Schrobenhausen
Der, der "die Klappe nicht mehr halten will"

Kabarettist Christian "Fonsi" Springer spielte am Wochenende vor rund 100 Zuschauern in Schrobenhausen

25.09.2017 | Stand 02.12.2020, 17:27 Uhr

Christian Springer hatte das Publikum im Herzog-Filmtheater in Schrobenhausen fest im Griff. Er ließ es sogar aufstehen, um gemeinsam das Deutschlandlied zu singen - nur um dann zu erklären, dass die Melodie ursprünglich die eines kroatischen Liebesliedes sei. - Foto: Dürrmann

Schrobenhausen (SZ) Kabarett ist in seiner Motivation gesellschaftskritisch, komisch-unterhaltend und künstlerisch-ästhetisch: All diese Vorgaben erfüllte Kabarettist Christian Springer am Samstagabend im Herzog-Filmtheater mit seinem Programm "Trotzdem". Die fast 100 Zuhörer waren begeistert.

Politisch aktuell stieg Christian Springer in sein Programm ein. In Anspielung auf die Bundestagswahl am nächsten Tag fragte er ins Publikum: "Machen's vielleicht Briefwahl" Mit seiner selbst gegebenen Antwort: "Dann brauchen's aber einen schnellen Postboten", hatte er bereits die Lacher auf seiner Seite. Der Kabarettist erzeugte dann Mitleid bei den aufmerksamen Zuhörern, als er erzählte: "Der arme Winterkorn, Ex-VW-Boss, bekommt 3000 Euro Rente. Ist das viel" Gemurmel unter den Besuchern, die wahrscheinlich dachten, für einen VW-Chef eher zu wenig. Springer löste dann auf: "3000 am Tag" und schon war wieder viel Gelächter im Publikum zu hören.

Er outete sich dann als Fan der Sechziger und bekannte: "Ich weiß mit dem Elend zu leben." Natürlich bekam auch Horst Seehofer sein Fett weg, als der "Trotzdem-Män" Christian Springer über die "bayrische Weltpolitik" referierte. Springer gestand, dass er finde, die Flüchtlinge sollten das Grundgesetz lesen, denn: "Dann hat's wenigstens irgendwer mal gelesen." Um die deutsche Kultur zu üben, bat der Sprachkünstler die Besucher, sich von den Plätzen zu erheben und gemeinsam das Deutschlandlied zu singen. Und siehe da, am Ende der Hymne hatten alle kräftig mit eingestimmt. Zur Überraschung vieler klärte Springer auf, dass diese Melodie eigentlich ein kroatisches Liebeslied sei. Schade fand der satirische Mutmacher, dass er in Zukunft keine Preißn-Witze mehr erzählen könne, da zu viele andere Fremde in Bayern seien und die Besucher von jenseits der Donau nicht mehr als Preußen erkannt werden würden. Still und nachdenklich wurden die Zuhörer, als Springer über seine Erfahrungen mit Flüchtlingen erzählte und einige Sätze aus seinem Brief an den bayerischen Ministerpräsidenten Seehofer mit dem Motto "Landesvater, cool down" vorlas.

Nach der Pause brachte der Schnellredner gleich wieder Stimmung ins Herzog-Filmtheater, denn seine Erzählungen über "Gammelfleisch und Affenhirn im Nutella" waren sehr amüsant. Zwar höchst interessant, aber fast zu langatmig war die halbstündige Story über sein Leben, das fehlgeschlagene "Eierwurf-Attentat" auf Franz Josef Strauß - weswegen eine Strafe von 5000 Mark fällig war und er keinen Universitätsabschluss machen konnte -, und über die Verlogenheit mancher Politiker. "Und seitdem will ich meine Klappe nicht mehr halten. Wegen dieser persönlichen Erfahrung mache ich Kabarett", gestand Springer freimütig. Und recht hat er gehabt, der Christian Springer. Denn der Erfolg gibt ihm recht und sicherlich hat er mit seinen politischen Kabarettgeschichten, in denen mehr als ein Körnchen Wahrheit steckt, vielen Menschen schon Freude bereitet - so wie auch den fast 100 Besuchern im Herzog-Filmtheater am Samstagabend.

So reichten die Aussagen der Zuhörer von "mir hat es sehr gut gefallen" bis zu "der spielt halt in einer anderen kabarettistischen Liga". Springer schickte die Besucher mit den Worten "Haben Sie in Ihrem Leben eine Haltung" nach Hause.