Schrobenhausen
„Die Anlage hören, sehen und riechen“

Schrobenhausens Klärwerk ging vor 50 Jahren in Betrieb – Tag der offenen Tür am 17. September

13.09.2017 | Stand 02.12.2020, 17:30 Uhr
Alter Beton – neue Technik: Das Deni-Vorklärbecken in der Schrobenhausener Zentralkläranlage wurden wie viele andere Teile der Anlage auch bereits 1967 in Betrieb genommen. Wie der Chef der Kläranlage, Norbert Moser, erklärt, wurde aber die Technik, die alles am Laufen hält inzwischen komplett erneuert. −Foto: Spindler

Schrobenhausen (SZ) „In der Ruhe liegt die Kraft“, sagt Norbert Moser. Der Chef der Schrobenhausener Zentralkläranlage muss es wissen, denn dort wird in 26 Stunden aus schmutzigem Wasser wieder eine klare Flüssigkeit, die gefahrlos in die Paar geleitet werden darf.

Das lassen sich die Stadtwerke Schrobenhausen einiges kosten. Rund acht Millionen Euro sind nach Worten von Stadtwerkevorstand Thomas Schneider alleine in den vergangenen Jahren in die kontinuierliche Modernisierung der Zentralkläranlage geflossen. Für viele Menschen wandert dieses Geld in Einrichtungen, die sie selten zu Gesicht bekommen. Das können sie jetzt ändern, denn am Sonntag, 17. September, öffnet die Zentralkläranlage an der Hanfröste ihre Türen. Von 13 bis 17 Uhr können sich Besucher dann beim Tag der offenen Tür durch die Anlage führen lassen. Der Grund: Vor 50 Jahren wurde die Zentralkläranlage in Schrobenhausen in Betrieb genommen.

Noch heute gibt es etliche Teile, die trotz der Erneuerung der Anlage in den 80er-Jahren und in der jüngsten Vergangenheit immer noch in Betrieb sind. Dazu gehört das sogenannte Zulaufhebewerk, wie der Chef der Kläranlage, Norbert Moser, erklärt. Dort kommen aus allen Stadtteilen und der Gemeinde Aresing die Abwässer von rund 19 000 Menschen über ein rund 150 Kilometer langes Kanalnetz an. Rund 7100 Kubikmeter jeden Tag. Das verschmutzte Wasser wird von Metallschnecken auf etwa sieben Meter Höhe gebracht und durchläuft dann den kompletten Reinigungsgang ohne weitere Pumpen.
Überwacht wird der komplexe Prozess inzwischen durch mehr als 60 Messstellen, die alle online mit dem Hauptgebäude der Kläranlage verbunden sind. Im Erdgeschoss oder im Obergeschoss in Mosers Büro laufen die Daten auf etlichen Bildschirmen zusammen. Den technischen Wandel hat Moser am eigenen Leib erlebt. Vor 30 Jahren war sein Beruf noch mit viel Handwerk verbunden, heute sei er mehr ein „Sesselputzer“, sagt Moser über Moser.

„Der Input ist wichtig“, so Moser und damit meint er nicht ausschließlich die Onlinedaten. Zweimal täglich mindestens gehen die sechs Mitarbeiter der Zentralkläranlage über das Betriebsgelände. „Du musst die Anlage hören, sehen und riechen“, so Mosers Credo. Denn nicht alles, was sich im Betrieb an der Anlage ändert, könnten die Messfühler erfassen und an die Zentrale melden. Moser selber kommt nur noch dann zum Rundgang, wenn er Bereitschaftsdienst hat.

Die moderne Prozessleittechnik vergleicht Stadtwerkechef Thomas Schneider mit der Kommandobrücke des legendären TV-Raumschiffes Enterprise. Viele der Modernisierungsinvestitionen hätten dazu beigetragen, dass die Außeneinsätze des Personals in Pumpenhäuschen oder anderen Technikanlagen abgenommen hätten. Andererseits sei über die Kläranlage auch Geld in die Ökologie gesteckt worden. So werde Strom über eine eigene Photovoltaikanlage produziert, die Wärme für den Betrieb werde aus einer benachbarten Biogasanlage bezogen.

Für Schneider ist die Kläranlage mehr als die Reinigung von Abwasser. Für ihn stellt sie auch eine Art Daseinsvorsorge dar. Von 1900 bis 2000 habe sich die Lebenserwartung der Menschen nahezu verdoppelt – also um etwa 45 Jahre verlängert. Alleine 35 Jahre davon, so zitiert Schneider andere Experten, seien auf die Abwasserbehandlung zurückzuführen: „Die Abwasserreinigung ist das A und O für die Zukunft.“

Das weiß auch Norbert Moser. Die Leistung der Kläranlage in Schrobenhausen betrage zwischen 95 und 98 Prozent: „Je nachdem wie die Bakterien drauf sind.“ Soll heißen, von den 100 Prozent Abwasser werden nur zwischen zwei und fünf Prozent nicht herausgefiltert. Das reicht immer noch aus, um sauber aussehendes Wasser über den Rollgraben in die benachbarte Paar laufen zu lassen. Doch, Vorsicht: „Abwasser bleibt Abwasser, wir lassen hier kein Trinkwasser heraus.“ Das Wasser, das die Kläranlage verlasse, so Moser, sei so sauber, dass es die Qualität des Paarwassers nicht verschlechtere. Doch in Zukunft könnte es sein, dass das nicht mehr ausreicht. Möglicherweise müssen in den kommenden Jahren weitere Reinigungsstufen eingerichtet werden, je nachdem, was die Wissenschaft noch findet.