Schrobenhausen
Bankenhochzeit: Die Braut sagt Nein

16.04.2010 | Stand 03.12.2020, 4:06 Uhr

Voll besetzt war der Pfarrsaal von St. Jakob am Donnerstagabend bei der Mitgliederversammlung der Raiffeisenbank Schrobenhausen. Die Abstimmung über den Verschmelzungsvertrag mit der Raiffeisen-Volksbank Neuburg erfolgte nicht durch das Heben der orangefarbenen Karten, sondern in geheimer Wahl. - Fotos: Wöhrle

Schrobenhausen (SZ) Es war ein langer Abend für die Mitglieder der Raiffeisenbank Schrobenhausen. Erst um 23 Uhr wurde über die angestrebte Verschmelzung mit der Raiffeisen-Volksbank Neuburg abgestimmt. Mit überraschend eindeutigem Ergebnis: 48 Prozent der Vertreter votierten mit Nein.

Mit über 250 Teilnehmern war der Pfarrsaal bei der Vertreterversammlung der Raiffeisenbank Schrobenhausen am Donnerstagabend voll besetzt. Neben 90 stimmberechtigten Vertretern – von insgesamt 105 – waren zahlreiche Mitglieder, interessierte Zuschauer, politische Mandatsträger, die Belegschaft der Schrobenhausener Bank sowie Vorstand und Aufsichtsräte der beiden fusionswilligen Geldinstitute zu dem mit Spannung erwarteten Abend erschienen.

Eine erste Einschätzung der Stimmungslage im Saal erlaubten die turnusmäßigen Wahlen zum Aufsichtsrat, die unmittelbar nach den Berichten des Vorstands und des Aufsichtsrats auf der Tagesordnung standen. Nachdem Vorstand Dieter Wagner den Aufsichtsratsvorsitzenden Hartmut Beutler sowie die Aufsichtsräte Wilhelm Hörmann (Gärtnermeister aus Schrobenhausen) und Johann Lippert (Betriebsleiter aus Echsheim) zur Wiederwahl empfohlen hatte, ergriffen zwei Mitgliedervertreter das Wort und schlugen Franz Mühlpointer (Bauleiter aus Sandizell) und Bruno Hieber (Herstellungsleiter aus Pöttmes) vor. Noch bevor die beiden Gelegenheit bekamen, sich der Versammlung vorzustellen, wies Vorstand Wagner darauf hin, dass Aufsichtsräte eine "fachliche und persönliche Eignung und Qualifizierung aufweisen müssen".

Die anschließende geheime Wahl brachte das erste Überraschungsergebnis des Abends. Zwar änderte sich nichts an der Zusammensetzung des Aufsichtsrats; die beiden zusätzlich vorgeschlagenen Kandidaten schafften den Sprung in das Gremium nicht. Doch der in Schrobenhausen nahezu unbekannte Mitgliedervertreter Hieber aus Pöttmes schnitt mit 35 Stimmen erstaunlich gut ab, während Aufsichtsratschef Beutler mit 63 Stimmen nicht gerade ein Traumergebnis erzielte. Für Mühlpointner stimmten 40 Vertreter.

Vor der einigermaßen fair geführten Diskussion betonte Vorstand Carlhans Hofstetter noch einmal, wie wichtig die Fusion für seine Bank – unter anderem aufgrund schärferer Regularien – sei. Sie führe außerdem zu einer Bündelung der Kräfte auf Landkreisebene. Die Möglichkeit zu einer Verschmelzung mit der Volksbank-Raiffeisen Neuburg sei nur jetzt und nur für kurze Zeit gegeben, es gebe keine Alternative. "So eine Tür ist auch ganz schnell mal wieder zu", sagte Hofstetter. In diese Richtung argumentierten auch Aufsichtsratschef Beutler und Roland Weigert, der betonte, nicht als Landrat, sondern als Mitgliedervertreter an der Versammlung teilzunehmen.

Als Gegner der Fusion traten Franz Mühlpointner und Bruno Hieber auf. Mühlpointner kritisierte, dass der zuvor verlesene Verschmelzungsvertrag zu vage gehalten sei, dass die Vorstände die Machbarkeitsstudie einer externen Beratungsfirma zurückgehalten hätten und dass die Interessen der Bankmitarbeiter zu wenig berücksichtigt worden seien. Bruno Hieber wollte wissen, worauf die "horrenden Altersrückstellungen" in Höhe von über 5,9 Millionen Euro bei der Raiffeisen-Volksbank Neuburg zurückzuführen seien – eine Antwort darauf bekam er von der versammelten Neuburger Führungsriege nicht. Statt dessen erklärte der Schrobenhausener Aufsichtsratschef: "Es wird ja eine Prüfung vom Genossenschaftsverband gemacht und die werden es schon richtig machen – für Neuburg auch."

Erst um 23 Uhr wurde zur geheimen Abstimmung aufgerufen. Das Ergebnis fiel eindeutig aus: 46 Vertreter stimmten für die Fusion und 43 dagegen; einer enthielt sich der Stimme. Das entspricht einer Zustimmung von 52 Prozent. Mindestens 75 Prozent wären nötig gewesen, um die Fusion weiter voranzutreiben.

Die allgemeine Überraschung über das Votum drückte sich in einer sekundenlangen Stille aus. Nachdem die Schrobenhausener Vorstände sich wieder gefangen und kurz mit dem Chef des Aufsichtsrats beraten hatten, teilte dieser mit, dass auf eine zweite Abstimmung verzichtet werde. Dann allerdings brach bei Beutler die Enttäuschung durch. "Schade für mich", sagte er und fügte hinzu: "Die was von dem Geschäft verstehen, verstehen die Dramatik. Die davon nichts verstehen, die verstehen sowieso nichts."