Schrobenhausen
Frau Schön ist ganz schön wach

60 MINUTEN. HEUTE: Von 3 bis 4 Uhr

25.08.2016 | Stand 02.12.2020, 19:23 Uhr

Sie bringt nichts aus der Ruhe: Schwester Karin Schön hat Nachtdienst im Krankenhaus. Da erlebt man so einiges. - Foto: Straßer

Schrobenhausen (SZ) Das Neonlicht im Krankenhaus hat dieselbe Farbe wie tagsüber. In der Luft hängt der gleiche, sterile Geruch. Nur, dass kein Gewusel herrscht, die krankenhausbettbreiten Flure sind leer. Wer um drei Uhr nachts medizinische Versorgung benötigt, kann Schwester Karin Schön, die zusammen mit zwei Ärztinnen Bereitschaftsdienst in der Notaufnahme hat, aus dem Schlaf klingeln.

Dann kommt sie um die Ecke: "Guten Morgen", ruft Schwester Karin Schön. Verwirrter Blick zur Uhr. Es ist mitten in der Nacht! Die Krankenschwester sieht jedoch tatsächlich aus wie frischer Morgentau. Ihre Wangen haben ein gesundes Rosa, die Augen zwinkern fröhlich und völlig unzerknittert. Und das, obwohl sie mutmaßlich gerade aus dem Bett kommt. Denn die Nachtschicht in der Notaufnahme des Schrobenhausener Krankenhaus ist genau genommen ein Bereitschaftsdienst. Das bedeutet: Das Personal schläft, bis ein Patient kommt.

"Ich bin immer sofort wach", sagt die Schwester munter. Obwohl sie keine Nachteule ist, wie sie verrät. Eher ein Morgenmensch. Dafür ist sie "Krankenschwester mit Leib und Seele". Seit sie mit 16 Jahren beim Rettungssanitätsdienst mitgefahren ist, hat Schwester Karin Schön die ganze Rettungskette mitgemacht: Krankenwagen, Notaufnahme zu jeder Tages- und Nachtzeit.

Wer sie nachts im Schrobenhausener Krankenhaus aufsucht, begibt sich in verantwortungsvolle Hände. Auch in der Landeshauptstadt hat sie schon in der Klinik gearbeitet. "Das ist natürlich High Life, in München", erzählt sie, "im Gegensatz zu Schrobenhausen." Denn zwischen drei und vier Uhr ist die Notaufnahme hier wie ausgestorben, das ist jetzt aber positiv gemeint.

Diese Nacht bildet da keine Ausnahme. "Die meisten Leute kommen um halb fünf, fünf wieder", erklärt die Nachtschwester. Das ist anscheinend die Zeit, zu der die Menschen entscheiden, dass sie die Schmerzen doch nicht mehr aushalten.

Wenn jetzt einer käme, wäre alles bereit: Eine Chirurgin und eine Internistin wären sofort zur Stelle. Der Patient könnte umgehend behandelt werden. Das ist oft genug nötig. Bei nächtlichen Unfällen zum Beispiel. Und es ist überhaupt nicht planbar. Manchmal ist und bleibt es ruhig, manchmal aber eben auch nicht.

"Ganz piano", wie Schwester Karin diese Betriebslosigkeit auf den hell erleuchteten Gängen im Schrobenhausener Krankenhaus beschreibt, geht es also nur zu bestimmten Zeiten zu. Manchmal klingelt es alle fünf Minuten. Da hat sie sich einmal im Bett umgedreht, und schon muss sie wieder aufstehen. "So 15 Patienten haben wir pro Nacht", sagt sie. Große Sachen, kleine Sachen. Mal ernst, mal harmlos. Alles dabei.

Sie lässt sich immer noch keine Spur von Müdigkeit anmerken. Bemerkenswert, wenn man bedenkt, dass sie seit zwanzig Jahren unregelmäßigen Schichtdienst arbeitet und zwei Kinder hat. Und nebenbei gibt sie auch noch Erste-Hilfe-Kurse. Weil das ihr Fachgebiet ist. Weil sie sich auskennt. Und weil sie das, was sie macht, ganz offensichtlich sehr gerne tut. Ein "Schrobenhausener Mädel" nennt Schwester Karin Schön sich selber - ganz offensichtlich hat sie ein Herz für die Schrobenhausener.

 

Zwölf Geschichten aus dem Schrobenhausener Raum, von 18 bis 6 Uhr - sozusagen erzählt im Stundentakt. Diesmal haben wir uns in der Serie eine Nacht vorgenommen, getreu dem Motto: "Schlaflos in Schrobenhausen".