Schrobenhausen
Aber es brummt ned, brummt ned

60 MINUTEN. HEUTE: Von 1 bis 2 Uhr

23.08.2016 | Stand 02.12.2020, 19:24 Uhr

Der nächste Bus kommt erst in dreieinhalb Stunden. Trotzdem ist auch zwischen eins und zwei am Busbahnhof was los. - Foto: Straßer

Schrobenhausen (SZ) "I woat auf des Brummen von am Mercedes Diesel, oba es brummt net." Es war die Band DÖF, die das einst gesungen hat, und so ist es auch jetzt. Dreieinhalb Stunden bis zum nächsten Bus. Die große Anzeigentafel, die die Wartenden darüber informiert, wie lange sie noch warten müssen, ist ausgeschaltet.

Weil es nichts gibt, worauf man warten könnte, hier am Busbahnhof.

Wobei, so ganz stimmt das nicht. Nebenan auf dem Parkplatz ist ein Schwung Jugendlicher mit seinen teils tiefergelegten Kisten, das Abblendlicht ist an und die Motoren aus. Sie warten vermutlich auf Action. Leises Gelächter dringt herüber. Der Busbahnhof ist bekanntlich seit Jahrzehnten ein beliebter Treffpunkt für Nachtschwärmer.

Hier geht es zeitweise ganz schön ab. Lebensgroße Puppen wurden hier schon verbrannt, unschickliche Videos gedreht und auf digitalen Smartphonewegen getauscht und verbreitet, es gab hier schon durchaus wilde Partys.

Heute nicht. Klar, es sind Sommerferien. Trotzdem ist erstaunlich viel los, zu der an sich nachtschlafenden Zeit. Auf den Bänken hocken ein paar Smartphoneswyper in der typischen Haltung, die früher oder später zu genetischen Anpassungen der Menschheit führen könnte, wenn das so weitergeht. Langer, geknickter Hals. Offensichtlich sind sie halb gelangweilt, sie reißen sich nämlich geradezu darum, die Zeitungsuhr in die Höhe zu halten, sind froh über die Abwechslung.

Einer kommt aus Afghanistan, er ist erst seit ein paar Monaten in der Stadt, kann ein paar Floskeln radebrechen, der Sprachkurs läuft. Für recht viel mehr reicht es nicht, mit Englisch ist es auch nichts, und umgekehrt ist es um die Arabischkenntnisse auch nicht besonders gut bestellt - wird also nichts mit Smalltalk über die Hitze der Nacht und das Leben an sich oder auch im Besonderen. So bleibt nicht viel übrig, außer einer kurzen Kommunikation unter Zuhilfenahme der Hände und ausufernder Mimik. Hätte nett werden können.

Auch hier, am Busbahnhof ist das Unscheinbare manchmal das Besondere. Tatsächlich steht hier noch ein Relikt aus ganz alten Zeiten - ein öffentliches Telefon. Ohne Zelle, die gibt es schon lang nicht mehr, und zumeist roch es darin ja auch nicht gerade appetitlich. Dafür gab es immer dieses Hängesystem mit den dicken Telefonbüchern mit Hunderttausenden Durchwahlen hinein in die Wohnstuben der Menschen. Hier hängt einfach nur ein magentafarbener Hörer, er ist voller Spinnweben.

Viel wichtiger als das Telefon ist eh das, was drüber steht: "Hot Spot" - also: direkter Zugang ins Internet, und das ist wohl auch der Grund, warum all die Leute mit ihren Smartphones hier sind.

Alle zwei Minuten fährt ein Auto vorbei, ab und an auch noch ein Radfahrer, es ist doch erstaunlich, dass es unter der Woche in den Ferien auch um diese Zeit durchaus noch Betrieb gibt. Nur busmäßig ist halt nicht viel los. Das alte Lied: Der öffentliche Personennahverkehr im ländlichen Raum. Ohne eigenes Auto von A nach B zu kommen, zumal, wenn Termine vereinbart sind, ist nicht allzu einfach. Aber das sind Themen für den Tag, und nicht für die Nacht.

Hinten geben die Nachtschwärmer Gas. Auch für sie ist jetzt eher Zeit fürs Bett als für Action.

 

Zwölf Geschichten aus dem Schrobenhausener Raum, von 18 bis 6 Uhr - sozusagen erzählt im Stundentakt. Diesmal haben wir uns also eine Nacht vorgenommen, getreu dem Motto: "Schlaflos in Schrobenhausen".