Schrobenhausen
Das Smartphone ist immer dabei

Maria-Ward-Schülerinnen nahmen am Medienforum der Evangelischen Akademie Tutzing teil

20.11.2017 | Stand 02.12.2020, 17:11 Uhr

Im Atrium der Evangelischen Akademie Tutzing: Die Maria-Ward-Schülerinnen Barbara Höß, Johanna Kaufmann, Tessa Thurner und Annelie Haller (v.l.) nach ihrem Vortrag über die digitale Medienbildung an Schulen. - Foto: Maria-Ward-Realschule Schrobenhausen

Schrobenhausen/Tutzing (SZ) In einer zweitägigen Veranstaltung diskutierten rund 60 Bildungswissenschaftler und Politiker über die Zukunft der Medienbildung. Mit dabei waren vier Maria-Ward-Schülerinnen, die über ihre Erfahrungen mit digitalen Medien im Unterricht berichteten.

Das Handy ist immer und überall. Smartphones, Tablets und die permanente Präsenz des Internets prägen immer mehr unseren Alltag und sind aus diesem gar nicht mehr wegzudenken. Die Suchmaschine Google bearbeitet pro Minute rund 2,3 Millionen Suchanfragen. In der gleichen Zeit werden mehr als 300 Stunden Videomaterial auf die Plattform Youtube hochgeladen und etwa 150 Millionen E-Mails verschickt. Dies hat auch Folgen für die Bildung und Erziehung von Kindern und Jugendlichen. Professor Benjamin Jörissen von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg stellte die These auf, dass die gesamte Sozialisation von jungen Menschen in der heutigen Zeit durch die Medien geprägt ist.

Aber wie nun damit umgehen? Dieser Frage gingen rund 60 Medienexperten, Politiker und Wissenschaftler von Universitäten in einer zweitägigen Veranstaltung unter dem Titel "Welche Medienbildung brauchen wir" an der Evangelischen Akademie in Tutzing nach. Teilnehmer dieser zahlreichen Vorträge, Workshops und Diskussionsrunden waren unter anderem Georg Eisenreich, Staatssekretär im Bayerischen Kultusministerium, Katharina Schulze, Vorsitzende der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Bayerischen Landtag sowie Siegfried Schneider, Präsident der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM).

Und mittendrin: vier Maria-Ward-Schülerinnen, die als geladene Gäste im Rahmen eines einstündigen Vortrags über ihre Medienprojekte und die Erfahrungen mit digitalen Medien im Unterricht berichten durften.

"Viele Lern-Apps sind einfach unheimlich praktisch und ich kann mit diesen digitalen Helferlein viel leichter meinen Schulalltag organisieren", erzählte beispielsweise die Schülerin Johanna Kaufmann. Die 14-jährige Koppenbacherin hatte im Rahmen eines Medienprojekts mit ihrer Klasse nach dem Prinzip des 'Padagogy-Wheel' von Allan Carrington, einem E-Learning-Spezialist aus Adelaide, zahlreiche Apps, die beim Lernen oder in der Schule helfen sollen, getestet. "Mit der Hilfe der App 'Memorion' zum Beispiel kann ich Englisch-Vokabeln lernen und mich digital abfragen lassen", erklärte Johanna den aufmerksamen Zuhörern im voll besetzten Saal, "ob jedoch im Vergleich zum Lernen mit Karteikarten auf Papier ein wirklicher Vorteil besteht, weiß ich nicht." Und ihr Lehrer Dominik Hausner ergänzte lachend: "Wir auch nicht." Man könne wissenschaftlich momentan noch nicht einmal belegen, wie sich das Leseverhalten bei digitalen Geräten im Vergleich zu analogen Medien wie Büchern oder gedruckten Zeitungen verändere. Es gebe schlichtweg kaum seriöse Forschungsergebnisse hierzu.

Wichtig sei jedoch, diesen medialen Wandel aufzugreifen und die Kinder und Jugendlichen beim Hineinwachsen in diese digitale Welt zu begleiten. Bewahrpädagogische Ansätze wie das komplette Verbieten jeglicher Smartphones würden diese Probleme in keinem Fall lösen. "Ich kann es nicht ernsthaft glauben, dass es noch Lehrer gibt, die Handys in der Schule verbieten", betonte der Informatiker und IT-Lehrer Dominik Hausner.

Die Maria-Ward-Realschule Schrobenhausen leistet in dieser Hinsicht seit Jahren in intensivem Austausch mit Projektpartnern wie dem zem:dg Zentrum für Ethik der Medien und der digitalen Gesellschaft oder dem Hasso-Plattner-Institut Potsdam wichtige Pionierarbeit. Laptop- und Tabletklassen, bring-your-down-device-System für eigene Smartphones von Schülerinnen und ein schulweites WLAN prägen die medienpädagogische Arbeit der Schule.

Ein großes Anliegen ist dabei für viele immer auch ein christliches Menschenbild und ein damit verbundenes ethisches Handeln auch im digitalen Raum. Christliche Werte sollten auch im Internet gelebt werden.

So haben beispielsweise laut der JIM-Studie 2016 des medienpädagogischen Forschungsverbandes Südwest rund 24 Prozent aller befragten Schüler Fälle von Cybermobbing mitbekommen. In internen Umfragen der Maria-Ward-Realschule in Schrobenhausen stimmten 15 von 32 Zehntklässlerinnen der Aussage zu, dass sie schon einmal beleidigende Dinge im Internet mitbekommen haben.

Die Schülerin Tessa Thurner stellte in Tutzing ihr Konzept gegen Cybermobbing vor. "Mein Anliegen war es, Mitschülerinnen, die Cybermobbing mitbekommen oder selbst davon betroffen sind, zu helfen", berichtete die 14-jährige Inchenhofenerin, "und dies natürlich auf dem Weg, wie man sie am besten erreicht: übers Internet!"

Gemeinsam mit ihren Mitschülerinnen drehte sie ein Video, das den klassischen Verlauf von Cybermobbing in gespielten Szenen darstellt und hinterher Tipps gibt, wie man im Falle von Beleidigungen übers Netz reagieren kann. Dieser Clip steht auf der Schulhomepage www.maria-ward-sob.de allen Mitschülerinnen zur Verfügung.

Sämtliche anwesenden Bildungsexperten applaudierten freudig der durch die Mädchen geleisteten medienpädagogischen Arbeit und es entstand im Anschluss an den Vortrag eine rege Diskussion über die Zukunft der digitalen Medien an Schulen, die den vereinbarten Zeitraum von einer Stunde bei weitem sprengte.