Weichenried
Debatte über einen Schandfleck

Das bald ein Jahr alte Buswartehäuschen war das große Thema bei der Weichenrieder Bürgerversammlung

21.03.2018 | Stand 02.12.2020, 16:40 Uhr

−Foto: Petry, Mathias, Hohenwart

Weichenried (SZ) In großer Harmonie und teilweise fast ausgelassen fröhlich ging am Dienstagabend die Bürgerversammlung in Weichenried über die Bühne.

Die öffentliche Sprechstunde mit Bürgermeister Manfred Russer war offensichtlich nicht der geeignete Rahmen, um schwelenden Frust einzelner anzusprechen - bis auf das Thema Buswartehäuschen.

Russer referierte zunächst wieder die Eckdaten der Gemeinde, ehe die Diskussion freigegeben wurde. Nach wie vor liegen der Gemeinde übrigens keine Hinweise darauf vor, dass der Feststellungsbeschluss für die Ortsumgehung beklagt würde.

Und dann war es auch schon da, das Thema, das viele Weichenrieder seit vielen Monaten ärgert (wir berichteten): Das alte Bushäuschen war im vergangenen Frühsommer von der Gemeinde durch ein neues ersetzt worden, und es ist nur über eine Schräge zu erreichen. "Ein Schandfleck" sei das, ärgerte sich ein Bürger, "das ist ein Witz, da steigen jeden tag 40 Kinder ein und aus." Gerade in den letzten Tagen habe es mehrere Stürze gegeben. "Leit, denkt's nach, was das für ein Schmarrn ist!", forderte der Bürger.

Russer verstand die Aufregung nicht gleich, die Rampe habe eine Neigung von weniger als sechs Prozent, und das sei in Ordnung, wenn es um Barrierefreiheit gehe.

"Da regnet's nei!", schimpfte eine andere Bürgerin, "und die Kinder kommen mit nassen Sachen in die Schule!" Für den Postboten sei die Rampe ebenfalls ein Ärgernis, ergänzte ein Anlieger. "Wenn der Postbote da drüber fährt, tut er mir leid", erwiderte Russer, "aber ich geb zu: Wenn's glatt ist, können da Kinder ausrutschen. Dann müssen wir uns etwas beim Winterdienst überlegen."

Warum das alte Bushäuschen denn überhaupt weggekommen sei, wollte ein Bürger wissen. "Wir haben in allen Ortsteilen die gleichen Häuschen hingestellt." Die Steigung sei entstanden, weil man die Wurzeln des Baums nicht beschädigen wollte. Russer stellte infrage, ob der Standort überhaupt richtig sei. Und er warb dafür, dass Bürger, die sich über etwas ärgern, jederzeit auf ihn zukommen dürften. "Wenn wir nichts wissen, können wir auch nichts machen. ich bin für die Bürger da, ich will für die Bürger da sein. Wenn Ihr uns was sagt, reagieren wir gleich."

"Also, das stimmt so nicht!", hielt ein Bürger dagegen. Als das Bushäuschen gebaut wurde, habe er direkt im Rathaus angerufen und gewarnt, dass das so nicht funktionieren werde. "Des passt scho!" - das sei die Antwort gewesen, die er erhalten habe. Und als das Häuserl stand, habe er noch mal angerufen und die selbe Antwort erneut bekommen - nichts sei passiert, "ich bin ignoriert worden." Russer kündigte an, gleich am nächsten Tag sein Bauamt antreten zu lassen.

Im Folgenden gab es eine zunehmend gelöste und streckenweise lustige Diskussion über alle möglichen Themen. Ein Bürger fragte, ob es den Volksfestbus heuer wieder gebe; er fand den super, weil er ganz allein eine kostenlose Gemeinderundfahrt an Orte bekommen habe, an denen er "lange nicht mehr war". Dazu Russer: "Wenn nur ein Führerschein nicht gezwickt wurde, hat er sich schon gelohnt."

Die Breitbandversorgung wurde auch angesprochen; laut Russer kommen Glasfaserkabel bis zum Verteilerkasten; je weiter man von dort weg lebe, umso niedriger werde die Bandbreite; 30 MBit solle es es aber überall geben.

Was dagegen spreche, öfter auf der B 300 im Ortsbereich zu blitzen, fragte ein Bürger. "Wir überwachen regelmäßig", erwiderte Russer.

Wie es mit den Straßenausbaubeiträgen in Eulenried aussehe, konnte Russer naturgemäß noch nicht final beantworten; der Gemeinderat habe die zweite Rate ausgesetzt; er gehe davon aus, dass die Beiträge abgeschafft werden. "Das funktioniert aber nur, wenn die Gemeinde den vollen Ausgleich bekommt, irgendjemand muss das ja zahlen." Das werde die Steuerzahler Hunderte Millionen kosten, allein Hohenwart habe in den nächsten Jahren einen Bedarf von rund zehn Millionen Euro für umlegungsfähige Straßensanierungen.

Ein Bürger erzählte, dass eine Straßenlaterne von einer Tanne eingewachsen gewesen sei. Er habe dann im Rathaus angerufen, wo man ihm berichtete, das Thema werde sich lösen, weil die Tanne ein Christbaum werden soll. Inzwischen sei Weihnachten vorbei, und die Tanne sei noch da - aber sie sei ausgeschnitten worden, berichtete er weiter. "Und?", suchte Russer nach einem Handlungsauftrag. "Nichts weiter", erwiderte der Bürger belustigt und lachte: "Aber ein Christbaum wird das nimmer!"