Scheyern
Spanneraffäre beschäftigt Landgericht

Nächste Instanz: Scheyerns Ex-Bürgermeister Albert Müller steht nächsten Donnerstag vor der 25. Strafkammer

22.08.2014 | Stand 02.12.2020, 22:19 Uhr

Anwältin Regina Rick sieht keine Rechtsgrundlage für die Verurteilung ihres Mandanten Albert Müller durch einen Münchner Amtsrichter. Bleibt abzuwarten, ob die nächste Instanz, die 25. Strafkammer des Landgerichts München I, ihre Sicht der Dinge teilt. Arch - foto: Ermert

Scheyern (SZ) Im März hat Manfred Sterz den Chefsessel im Scheyerer Rathaus erobert. Sein lange Zeit suspendierter Vorgänger Albert Müller spielte bei der Bürgermeisterwahl keine Rolle mehr. Er hat sich weitgehend aus der Öffentlichkeit zurückgezogen.

Doch jetzt rückt er wieder ins Rampenlicht: Am nächsten Donnerstag ab 15 Uhr befasst sich im Sitzungssaal A 208 die 25. Strafkammer des Landgerichts München I mit den seltsamen Umtrieben des ehemaligen Bürgermeisters – der Spanneraffäre.

Der Ex-Rathauschef wurde am 11. März – ausgerechnet in der Woche vor der Kommunalwahl – vom Münchner Amtsrichter Thomas Müller wegen Beleidigung, Widerstand gegen Beamte und Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 5250 Euro verurteilt. Der Richter ahndete damit einen Auftritt Müllers am 20. Juni 2013 im Stachus-Untergeschoss, der bayernweit für Schlagzeilen gesorgt hatte: Der Kommunalpolitiker wurde damals auf frischer Tat ertappt, als er Frauen auf einer Rolltreppe mit seiner Digitalkamera unter die Röcke fotografierte. Der Verkäufer einer Obdachlosenzeitung beobachtete diese Vorgänge und alarmierte die Polizei. Vier Beamte rückten an und nahmen Müller fest, der allerdings erheblichen Widerstand leistete und einen Polizisten verletzte. Als Quittung bekam der Scheyerer einen Strafbefehl über 5250 Euro, den er aber nicht akzeptierte. Es kam zur Verhandlung vor dem Münchner Amtsgericht, wo seine Anwältin Regina Rick darauf pochte, dass Müllers Vorgehensweise – auch wenn alle gegen ihn erhobenen Vorwürfe zutreffen würden – schlicht nicht den ihm zur Last gelegten Straftatbestand der Beleidigung erfülle. Dies sei ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes und in einem fast identischen Fall habe auch das Oberlandesgericht Nürnberg so entschieden. Diese Rechtsauffassung der Anwältin teilte der Münchner Amtsrichter Thomas Müller freilich ganz und gar nicht. Er sprach den Ex-Bürgermeister in allen Punkten schuldig und stufte die Argumentation der Anwältin als „weit am realen Leben vorbei“ ein. Mit einer Geldstrafe von 5250 Euro blieb das Gericht auf dem Niveau des zuvor ergangenen Strafbefehls.

Weder Müllers Verteidigerin, noch die Staatsanwaltschaft waren – wenn auch aus unterschiedlichen Gründen – mit diesem Urteil zufrieden. Die Münchner Staatsanwaltschaft habe in vergleichbaren Fällen stets die Verfahren eingestellt, erklärte Regina Rick nach dem Prozess gegenüber der SZ. Es könne also nicht angehen, dass ihr Mandant für etwas bestraft werde, „was bei anderen als nicht strafbar angesehen wird“. Die Anwältin legte Rechtsmittel ein, rief die nächste Instanz an und Gleiches galt für die Staatsanwaltschaft. Sie hielt laut ihrem Sprecher Thomas Steinkraus-Koch eine höhere Geldstrafe für angebracht, weil Müller kein Geständnis ablegte. So hat sich jetzt die 25. Strafkammer mit der Frage zu beschäftigen, ob es strafbar oder straffrei ist, Frauen unter die Röcke zu fotografieren. Die Landshuter Staatsanwaltschaft, die Müller vor fünf Jahren im Visier hatte, weil er im Verdacht stand, sich auf einer Damentoilette an der Autobahn als Spanner betätigt zu haben, stellte damals das Ermittlungsverfahren ein. Die Begründung: Es liege kein Straftatbestand der Beleidigung vor.