Schrobenhausen
Das Geheimnis des Franzosengrabs

Vor 30 Jahren wurden Kreuz und Inschrift erneuert - Jetzt wäre eine Wiederauffrischung fällig

23.01.2018 | Stand 02.12.2020, 16:55 Uhr
Das "Franzosengrab" im Hagenauer Forst an der Straße von Schrobenhausen nach Langenmosen: 1920 wurde es um einige Meter in Richtung Wald versetzt. −Foto: Wöhrle

Schrobenhausen (SZ) Bernhard Rödig erinnert sich noch ganz genau. Bei einem Wandertag entdeckte er mit seiner Schulklasse ein recht verwahrlostes Grab an der Straße nach Langenmosen. Der Lehrer und seine Schüler begannen mit Nachforschungen und starteten ein beispielhaftes Geschichtsprojekt.

An der Straße von Schrobenhausen nach Langenmosen befindet sich am linken Waldrand ein schlichtes Grab mit steinerner Einfassung und hölzernem Kreuz: das sogenannte Franzosengrab aus dem Jahr 1796.

Vor 30 Jahren spürte die Klasse 8 b der Schrobenhausener Hauptschule dem Geheimnis dieser Grabstätte fast zwei Jahre lang nach. Was sie herausfanden, veröffentlichen die Schüler zusammen mit ihrem geschichtsbegeisterten Lehrer Bernhard Rödig in einem bis ins Detail liebevoll gestalteten Dossier von stolzen 64 Seiten Umfang. Zudem präsentierten sie die Forschungsergebnisse in einer Ausstellung in der Schrobenhausener Stadtsparkasse der Öffentlichkeit. Noch heute sprechen etliche der damaligen Schüler mit Begeisterung von der großartigen Projektarbeit, die die jugendlichen Forscher zu einer eingeschworenen Gemeinschaft zusammengeschweißt hat. Gemeinsam haben sie das Grab des unbekannten Franzosen neu eingefasst und bepflanzt sowie das Holzkreuz mit einer neuen Inschriftentafel versehen - diese wurde vom Vater einer Schülerin geschnitzt.

Viel weiß man nicht über den Toten, der entlang der Straße nach Langenmosen begraben ist. Sicher ist wohl nur, dass er ein Soldat war. Im Jahr 1796 tobte der Erste Koalitionskrieg. Schrobenhausen war von Truppen des französischen Generals Jean Victor Moreau besetzt. Die Franzosen zogen sich in den Hagenauer Forst zurück, als sich österreichische Husaren der Stadt näheren. Bei Gefechten wurden Soldaten gefangen genommen, es gab auch Tote. Ob der Unbekannte im Franzosengrab bei den damaligen Kämpfen starb, ob er als Deserteur erschossen wurde oder ob er tatsächlich, wie es die Legende erzählt, eine Liebschaft in der Gegend hatte, von seiner Truppe zurückblieb und dann zu Tode kam - das konnten auch die eifrigen Schüler mit ihrem Lehrer nicht klären. Denn nach authentischen Quellen suchten sie vergeblich. Der erste Hinweis, den sie fanden, stammt aus dem Jahr 1908 und befindet sich in einer Veröffentlichung des Historischen Vereins, in der es heißt: "Das Franzosengrab an der Langenmosener Straße birgt einen feindlichen Soldaten, der um diese Zeit (1796) hier tot aufgefunden wurde." In einem Artikel aus dem Jahr 1914 im Schrobenhausener Anzeiger wurde schwer spekuliert. "Es dürfte vielmehr mit ziemlicher Sicherheit anzunehmen sein, daß Liebe und Eifersucht eine Rolle spielten und den Tod des vielleicht allzu liebenswürdigen Franzosen herbeiführten", schreibt damals ein unbekannter Verfasser, der aber auch nicht ausschließen will, dass der "treue Husar" ein Marodeur war, der von Einheimischen erschossen wurde.

Wie auch immer es war, lässt sich nicht mehr herausfinden. Die beste Gelegenheit, Näheres in Erfahrung zu bringen, wurde im Jahr 1920 verpasst. Als damals die Straße nach Langenmosen verbreitert und ausgebaut wurde, musste das Grab ausgehoben und um einige Meter verlegt werden. "Es wurden die Gebeine eines Begrabenen vorgefunden ohne sonstige Zutaten und Merkmale", heißt es darüber. Eine genaue Untersuchung der Grabstelle, die eventuell Aufschluss über die Todesursache gegeben hätte, fand damals leider nicht statt.

Die Schulklasse fand bei ihrem mustergültigen Heimatkundeprojekt - es wurde übrigens bei einem deutschlandweiten Wettbewerb mit einer vorderen Platzierung und vom Bund Deutscher Kriegsgräberfürsorge mit einem Geldpreis ausgezeichnet - allerdings noch einige interessante Aspekte heraus. So etwa, dass das Franzosengrab die ganze Zeit über fast immer gepflegt wurde. Und dass bis in die 30er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts jedes Jahr ein Geldbetrag aus Frankreich an die Gemeinde Langenmosen zum Zweck der Grabpflege übersandt wurde. Auch nach der aufwendigen Recherchearbeit, die die Schrobenhausener Hauptschulklasse 8 b zusammen mit ihrem Lehrer Bernhard Rödig geleistet hat, bleiben also etliche Geheimnisse um das Franzosengrab bestehen.

Ein besonderes Geschichtsprojekt

Die letzte Neugestaltung des „Franzosengrabs“ liegt jetzt knapp 30 Jahre zurück – zum Ende des Schuljahres 1988/89 hatten Bernhard Rödig und seine Klasse 8b die Grabstätte an der Straße von Schrobenhausen nach Langenmosen erneuert. In entsprechendem Zustand befindet sich die hölzerne Inschrift mittlerweile – eine Erneuerung, womöglich in einem dauerhafteren Material, wäre deshalb dringend wünschenswert. Rödig und seine Schüler hatten damals einen neuen, würdigen Text für die Inschriftenplatte entworfen. „Hier starb 1796 ein französischer Soldat – Er fand Heimat“ steht seither auf der schlichten Holzplatte, die der Vater einer Schülerin gestaltet hat, zu lesen. Mit ihr wurde die frühere Erinnerungstafel ersetzt, auf der in etwas holprigem Deutsch von einem „treuen Husaren“ die Rede war. Diese ersetzte Platte wird von Rödig, der viele Jahre Kreisheimatpfleger war, bis heute verwahrt. woe