Schrobenhausen
"Das sollen die in den Städten erledigen"

Grüne in Bayern sammeln Unterschriften für Volksbegehren - im Landkreis wird bislang nur zugeschaut

17.11.2017 | Stand 02.12.2020, 17:11 Uhr

Schrobenhausen (SZ) Hätten Sie's gewusst? Die Grünen in Bayern sind gerade auf Unterschriftenfang, weil sie ein Volksbegehren durchboxen wollen. Nur aus dem Landkreis kam bisher kaum Unterstützung. Und das hat Gründe. Ist die Partei im Landkreis am Ende?

Mit dem Volksbegehren wollen die Grünen eine Eindämmung des Flächenverbrauchs erreichen (siehe Infokasten). 25 000 Unterschriften sind dafür nötig, gesammelt wird noch bis Ende Dezember und bayernweit, also auch im Schrobenhausener Land. Theoretisch.

"Ja, es stimmt, unsere Aktionen halten sich in Grenzen", gibt Martin Wendl (Foto rechts), der Vorsitzende des Grünen-Kreisverbandes Neuburg-Schrobenhausen, zu. "Wir sind der Meinung, das sollen die in den Städten erledigen. In München sammelt es sich leichter als hier auf dem Land", so der 52-Jährige. Immerhin, ganz untätig seien er und seine Parteikollegen nicht gewesen. Vor allem in ihren Bekanntenkreisen hätten sie Werbung gemacht. Auf "zwischen 60 und 70" Unterschriften seien seine Frau und er so gekommen. Wie viele Unterstützer der Kreisverband insgesamt zur Halbzeit zusammenbekommen hat, wisse er nicht. "Aber ich weiß, dass es bayernweit jetzt rund 13 000 Stimmen sind", so Wendl. "Ganz ordentlich", findet er - und das eben auch ohne große Aktionen im Landkreis Neuburg-Schrobenhausen. Keinen öffentlichen Aktionen, das betont Wendl, heiße aber nicht, dass er das Vorhaben nicht gut fände. Gerade er als Karlskroner sehe ja, wie praktisch vor seiner Haustüre die Grünflächen im Schlund des Logistikbetriebes Scherm verschwinden. "Und irgendwann wundert man sich in der Gemeinde dann, wenn alles zugebaut ist", sagt Wendl.

Warum also nicht mehr dafür tun, dass das Volksbegehren wirklich durchgeht? "Wir wollten uns nach dem Bundestagswahlkampf auch einfach eine Pause gönnen", gibt er zu. Dass vielleicht gerade der Erfolg seiner Partei bei der Bundestagswahl auch den Grünen im Landkreis Wind gegeben hätte, glaubt er nicht.

Alois Forster (Foto links), Ex-Kreisvorsitzender und Schrobenhausener, hingegen hätte sich schon mehr Aktion von seiner Partei gewünscht. Er macht keinen Hehl daraus, warum die Partei in Sachen Volksbegehren fast tatenlos geblieben ist. "Unsere Mitglieder sind etwas träge. Wir sind einfach zu wenige", erklärt er. Gerade einmal um die acht Mitglieder hätten die Grünen in Schrobenhausen. "Und die sind auch nur passive Mitglieder", sagt er. Er habe in der Vergangenheit versucht, einen Ortsverband Schrobenhausen ins Leben zu rufen und sei gescheitert. "Das ist schwierig auf dem Land", so Forster.

Aber auch er findet den Anstoß seiner Parteikollegen zum Volksbegehren gegen Flächenfraß gut. Fünf Unterschriften habe er schon gesammelt, mehr werden folgen - da ist er überzeugt. "Weil das ja eigentlich ein konservatives Thema ist. Das regt viele auf, egal, in welcher Partei sie sind." Ihm habe sogar "einer aus der CSU" unterschrieben.

Auch Kreisvorsitzender Martin Wendl glaubt weiterhin an den Erfolg des Volksbegehrens. Und er glaubt an seine Partei. Obwohl er Forster zustimmt, dass es eben auf dem Land als Grüner nicht gerade leicht sei, hat er die Partei längst nicht abgeschrieben. "Wir werden sicher noch etwas auf die Beine stellen", sagt er. "Wenn alle etwas mehr in Weihnachtsstimmung sind, gehen wir zum Unterschriftensammeln in die Schrobenhausener und Neuburger Innenstadt", verspricht er.

Übrigens: Wenn sich bis Ende des Jahres tatsächlich 25 000 Bürger in die Listen eingetragen haben, ist noch nichts gewonnen. Das bedeutet zunächst nur, dass das Volksbegehren auf Zulassung geprüft wird. Ist diese Hürde genommen, sind die Bürger noch einmal gefragt: Zehn Prozent der Wahlbeteiligten in Bayern müssten sich erneut in eine Liste eintragen. Und das ist nicht ohne. Innerhalb von nur 14 Tagen müssen rund eine Million Unterschriften gesammelt werden. Erst dann wird der Gesetzesentwurf dem Landtag vorgelegt. Lehnt dieser ab, kommt es zum Volksentscheid.

DAS VOLKSBEGEHREN

Das Dreierbündnis aus Grünen, der Ökologisch Demokratischen Partei (ÖDP) und der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) will mit seinem Volksbegehren erreichen, dass pro Tag durchschnittlich nur noch fünf Hektar Grünflächen in Siedlungs- oder Verkehrsflächen umgewandelt werden dürfen.

Derzeit seien es offiziellen Angaben zufolge im Durchschnitt 13 Hektar täglich - eine Fläche so groß wie 18 Fußballfelder. "Wir ziehen mit dem Volksbegehren die Notbremse, um die Schönheit Bayerns vor der Heimatzerstörungswut der CSU zu schützen", erklärte der Fraktionsvorsitzende der Grünen im bayerischen Landtag, Ludwig Hartmann. Er ist sicher: "Die Bayerinnen und Bayern haben den Naturraub durch die CSU-Regierung satt."

Doch das Vorhaben hat schon jetzt viele Gegner. Der bayerische Gemeindetagspräsident Uwe Brandl (CSU) etwa rechnete bereits mit dem Plan der Grünen ab. "Das werden wir nicht akzeptieren", sagte er und sprach von einem "kommunalen Stillstand", den das Gesetz erwirken würde. Eine Regelung, wie sie von den Grünen und Co gefordert werde, würde das Recht jeder Kommune, ihre Bebaubarkeit selbst zu bestimmen, aushöhlen, so Brandl. | bsx