Sandizell
Auf der Zielgeraden zum Happy End

Der Sandizeller Porzellanfabrikant Peter Werner denkt allmählich ans Aufhören

22.08.2017 | Stand 02.12.2020, 17:37 Uhr

Foto: Ute de Pascale

Sandizell (SZ) Vielleicht würde er "Reine Chefsache" heißen; oder "Die Peter-Werner-Story": Wenn Peter Werner auf sein Berufsleben in seiner Sandizeller Porzellanmanufaktur zurückblickt, dann läuft ein Film in seinem Kopf ab. Der neigt sich allmählich gen Ende. Denn der 65-Jährige denkt ans Aufhören.

"Der Anfang war sehr leicht, der Schluss ist bedeutend schwieriger", sagt Peter Werner. Schon deshalb, weil er den genauen Zeitpunkt, um sein Berufsleben an den Nagel zu hängen, nicht bestimmen könne. Schließlich müssten die nötigen Voraussetzungen erst noch geschaffen werden: betriebswirtschaftliche wie -technische, finanzielle wie steuerliche. Und last, but not least wären da ja auch die Kunden, die Peter Werner auf keinen Fall im Stich lassen möchte. Tatsächlich wirkt in seinem Betrieb auch noch überhaupt nichts so, als stünde der Besitzer kurz vor dem Ruhestand. Porzellanfiguren tummeln sich hier, immer wieder klingelt das Telefon, kommen Bestellungen rein. Von Langeweile keine Spur - eben wie in einem guten Film.

Damit vergleicht Peter Werner sein Selbstständigendasein auch: "Du musst das Drehbuch selber schreiben, Regisseur sein, die Hauptrolle spielen, Nebenrollen so gut wie möglich besetzen." Krank werden sollte man tunlichst nicht. Dafür aber "sozial eingestellt bleiben, gerecht sein in allen Belangen." Zeit für die Familie sollte selbstverständlich auch noch sein - was nicht immer klappte. Und bei alledem "sollte man immer gut gelaunt sein, die Kunden nicht anpflaumen." Zeit für einen selbst? Die bleibt zu allervorderst auf der Strecke - die eine oder andere schlaflose Nacht hingegen ist gesetzt. "Auch sollten während der Dreharbeiten die Finanzen nicht ausgehen, sonst könnte man den Film schließlich nicht zu Ende drehen", sagt Werner. Wird der Streifen kein Erfolg, heißt es: 'Das geschieht ihm recht!'" Hat er Erfolg, ruft das Neider auf den Plan. Oder Leute, die die Ideen kopieren. Sogar die eigenen Modelle wurden Peter Werner - mit Löchern, Rissen, grob gearbeitet und zu Dumpingpreisen - angeboten. "Da haut's dir den Vogel raus!", meint Werner kopfschüttelnd. Das Musterschutzregister liefert nur bedingten Schutz, ist auch nur für Deutschland relevant - ein internationales Patent wäre zu teuer.

Auch wenn seine Selbstständigkeit viel von einer "One-Man-Show" hatte, Werner auch die Zeichnungen selbst entwarf - komplett ohne Mitstreiter ging es nicht. Modelleure, die seine Ideen in Ton umsetzten, der Formenbauer, der freischaffende Maler, die Aushilfskräfte - sie alle spielten mehr oder weniger gewichtige Rollen in Peter Werners ganz persönlichem Blockbuster. Und noch jemand hatte einen kleinen Part inne: "In meinem Film konnte ich meine Mutter leider nur in einer kleinen Nebenrolle besetzen - aber immerhin", erzählt Peter Werner. Vor der Selbstständigkeit arbeitete er im elterlichen Betrieb, war hier zuständig für den Export. "Das Positive: Ich durfte fast ganz Europa und die Vereinigten Staaten bereisen; China war noch nicht die Wirtschaftsmacht wie heute", erinnert sich Werner. Das Negative: Irgendwann kam die Erkenntnis, "dass ich im elterlichen Betrieb keine Zukunft habe". Zu groß waren die familiären und Generations-Probleme. Mitte der 80er-Jahre kündigt er fristlos, macht sich selbstständig; zuerst in Schrobenhausen, später baut er seine Garage in Sandizell aus.

Als gelernter Industriekaufmann muss sich Peter Werner anfangs einiges an technischem Know-how erarbeiten. Ist er zu Beginn noch für große Brauereien tätig, verlagert sich das Geschäftsfeld später mehr in Richtung politische Schiene. Gemeinden werden beliefert, Städte, Landratsämter, Ministerien. Gar nicht mal so selten kommt er da den Promis aus Film und Fernsehen nah. Beim Politiker-Derblecken auf dem Nockherberg oder der Verleihung des Filmpreises zum Beispiel, beim Oktoberfestanstich mit dem Ministerpräsidenten, beim Neujahrsempfang mit Edmund Stoiber oder beim CSU-Ball im Deutschen Theater. Peter Werner lernt einflussreiche Leute kennen. Nicht nur, dass das zusammenschweißt - "es schützt auch das Produkt", weiß Werner. "Ich glaube, dass man nur erfolgreich sein kann, wenn man zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Ideen hat und die richtigen Leute kennenlernt." Und er sagt: "Man kann nur Gott danken für die Gesundheit und für die schönen Zeiten, die ich in meiner Firma erleben durfte."

Auch wenn es "für den Oskar nicht ganz reichte - im Großen und Ganzen war der Film erfolgreich", resümiert Werner. Eine Fortsetzung schließt er aus, zumindest was die eigene Familie betrifft. Die beiden Töchter sind in anderen Berufen unterwegs, auch die Schwiegersöhne.

An Aufträgen mangelt es seiner Manufaktur nicht. Die Erfolgsstory seiner Best-50-Löwen, die er seit 17 Jahren produziert, hält nach wie vor an. Und auch neue Ideen spuken Peter Werner durch den Kopf. In einem seiner jüngsten Projekte hat er den Kopf des Freisinger Wappens künstlerisch umgesetzt; und für den arabischen Markt einen Porzellanteller mit Wüstenmotiv kreiert. Weshalb er bei so vielen neuen Ideen überhaupt ans Aufhören denkt? "Aus Alters- und gesundheitlichen Gründen", gesteht der 65-Jährige. Ob die Fabrikation dann weitergeht? Möglich, dass sich ein Nachfolger findet. "Aber wir sind noch nicht in festen Verhandlungen", wiegelt Werner ab. Sind die in trockenen Tüchern - erst dann feiert Peter Werners Streifen ein Happy End.