Sandizell
Polit-Neuling mit Vorliebe für Metal-Rock

SZ TRIFFT die 23-jährige Arabella Wintermayr aus Sandizell, die Geschäftsführerin der Grünen im Kreisverband Potsdam ist

08.06.2017 | Stand 02.12.2020, 17:59 Uhr

Wer als junger Mensch das Privileg genießt, in der wohlhabenden westlichen Welt aufzuwachsen, sollte zumindest versuchen, für mehr Gerechtigkeit zu streiten, findet Arabella Wintermayr. - Foto: Maria Aragon

Sandizell / Potsdam (SZ) "Jung, weiblich, sie ist ein typisches Neumitglied", kündigt das ZDF Arabella Wintermayr im Magazin "Berlin direkt" in einem Beitrag zum Thema "Repolitisierung Deutschlands" an. Die 23-Jährige ist Geschäftsführerin der Grünen im Kreisverband Potsdam. Fünf Jahre ist es her, dass sie das Schrobenhausener Gymnasium und damit auch das heimatliche San-dizell verließ - und so ihr Leben komplett umkrempelte.

"Seit ich Abitur gemacht habe, bin ich ein ganz anderer Mensch", sagt Arabella Wintermayr. So sei sie früher beispielsweise "komplett unpolitisch" gewesen. Jetzt hingegen habe sie Interesse für Politik, Philosophie und für das Weltgeschehen. Erst mal grob in Richtung Berlin sollte es nach dem Ende der Schulzeit gehen. "Ich habe das Studium mehr von der Stadt abhängig gemacht", gesteht sie. Dass es das Bachelorstudium "Politik und Verwaltung" mit Nebenfach Geschichte wurde - derzeit ist sie Master-Studentin an der FU Berlin -, sei dann eher "ein Glückstreffer" gewesen. Glück vor allem deshalb, weil "meine Intuition zufällig die richtige war", freut sich Wintermayr.

Es kam das Interesse, sich auch jenseits des Studiums zu engagieren - und schließlich der Einstieg bei den Grünen, der über ein Praktikum verlief. "Nein", wiegelt Arabella Wintermayr vehement ab, nie habe sie mit einer anderen Partei geliebäugelt. Da zwar eher im linken Flügel unterwegs, "aber es waren immer die Grünen."

Politisch sind Arabella Wintermayr Themen wie globale Gerechtigkeit - speziell auch Menschenrechte in der Wirtschaftspolitik - wichtig. "Ein Herzensthema von mir ist, dass Deutschland als Industriestaat in relativem Wohlstand lebt, dafür aber teilweise Arbeiter im globalen Süden ausbeutet", erzählt Wintermayr, sie möchte dabei helfen, ein Bewusstsein dafür zu schaffen und gegen diese Missstände vorzugehen. Kein reiner Selbstläufer bei einer Partei, deren Hauptaugenmerk eher auf Deutschland liegt. Hoffnungen macht sich Arabella Wintermayr auf den Bundestagswahlkampf: "Im Wahlprogramm der Grünen liegt der Fokus mehr auf sozialer Gerechtigkeit; ich hoffe, dass ich im Wahlkampf mehr mit dem Thema arbeiten kann."

Auch wenn Potsdam eine ganze Ecke entfernt liegt, wirft Arabella Wintermayr ab und an auch von der Wahlheimat aus ein Auge auf das politische Geschehen in der bayerischen Heimat, stöbert beispielsweise durch die Facebook-Gruppe "Schrobenhausen". Freilich stelle die keinen objektiven Spiegel der Gesellschaft dar, ist ihr bewusst, die kontroverseren Themen, beispielsweise die Debatten um Geflüchtete in Schrobenhausen - "der Hass gegenüber Fremden, der einem dort entgegenschlägt, verwundert mich regelmäßig" - bekomme man aber durchaus mit, findet Wintermayr. Apropos Facebook: Wer einen Blick auf ihr Profil wirft, trifft da auf Namen wie Freddy Mercury, Marilyn Manson oder auf die Rocky Horror Picture Show. "Ich hab 'nen relativ ungewöhnlichen Musikgeschmack", ist sich Arabella Wintermayr bewusst. "Rammstein, Marilyn Manson, das sind so meine Lieblingsbands; alles, was in die Metal-Rock-Richtung geht." Wenn sie sich mal eine Auszeit von Studium oder Politik gönnt, dann tingelt die 23-Jährige gern mal durch Festivals oder besucht Konzerte; aber auch für Kino und Literatur interessiert sie sich. Wie ihr politischer Werdegang weiter verlaufen wird - eine klare Marschroute hat sich Arabella Wintermayr da nicht vorgegeben. Das alles müsse gar nicht zwangsläufig auf die Partei beschränkt sein. "Ich mag Parteiarbeit gern, werde das auch weiterführen, beispielsweise in Arbeitsgemeinschaften", sagt sie. Wahrscheinlicher aber ist, dass es sie beruflich zu einer Menschenrechtsorganisation verschlägt. Mitgestalten, Dinge zum Bessern wenden, das ist es, was sie an der Politik so fasziniert. "Wenn man aufwächst, grade in Schrobenhausen, wo ich als junger Mensch nicht viel mit Politik in Berührung kam, hat man das Gefühl, Politik ist eine kleine Elite - und die bestimmt." Im Studium machte es dann irgendwann Klick: "Da habe ich gesehen: Es gibt hunderttausend Möglichkeiten, sich zu engagieren und seine eigene Meinung einzubringen." Mehr noch: "Als junge Menschen, die das Privileg genießen, in der wohlhabenden westlichen Welt aufzuwachsen, ist es gewissermaßen eine Pflicht, durch eigenes Mitmischen zumindest zu versuchen, für mehr Gerechtigkeit zu streiten."

Deshalb auch der Tipp, den Arabella Wintermayr jungen Leuten mitgibt: "Ich ermuntere jeden, auch mal über den Tellerrand zu blicken und nicht nur in Schrobenhausen oder Bayern zu bleiben - denn da öffnen sich ganz andere Wege und Denkmuster."