Schrobenhausen
Wie das Denkmalamt das Rathaus sieht

Die Behörde nahm sich viel Zeit, um einige Nachfragen zur Unterschutzstellung zu beantworten

27.04.2017 | Stand 02.12.2020, 18:14 Uhr

Mit dem alten Rathaus als Denkmal hätten sich die Schrobenhausener wohl leichter getan. - Foto: Archiv

Schrobenhausen (SZ) Die Schrobenhausener und ihr Rathaus - das ist noch immer ein Thema, nachdem der Stadtrat entschieden hat, keinen Widerspruch gegen die Aufnahme des Gebäudes in die Denkmalliste einzulegen. Denn das hat Folgen.

Wobei Denkmalschutz ja nicht primär ein Veränderungsverbot ist, "sondern ein Erlaubnisvorbehalt", wie eine Sprecherin des Denkmalamtes auf Anfrage unserer Zeitung betont. Was bedeutet das nun konkret?

Ein Beispiel: Der Denkmalschutz hat ja in seiner Expertise über den Wert des Schrobenhausener Rathauses beispielsweise die viereckigen Deckenlampen hervorgehoben, die noch vollständig erhalten seien. Und wenn nun so eine Lampe kaputtgeht? "Dann wird sich sicher in Abstimmung mit der Unteren Denkmalschutzbehörde und dem Landesamt für Denkmalpflege ein Weg finden, sie zu reparieren", antwortet das Denkmalamt. "Die Kollegen der praktischen Baudenkmalpflege stehen beratend zur Verfügung, wenn es um Reparaturen oder notwendige Veränderungen am Denkmal geht." Maßgeblich sei bei solchen Veränderungen, dass der Charakter des Gebäudes, die Charakteristika, die seine Denkmaleigenschaft begründen, erhalten bleiben.

Wobei ja gerade bei diesem Aspekt ein großes Fragezeichen im Raum steht. Denn mit dem Einbau des Aufzugs 1990 wurde ein Kerngedanke des Architekten ad absurdum geführt. Er hatte den Mittelteil ja extra in Glas ausführen lassen, um freie Sicht vom Lenbachplatz auf die Stadtpfarrkirche zu ermöglichen. Der damalige Stadtbaumeister Josef Käser sah das seinerzeit so: "Das Rathaus erinnert an eine stilisierte Schrannenhalle, wenn auch die Transparenz des unteren Bereiches durch den Aufzug zerstört wurde."

Wird hier also eine Bausünde geschützt? Das Denkmalamt findet das nicht: "Durch den Einbau des Aufzugs entstand im Treppenhaus mittig ein Aufzugschacht, der eine Verschmälerung der Treppe nach sich zieht. Die Sicht durch die Glasfuge an der Ostseite, die eine Blickachse auf die Stadtpfarrkirche St. Jakob öffnet, wurde hierdurch beeinträchtigt, jedoch nicht aufgehoben. Das künstlerische Konzept des Architekten kann nach wie vor nachvollziehbar erfahren werden." Der Eingriff in die Architektur sei nicht so weitreichend, dass er die Denkmaleigenschaft des Gebäudes beeinträchtigt.

Immerhin: Man nimmt sich Zeit im Denkmalamt, für die Fragen aus Schrobenhausen. Ein Denkmal müsse nicht schön sein, wird in einer freundlichen Mitteilung aus München erklärt. "Bildlich gesprochen, ist ein Denkmal ein Zeitzeuge. Wichtig ist, dass es anschaulich seine Geschichte erzählt, dass es uns einen Einblick in die Vergangenheit ermöglicht. Es geht also nicht um subjektives Schönheitsempfinden, sondern um eine besondere bauliche Qualität, die erhaltenswert ist; Denkmalschutz ist gewissermaßen ein hohes Gut, nicht jedes Gebäude nimmt diese Hürde."

Wobei das Schrobenhausener Rathaus übrigens nicht der einzige Betonskelettbau Bayerns ist, der diese Hürde genommen hat: Derzeit werden 170 solcher Objekte geführt, ab Mitte Mai, wenn die Einspruchsfrist abgelaufen ist, sind es 171.

Weil das Denkmalamt dem Rathaus eine "besondere Bedeutung" beimisst. Denn: "An gleicher Stelle befand sich schon der Vorgängerbau, womit der zentralen Funktion der Selbstverwaltung der Stadtgemeinschaft ein besonderer Ort zugewiesen wurde. Die besondere Bedeutung des Gebäudes drückt sich auch in der architektonischen Konzeption der Sichtbezüge zu den historischen Bauten des Platzes aus, etwa durch die Blickachse auf die Stadtpfarrkirche. Die moderne Formsprache schafft Bezüge zu den umgebenden Gebäuden."

Und: "Die Neuorientierung in der Architektursprache dokumentiert einen wichtigen Abschnitt in der Entwicklung der Architekturgeschichte und des Städtebaus. Mit dem Versuch, einer Einfügung in das historische Umfeld bildet das Rathaus ein frühes Beispiel der Stadtreparatur beziehungsweise des Bauens im Bestand. Das Rathaus von Schrobenhausen ist ein Beispiel für die Abkehr von einem rein funktionalen Bau hin zu der Wiederaufnahme einer an historischen Vorbildern orientierten Formensprache der Architektur. Es ist damit wegweisend für die weitere Entwicklung."

In diesem Punkt ist das Denkmalamt auch voll des Lobes für den Planer von damals. Und tatsächlich ist Architekt Peter Buddeberg ein namhafter Vertreter der Nachkriegsarchitektur. "Buddeberg kombinierte moderne Baumaterialien mit Stilelementen der gotischen Architektur, brachte diese in einen neuen Zusammenklang und übersetzte sie in eine moderne Architektursprache. So weisen der Steilgiebel und die strebepfeilerartigen Vorlagen sowie die großflächige Aufglasung Elemente auf, die von gotischen beziehungsweise neugotischen Formen und Vorbildern inspiriert worden sind", teilt das Denkmalamt mit und verweist auf einen Artikel, der 1985 im "Architekturführer Bayern" (S. 162) - damals war der Aufzug noch nicht drin -, die bemerkenswerten Bauten nach 1945 präsentiert; das Rathaus sei damals "als einziges Beispiel aus Schrobenhausen gewürdigt" worden.

In Baedeckers Oberbayern-Reiseführer ist das Schrobenhausener Zentrum der Macht übrigens auch erwähnt: "Auf dem Lenbachplatz - mit dem furchtbaren Rathaus - werden die Wochenmärkte (Do., Sa) und der Spargelmarkt (Anf. Mai) gehalten."

 

Die Abendschau des Bayerischen Fernsehens berichtet heute Abend ebenfalls ab 17.30 Uhr über das neue Schrobenhausener Denkmal.