Schrobenhausen
Alt, aber nicht altbacken

BRAUCHTUM BEI UNS: Traditionen, die im Schrobenhausener Land Bestand haben

20.06.2017 | Stand 02.12.2020, 17:55 Uhr

Diese Tradition lebt: der Maitanz. Das Foto stammt vom diesjährigen Maibaumaufstellen in Steingriff. Hier wird deutlich, dass auch junge Leute die Tradition mit Freude weitertragen. - Foto: M. Schalk

Schrobenhausen (SZ) Brauchtum - ein Begriff, der breitgefächert ist. Wer denkt mit Tracht und Musik allein sei es getan, der irrt. Auch Bräuche und seltene Traditionen prägen die bayerische Kultur - im Hier und Jetzt und im Schrobenhausener Land.

"Verstärkt verbreitet bei uns im Schrobenhausener Land ist das Maibaumaufstellen", erzählt die Gattin von Kreisheimatpfleger Hans Hammer, Gertraud Hammer. Bei dieser Tradition sei es am deutlichsten spürbar, dass sie noch aktiv gelebt wird. Fast jedes Dorf, egal wie groß, stellt einen Baum auf und oft wird dann noch dazu getanzt. "Unser Brauchtum hängt halt ganz eng mit den christlichen Festen zusammen", erklärt Hans Hammer. Logisch, denn der erste Mai ist ja auch ein kirchlicher Feiertag.

Trotz großer kirchlicher Feierlichkeiten bedeutet das nicht, dass diese dann auch gleichermaßen in den Familien begangen werden. "Für mich ist zum Beispiel auch das Eiersuchen an Ostern eine Art Tradition", sagt Gertraud Hammer. Die Kinder hätten dabei solch große Freude, dass man merke, wie dieser Brauch lebt. Manche Traditionen haben sich aber auch gewandelt. "Früher bei Fronleichnamsprozessionen waren alle Bäume kahl gerupft, weil jeder die Zweige mit heimgenommen hat" sagt Hans Hammer. Dies sei heute gar nicht mehr so.

Und noch eine alte Tradition gibt es, die nicht mehr so viel Aufmerksamkeit bekommt, wie sie sie früher einmal bekam: Wer beim Schrannenfest oder erst beim Aufstellen der Maibäume die Blicke etwas schweifen lässt, wird sie gesehen haben, die Volkstänzer. "Heute mehr denn je müssen wir zeigen, dass wir da sind", definiert Hans Hammer als klare Botschaft. Auch mit regelmäßig organisierten Tanztagen im Haus im Moos in Kleinhohenried zeigen Hans und Gertraud Hammer Präsenz. Neben regionalen Tänzen werden dabei auch überregionale Varianten getanzt. "Auch gerade junge Menschen sind eingeladen, daran teilzunehmen", betont Hans Hammer. Nur so könne der Volkstanz auch in Zukunft weiterleben.

Die Ursachen für das Abflauen der Traditionen und Bräuche sind vielfältig. "Grundlegendes Problem ist die Übersättigung der Gesellschaft", ist Hans Hammer überzeugt. Wenn er zurückdenkt - früher wäre es einfach selbsterklärend gewesen, dass man bei jedem Fest dabei ist. "Damals bei einem Keglertreffen sind 15 000 Menschen in Schrobenhausen zusammengekommen", sagt Hammer. Dieser Geist würde heute fehlen.

Die einzige Möglichkeit, gegen das Aussterben von Traditionen vorzugehen: diese mit allen Möglichkeiten aufrechterhalten. Beispielhaft sind dabei die Wallfahrtsprozessionen am Ostermontag, die Ernst Schusser, der Leiter des Volksmusikarchivs, jährlich organisiert. "Wir sind mal in Maria Beinberg mitgelaufen, es war eine ganz besondere Atmosphäre", erinnert sich das Ehepaar. Sie wären damals von Kreuz zu Kreuz gezogen, und hätten bei jedem Halt gemacht und wunderschöne volkstümliche Lieder gesungen. "Man kommt einfach zur Ruhe", beschreibt es Gertraud Hammer. Dies wäre gerade heute in einer besonders stressgeladenen Zeit, ein guter Ausgleich.

Historisch gesehen ist Schrobenhausen auch in der Faschingszeit besonders aktiv. "Früher hatte jeder Verein seinen eigenen Faschingsball", erinnert sich Hans Hammer. Diese Entwicklung sei aber im Laufe der Zeit leider abgeflaut. Vereine haben sich zusammengeschlossen und somit hätten sich auch die Veranstaltungen reduziert. "Maschkara gibt es fast keine mehr, außer Kinder vielleicht", stellt Gertraud Hammer ernüchternd fest. Erwachsene würde man dabei "leider fast gar nicht mehr sehen".

Doch trotz allem sehen Hans und Gertraud Hammer das Schrobenhausener Land als Lichtblick in Sachen Traditionen. "Bei aller berechtigten Kritik von Schrobenhausen über Aichach bis hin ins Dachauer Land, die Kultur bei uns lebt", resümiert Hans Hammer. Es würde eben nicht wie in den Alpen dieses "Seppel-Image", wie er es nennt, gefördert. "Im Gegensatz braucht es aber auch keine Leitkultur oder so irgendetwas", stellt er klar. Kulturen dürfe man untereinander einfach nicht gleichsetzen. Denn letztlich, so Hans Hammer, ist es doch ganz einfach: "Heimat ist dort, wo man sich wohlfühlt!"

Mit diesem Teil endet unsere Serie "Brauchtum bei uns". Ein herzlicher Dank geht an Hans und Gertraud Hammer, die ihr umfangreiches Wissen mit der Schrobenhausener Zeitung und ihren Lesern geteilt haben.