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"Mir gefällt es saugut in der Moosmetropole"

13.02.2017 | Stand 02.12.2020, 18:39 Uhr

Afrikaner mit Liebe zum Freistaat: Der nigerianische Pfarrer Paul Igbo fühlt sich sichtlich wohl in Karlshuld. Seit gut einem Jahr betreut der 38-Jährige die Katholiken in der Donaumoosgemeinde und in Weichering. - Foto: Janda

Von Nigeria ins Donaumoos - dieser Wechsel fällt Paul Igbo nicht schwer. Der 38-jährige Pfarrer betreut seit gut einem Jahr die Pfarrei Karlshuld. Dabei schätzt er vor allem die herzliche Art der
Menschen. Obwohl Bayern doch ganz anders ist als seine Heimat.

Der Spagat zwischen seiner Heimat in Westafrika und seiner Wirkungsstätte mitten im Freistaat gelingt Paul Igbo ohne Mühe. Trachtenjacke und Hut trägt der Karlshulder längst ebenso selbstverständlich wie die Stammestracht aus Nigeria, die er hierzulande vorzugsweise im Fasching überstreift. "Mir gefällt es saugut in der Moosmetropole", sagt er mit einem Hauch bayrischer Würze und spielt augenzwinkernd mit dem Spitznamen von Karlshuld, das mit dem Nachbarort Weichering den Seelsorgebereich Igbos bildet. Der Afrikaner gilt in beiden Kommunen schon nach gut einem Jahr als volksnaher Priester, der gerne auch etwas Flair aus seiner Heimat verbreitet. Beim Pfarrfest im Sommer griff er am "Hau den Lukas"-Stand ebenso beherzt zum Hammer wie beim Pfarrfasching vor einem Jahr für ein paar Lieder zum Mikrofon.

Ein Loblied singt der 38-Jährige auch auf die Menschen in seiner Gemeinde. Die Nächstenliebe und den gegenseitigen Respekt der hiesigen Bevölkerung schätzt der Geistliche, der vor mittlerweile acht Jahren über seinen Orden, die Missionsgemeinschaft vom Heiligen Geist, nach Deutschland gekommen ist. "Und ich fühle mich wohl, das sind sehr nette und offene Leute", betont der Seelsorger, der in seiner Freizeit leidenschaftlich gerne ins Fitnessstudio geht. Das Klischee von den eigenbrötlerischen Moosbewohnern kann Igbo unterdessen nicht bestätigen. "Diese komischen Sachen habe ich vor meinem Wechsel hierher auch gehört, doch genau das Gegenteil ist der Fall." Dass ausgerechnet er, der Schwarzafrikaner, im Donaumoos seinen Dienst verrichtet, findet Igbo passend: "Die Erde ist schwarz, der Pfarrer auch, das passt doch gut."

Die Kirche, und darauf legt der Seelsorger großen Wert, soll aber auf keinen Fall auch noch schwarz werden. Vor allem nicht im Inneren. Weil dort der Weißton der Wandfarbe und auch der restliche Zustand der Einrichtung zu wünschen übrig lässt, hat der Geistliche bald nach seiner Ankunft in Karlshuld die Sanierung zum Aufgabenschwerpunkt erklärt. "Eine Mordsarbeit", wie er sagt. Igbo hofft, dass bald eine genaue Kostenschätzung vorliegt und dass die Arbeiten im nächsten Jahr beginnen können. Auch im Karlshulder Pfarrhaus sieht er Handlungsbedarf. Vor allem eine klare Trennung von Privat- und Büroräumen sei dort kaum möglich, klagt er.

Dass sich der Alltag in der Pfarreiengemeinschaft doch deutlich vom Leben in Nigeria unterscheidet, sieht der Seelsorger nicht als Nachteil. Das gilt auch für den dort viel höheren Stellenwert eines katholischen Pfarrers. "In Afrika spielt der Glaube eine wichtige Rolle im Alltag", erklärt er und nennt als Beispiele Gebete, die dort vor langen Busreisen ganz normal sind. "Auch die Gottesdienste sind viel besser besucht", erinnert er sich. Selbst am frühen Sonntagmorgen seien die Kirchen gerammelt voll - mit mehreren Tausend Menschen. "Und dann wird gesungen und getanzt, die Messen sind sehr lebendig, die Leute wollen 35 bis 40 Minuten Predigt hören." In Deutschland hingegen müsse er seine Botschaft in etwa acht Minuten vermitteln. Doch als Kritik will Igbo das nicht verstanden wissen. Genau das Gegenteil sei der Fall. "Hier spielen Nächstenliebe und soziales Engagement eine große Rolle", sagt er und betont: "Wenn die Menschen in Afrika so sehr aufeinander achten würden wie hier, dann wäre es der Himmel auf Erden." Doch stattdessen herrsche in seiner Heimat Korruption. Ein Beispiel: Erst vor einem Jahr hat der neue Präsident Muhammadu Buhari mehrere Tausend Regierungsmitarbeiter entlassen - weil es die Menschen, die auf den staatlichen Gehaltslisten standen, gar nicht gibt. Ein Umstand, der Igbo traurig stimmt.

Ihm selbst blieb ein ärmliches Leben in Nigeria erspart. "Weil mein Vater früh erkannt hat, wie wichtig Bildung ist", erinnert er sich. Als Missionare 100 Kilometer vom Heimatdorf der Familie entfernt eine Schule errichteten, nutzte Igbo senior die Chance und zog mit Frau und den neun Kindern dorthin. Später arbeitete auch der Sohn eng mit der Ordensgemeinschaft zusammen. "Wir waren viel unterwegs, um Kranke aus den Dörfern zu holen", berichtet er. Eine sehr anstrengende Arbeit, "aber eine sehr schöne, denn wir waren für die Leute da, für die die Regierung nichts tat". Erlebnisse, die den jungen Mann nachhaltig prägten und letztlich vom Dienst in der Kirche überzeugten.

Den karitativen Gedanken lebt der Karlshulder Pfarrer noch heute aus. In seinem Heimatort Naka gründete er 2014 eine Schule - "ein Herzensprojekt", wie Igbo betont. Und eines, für das auch aus Deutschland viele Spendengelder fließen. 600 Mädchen und Buben besuchen die nach seinem mittlerweile gestorbenen Vater Felix Makir Igbo benannte Einrichtung heute. "Die Pfarrei hier ist meine Braut. Und meine Kinder sind in Afrika", stellt er stolz fest.