Schrobenhausen
Der erste Kinofilm, der in Saudi-Arabien gedreht wurde

Kino für Toleranz mit einer außergewöhnlichen Gesellschaftsskizze

24.04.2014 | Stand 02.12.2020, 22:47 Uhr

Schrobenhausen (oh) Am kommenden Dienstag, 29. April, läuft im Kino für Toleranz im CinePark um 20 Uhr der saudi-arabisch-deutsche Spielfilm „Das Mädchen Wadjda“ aus dem Jahr 2012. Veranstalter sind der Verein Offene Türen, die Volkshochschule und der CinePark Schrobenhausen.

Sie präsentieren damit den ersten Kinofilm, der überhaupt jemals in Saudi-Arabien gedreht wurde.

Geschrieben und an den Originalschauplätzen in Riad inszeniert wurde der Film von Haifaa Al Mansour, der ebenfalls ersten weiblichen Filmemacherin Saudi-Arabiens. Die Realisierung dieses Films wird als kleine Sensation gewertet, in einem Land, in dem neben einer strikten Geschlechtertrennung Frauen ein großer Teil des öffentlichen Lebens verwehrt ist. Wobei der Film auch ohne große politische Schlagzeilen auskommt, er erzählt einfach eine starke Geschichte mit einer großartigen jungen Hauptdarstellerin in einer poetischen Bildersprache.

Ein zehnjähriges Mädchen und ihr Wunschtraum: Das grüne Fahrrad aus dem Spielzeuggeschäft. Doch Mädchen, Frauen ist es untersagt, Fahrrad zu fahren. Aber das Mädchen hat, wie ihre Mutter, noch einen viel weitergehenden Traum: Eine selbstbestimmte Zukunft. Und irgendwie hängt alles zusammen, Geld für das Fahrrad verdienen, um damit endlich den Nachbarsjungen Abdullah abzuhängen, Koranverse für die Schule zu lernen und einen Platz in der Familie, in der Gesellschaft zu reklamieren. Mit Eifer, Gewitztheit und Erfindungsgeist macht sich Wadjda an die Arbeit.

Viele internationale Unterstützer und Geldgeber halfen zusammen, damit der Film bei den 69. Internationalen Filmfestspielen von Venedig seine Weltpremiere feiern konnte. Mit diesem außergewöhnlichen Projekt realisierten die Berliner Produzenten Gerhard Meixner und Roman Paul (Razor Film) nach „Paradise Now“ und „Waltz with Bashir“ – beide Filme liefen bereits im Kino für Toleranz – ihren dritten Spielfilm im Mittleren Osten. Die Regisseurin Haifaa Al Mansour wird in Saudi-Arabien für ihre Arbeit gleichermaßen gepriesen wie geschmäht. Mit ihren Film- und Fernseharbeiten sowie ihren Artikeln ist sie das Sprachrohr für den weiblichen Teil der Gesellschaft, dem sie endlich Gehör verschaffen möchte. Sie spricht öffentlich Tabuthemen wie Toleranz oder die Gefahren der Orthodoxie an und setzt sich für eine kritische Auseinandersetzung mit der Tradition und restriktiven Kultur ihres Heimatlandes ein. In einem Interview sagt sie zu ihrem Film: „Ich stamme aus einer kleinen Stadt, in der viele Mädchen wie Wadjda leben, Mädchen die große Träume haben, einen starken Charakter und viel Potenzial besitzen. Diese Mädchen können – und werden – unsere Gesellschaft umbauen und neu definieren. Ich hoffe, dass mein Film einen einzigartigen Einblick in mein Heimatland gestattet und gleichzeitig nachvollziehbar von Hoffnung und Durchhaltevermögen erzählt – Themen, die Menschen aller Kulturen betreffen.“

Der Film ist ohne Altersbeschränkung freigegeben, dauert 97 Minuten und wird auch am Sonntag, 4. Mai, in der Matineevorstellung um 11 Uhr gespielt. Die nächsten Filme im Kino für Toleranz laufen an folgenden Terminen: 27. Mai „Laurence anyways“; 24. Juni „Das Mädchen und der Künstler“; 29. Juli „An ihrer Stelle“; 26.8. „Scherbenpark“. Karten und Programmflyer für das Kino für Toleranz gibt es an der Abendkasse.