Sandizell
In China brach ihre Krankheit aus

SZ TRIFFT Sandra Roth aus Sandizell, die unter dem Lipödem leidet und über diese kaum bekannte Erkrankung aufklären möchte

07.11.2016 | Stand 02.12.2020, 19:05 Uhr

Foto: Eleonore Wöhrle

Sandizell (SZ) Wer Sandra Roth trifft, kann sich nicht vorstellen, dass sie an einer rätselhaften Krankheit leidet. Die strahlende junge Frau hat das Lipödem, eine Fettverteilungsstörung, die nach heutigem Stand nicht heilbar ist. Die Erkrankung brach aus, als sie weit weg von zu Hause war.

Seit der Pubertät hatte Sandra Roth immer wieder einmal das Gefühl, dass mit ihrem Körper irgendetwas nicht stimmt. Beim Sport war sie oft nicht so leistungsfähig wie die anderen Jugendlichen. Morgens beim Aufstehen fühlte sie sich manchmal erschöpft, obwohl sie die Nacht durchgeschlafen hatte. In späteren Jahren spürte sie immer wieder einmal eine Schwere in den Beinen, die sie sich nicht erklären konnte. An eine unheilbare Krankheit, die dahinter stecken könnte, dachte sie verständlicherweise nie.

Im Frühling des vergangenen Jahres brach Sandra Roth zusammen mit ihrem Mann, der für das Schrobenhausener Unternehmen Bauer arbeitet, ihre Zelte in Deutschland ab und ging nach China. Ihr Mann wechselte als Entwicklungsingenieur zur Bauer Far East Group mit Sitz in Tianjin, einer Millionenstadt am chinesischen Meer. Sandra Roth, die ausgebildete Musiklehrerin ist, steckte beruflich zurück und hatte dadurch viel Zeit für sich - Zeit, die sie gerne beim Sport verbrachte. Doch statt ihre Fitness zu steigern, bewirkte die 29-Jährige damit genau das Gegenteil. Das Übermaß an Bewegung brachte ihre Erkrankung erst zum Ausbruch. Sandra Roths Beine wurden dicker und begannen zu schmerzen. Sie hat schon immer auf eine gesunde Ernährung Wert gelegt, doch jetzt begann sie noch bewusster zu essen. Doch auch das half nichts. Kein Wunder, schließlich entsteht das Lipödem nicht durch Übergewicht und lässt sich deshalb auch nicht durch Diäten beeinflussen.

Erst ein Artikel über eine Lipödem-Patientin aus Niederscheyern, der Ende August in der Schrobenhausener Zeitung erschien und auf den sie von ihrem Vater hingewiesen wurde, brachte Sandra Roth auf die richtige Fährte. Mittlerweile ist sie nach Deutschland zurückgekehrt und ist bereits bei einem Facharzt in München in Behandlung, der bei ihr Lipödem im ersten bis zweiten Stadium diagnostiziert hat. Sie und ihr Mann sind dankbar für die Unterstützung und den Rückhalt, den sie durch die Firma Bauer erhalten haben. Denn neben der Diagnose traf Sandra Roth gleich der nächste Schock: Die private Krankenkasse, die das Ehepaar für den Auslandsaufenthalt abschließen musste, kündigte ihr die Mitgliedschaft auf. Immerhin: Zurück in Deutschland kann Sandra Roth wieder in eine gesetzliche Krankenkasse eintreten - doch ob diese die Kosten für eine Operation übernimmt, ist fraglich. Denn bislang bezahlen die Kassen nur für eine konservative Behandlung, also für Lymphdrainagen und Entwässerungstabletten.

"Man steht ziemlich allein da, man fühlt sich alleingelassen", beschreibt Sandra Roth das Gefühl, mit dem sie den Kampf gegen ihre Krankheit und für eine bessere Behandlung in Angriff nimmt. Ein wichtiges Ziel für sie ist es auch, die Erkrankung bekannter zu machen. Denn noch immer wird das Lipödem bei vielen Betroffenen oft viel zu spät erkannt.