu nicht.

Das Du schaffe eine bessere Lernatmosphäre, findet Heidi Konrad aus Mühlried, sie ist Rektorin der Grundschule Schiltberg. Es sollte sich aber nicht auf den Respekt auswirken. Wichtiger als das Du sei die Werteerziehung, denn ein wertvolles und respektvolles Miteinander sei wichtiger als die Frage nach dem Sie/Du, findet sie. Respektlosigkeit entstehe, wenn der Schüler sich nicht angenommen fühle, erklärt Heidi Konrad. Das heißt, die Lehrer- Schüler-Beziehung ist ausschlaggebend dafür, ob das funktioniert - oder nicht.

"Egal ob Du oder Sie - Respekt bei den Schülern hat man oder nicht", findet auch Helmut Niederberger, Rektor von der Grundschule Mühlried. Man könne ihn sich erarbeiten, aber mit der Anrede sei es nicht getan. Andererseits: Wer würde einen Arzt mit Du ansprechen? Das Siezen sei natürlich schon ein Ausdruck von Respekt, aber eben nicht zwangsläufig. Seine Erfahrung: Der Großteil der Lehrkräfte findet es nicht problematisch, wenn geduzt wird.

"Ein höfliches Du kann genauso achtsam sein wie ein Sie", hat Heidi Konrad immer wieder festgestellt. Häufig vor komme das Du, wenn die Schüler dem Lehrer schnell etwas mitteilen wollen, da rutschen den Schülern sogar persönliche Anreden heraus, wie: "Du Mama" - und das sei ja genau genommen der höchste Vertrauensbeweis, den man als Lehrerin bekommen kann. Der Lehrer sei nun mal eine Bezugsperson, gerade in der Grundschule, das Du ein Zeichen des Wohlfühlens und Vertrauens.

Ist das mit dem Du mehr geworden? Sieht so aus. Manche Kinder steigen früher um, andere später. Goldig wird es, wenn Schüler die goldene Mitte wählen. Das klingt dann so: "Herr Maier, könntest du . . .", erzählt zum Beispiel Rektorin Ruth Stamm von der Grundschule Gachenbach. Viele Kinder seien halt noch nicht so vertraut im korrektem Umgang mit der Höflichkeitsform. Und wer kann den Kleinen, wenn sie sich so sehr bemühen, schon böse sein