Schrobenhausen
"Das Geld fällt nicht vom Himmel"

Bürgermeister halten wenig von der Streichung der Straßenausbaubeitragssatzung

23.01.2018 | Stand 02.12.2020, 16:55 Uhr

Holpriger Gehweg: Die Untere Ortsstraße in Gachenbach ist ein Sanierungsfall. Für die Straße kommt der Freistaat Bayern auf, für den Gehweg die Gemeinde. Und den müssten die Anlieger mitbezahlen, wenn es dort eine Ausbaubeitragssatzung gäbe . . . - Foto: Hofmann

Schrobenhausen (SZ) Straßenausbaubeiträge? Gibt's nicht mehr, sagt die CSU-Landtagsfraktion. Und was sagen die Bürgermeister in und um Schrobenhausen? Sie sind nicht unbedingt begeistert. Das liegt auch daran, dass noch viele praktische Fragen ungeklärt sind.

Karlheinz Stephan (CSU) sitzt in der Patsche - bildlich gesprochen. In Schrobenhausen werde die Straßenausbaubeitragssatzung seit Jahren konsequent angewandt, sagt der Bürgermeister. Die Bürger haben ihren Obolus an jeder Sanierung einer städtischen Straße gezahlt. Doch noch nicht alle abgeschlossenen Sanierungen sind abgerechnet. Das Damoklesschwert des Beitragsbescheides schwebt also noch über einigen Einwohnern. "Ich brauche Stand jetzt keinen Bescheid herausschicken", so Stephan, "das wäre politisches Harakiri." In den Köpfen der Menschen habe sich festgesetzt, dass die Satzungen für den Straßenausbau fallen werden. Andererseits müsse die Stadt aber juristisch korrekt noch mit den Bürgern abrechnen. Denn noch gibt es keine neue gesetzliche Regelung dafür, sagt Stephan. Um wie viel Geld es dabei derzeit geht, kann Stephan nicht sagen. Seine Verwaltung arbeitet mit Hochdruck daran, belastbare Zahlen zusammenzutragen.

"Ich bin nicht begeistert", sagt Stephan über den Vorstoß der CSU-Landtagsfraktion. Euphorie, dass das neue Gesetz für die Bürger etwas Gutes sei, bremst Stephan deutlich: "Was vordergründig toll aussieht, das holt uns über die Hintertür wieder ein." Denn für Stephan ist eines klar, egal wie die noch zu erarbeitenden Regelungen aussehen werden: "Am Ende ist es der Bürger, der das Geld auf den Tisch legt."

"Das ist ein zweifelhafter Schritt", meint auch Gerolsbachs Bürgermeister Martin Seitz (CSU) über die neue Gesetzesinitiative. Besonders schlecht findet Seitz, dass es derzeit noch überhaupt keine Regelungen über eine Gegenfinanzierung für die Kommunen gibt. Rund drei bis vier Millionen Euro könnte seine Gemeinde schon investieren, wenn alle nötigen Straßensanierungen innerhalb eines Jahres erledigt würden. Macht Gerolsbach natürlich nicht, vielmehr werden - wie in vielen kleinen Gemeinden üblich - die Maßnahmen über Jahre geschoben. Die letzte Sanierung in Gerolsbach fand laut Seitz in der Pfaffenhofener Straße statt. Gerolsbach musste lediglich den Geh- und Radweg bezahlen - immerhin auch rund 250 000 Euro. Eine Beitragsnote gemäß der geltenden Satzung - die vor Jahren mal für die Bürger die Auswahl zwischen Steineklopfen oder Zahlen beinhaltete, bis das bayerische Innenministerium das sogenannte Gerolsbacher Modell kippte - winkt den Gerolsbachern dafür zunächst nicht, denn Seitz sagt mit Blick auf den Landtag: "Wir schicken keine Bescheide heraus."

"Als Grundstückseigentümer freue ich mich, als Bürgermeister habe ich viele Fragzeichen", sagt Helmut Roßkopf (FW). Der Chef der kleinsten Gemeinde im Landkreis Neuburg-Schrobenhausen, Berg im Gau, fragt sich, woher er denn demnächst das Geld bekommen soll, das bis jetzt noch die Bürger zahlen. "Das Geld fällt nicht vom Himmel", sagt Roßkopf. Und das macht er am Beispiel der eigentlich anstehenden Sanierung der Grasheimer Straße deutlich. Die soll etwa 1,3 Millionen Euro kosten. Die Anlieger müssten nach der noch geltenden Ausbaubeitragssatzung etwa 560 000 Euro davon tragen. Wenn der Freistaat für diesen Beitrag nicht aufkomme, bliebe Roßkopf theoretisch nur eines: die Grundsteuern anheben. Doch dann müssten die Grundstückseigentümer jährlich das Doppelte an Steuern zahlen . . .

Für Roßkopf wie für seine Bürgermeisterkollegen in den Gemeinden ist klar, dass die Gegenfinanzierung ausschließlich über eine Pauschale funktionieren könne. Die Berechnungsgrundlage dafür müsse die Anzahl der Straßenkilometer sein, die eine Gemeinde zu betreuen habe. Und Gachenbachs Bürgermeister Alfred Lengler (CSU) setzt noch eins drauf: Die Finanzkraft einer Gemeinde müsse auch mit einberechnet werden. Alles andere kommt für ihn nicht infrage. "Ich hoffe, dass man mit uns Bürgermeistern spricht und einen vernünftigen Konsens findet", sagt Lengler mit Blick auf das Maximilianeum in München, wo seiner Meinung nach das Gesetz bis Mai durchgeboxt wird. Aber Lengler ist sich sicher, dass die Kommunen von den finanziellen Ausfällen, die mit der Abschaffung der Beitragssatzung einhergehen, vom Freistaat maximal 40 bis 50 Prozent zurückbekommen werden. Übrigens: In Lenglers Gemeinde gibt es bislang keine Straßenausbaubeitragssatzung. Zwar hat das Landratsamt die Kommune aufgefordert, eine zu erlassen. Und der Gemeinderat hat folgsam einen entsprechenden Beschluss verabschiedet. Doch nun ruht das Vorhaben.

Das Problem kennt Karlshulds Bürgermeister Karl Seitle (FW) nicht. Darum sieht er dem Gesetzesvorhaben der CSU-Landtagsfraktion auch gelassen entgegen. In Seitles Gemeinde müssen die Bürger nichts für Straßensanierungen und den Winterdienst auf den gemeindlichen Straßen zahlen. Dennoch hofft Seitle, dass seine Gemeinde auch von einer möglichen Pauschale durch den Freistaat profitieren würde.

Sollte also eine wie auch immer geartete Pauschale kommen, hat Berg im Gaus Bürgermeister Roßkopf bereits ein anderes Szenario vor Augen: "Der Bürgermeister wird Druck bekommen, weil die Bürger dann schnell fordern werden, dass in ihrer Straße etwas gemacht werden muss." Bislang funktioniere das psychologische Phänomen noch andersherum, wie Schrobenhausens Stadtoberhaupt Karlheinz Stephan aus Erfahrung weiß: "Wenn man den Bürgern sagt, dass sie für die Sanierung etwas bezahlen müssen, ist die Straße plötzlich gar nicht mehr so schlecht."