Pöttmes
Keine Pille und kein Sex vor der Ehe

Missionarische Woche in Pöttmes mit sehr privaten Lebensgeschichten

25.02.2018 | Stand 02.12.2020, 16:46 Uhr

"Kirche und Sex" war das heiße Thema des Podiumsgesprächs im Rahmen der Missionarischen Woche in Pöttmes. Es diskutierten der Theologe Johannes Hartl vom Augsburger Gebetshaus, das katholische Ehepaar Hans-Peter und Lucia Hauser, die Studentin Veronika Halemba, Moderator Mathias Blum und Theologe Pascal Gläser vom Bischöflichen Jugendamt darüber, wie sich Lust und Glaube vereinen lassen (von links). - Foto: Dengler

Pöttmes (SZ) Heißen Gesprächsstoff brachten die fünf Teilnehmer des Podiumsgesprächs "Kirche & Sex" mit nach Pöttmes. Der Themenabend im Pöttmeser Kultursaal war ein weiterer Höhepunkt der Missionarischen Woche, die derzeit in der Pfarreiengemeinschaft stattfindet.

Wie Sexualität und Lust mit dem Glauben vereinbart werden können, war die große Leitfrage des Abends.

Aber auch Enthaltsamkeit vor der Ehe, Sexualität im Eheleben und Nachteile von unnatürlichen Verhütungsmitteln wurden im Laufe der Gesprächsrunde diskutiert. Locker und unverkrampft näherte sich Moderator Mathias Blum dem heiklen Thema. "Sex sells noch immer", scherzte er gleich zu Beginn und blickte in den vollen Kultursaal. Über 100 Zuhörer waren der Einladung gefolgt. Ob alleinstehend, frisch verliebt oder schon lange verheiratet: das Thema weckte das Interesse in jeder Altersklasse und bei jedem Geschlecht.

Ohne Umschweife richtete der Moderator seine direkten und sehr persönlichen Fragen an die Gäste. Die erste Frage stellte Blum an Veronika Halemba, die derzeit als Missionarin in Pöttmes unterwegs ist. Die 21-jährige Pädagogikstudentin lebt seit einem halben Jahr in einer festen Beziehung. Mit ihrem Freund hat sie aber noch nicht geschlafen, und das soll sich auch bis zur Ehe nicht ändern.

Wie sei es für ein junges Pärchen, auf Sexualität zu verzichten, wollte Blum wissen. Es sei sehr schwer und sie wolle heute Abend auch nicht die Heilige spielen, antwortete Halemba. Die Jugendarbeit in ihrer Münchener Heimatpfarrei habe sie aber dazu gebracht, bis zur Ehe enthaltsam zu leben. Ihr Freund und sie teilen die gleiche Meinung und seien beide bereit, bis zur Ehe zu warten. "Hätten wir nicht die gleiche Einstellung, würde das Warten noch schwerer fallen." Aber auch das könnte mit Gesprächen gelöst werden, glaubt die junge Frau. Bis zur Ehe enthaltsam zu leben, war aber nicht immer das Ziel von Halemba.

Zu Beginn ihrer Pubertät dachte sie noch, dass sie mit 18 ihr erstes Mal erleben möchte. Aber die Auseinandersetzung mit den Moralvorstellungen ihrer Kirche brachte die junge Frau von diesem Plan ab.

Die große Mehrheit ihrer Altersgenossen sammelte bereits sexuelle Erfahrungen, für Halemba sei aber die bewusste Enthaltsamkeit der richtige Weg. Und auch ihre Partnerschaft profitiere davon. Denn die Beziehung zu ihrem Freund könne durch den Verzicht besser wachsen. Statt Sex zu haben, reden sie miteinander und lernen sich so besser kennen.

Wie sich Sexualität in der Ehe leben lässt, schilderte das gläubige Ehepaar Lucia und Hans-Peter Hauser. Seit über 28 Jahren sind sie verheiratet und haben zwei gemeinsame Kinder. Die Frage, ob sie auch bis zur Hochzeit enthaltsam lebte, verneinte Lucia Hauser.

Rückblickend bereue sie, dass sie nicht bis zur Ehe gewartet habe. Aber damals interessierten sie "die alten Männer in Rom" und deren Moralvorstellungen nicht. Erst durch eine Ehekrise fanden sie und ihr Mann wieder zurück zum Glauben.

Ihr Bund stand nicht immer unter einem guten Stern. "Wir haben die Liebe in den Anfangsjahren unsere Ehe nicht verstanden", sagt das Paar heute. Vor 16 Jahren stand ihre Ehe kurz vor dem Aus, nur durch die Rückbesinnung auf die katholischen Werte konnten sie die Risse kitten. "Sex ist eine tiefe Begegnung von zwei Körpern, bei der sich alles vereint", sagte Hans-Peter Hauser.

Ihre eigene Lebensgeschichte brachte das Paar dazu, die Initiative "Liebe Leben" zu gründen. Gemeinsam mit anderen Pärchen helfen sie Ehepaaren, kriselnde Partnerschaften zu retten. Die Besonderheit ihres Projekts sei, dass sie auch eng mit Seelsorgern und Ordensleuten zusammenarbeiten, sagte Lucia Hauser. So kann die Initiative auf ein großes Netzwerk an Unterstützern zurückgreifen, die für die kriselnden Partnerschaften beten. In den Seminaren werde jedoch immer auf Augenhöhe beraten, da die ehrenamtlichen Eheberater die Beziehungsprobleme aus eigener Erfahrung kennen.

Die beiden Theologen Pascal Gläser vom Bischöflichen Jugendamt und Johannes Hartl vom Gebetshaus Augsburg vervollständigten die Fünferrunde. Die beiden Familienväter organisieren regelmäßig Projekte mit Jugendlichen wie das "Teenstar"-Programm. Dort wird den Heranwachsenden eine wertorientierte Sexualpädagogik näher gebracht.

Moderator Blum wollte von den beiden Theologen wissen, weshalb die Kirche Sex nur innerhalb der Ehe erlaube. Sex nur in der Ehe sei keine Idee des Katholizismus, sondern ein Naturrecht, sagte Johannes Hartl, der selbst bis zu seiner Hochzeit enthaltsam lebte. "Nahezu alle Religionen und Kulturen ähneln sich beim Umgang mit Sexualität." Der Geschlechtsverkehr sei eine tiefe Begegnung und ein Bund, der von Gott gewollt sei. Durch wechselnde Sexualpartner verliere jedoch diese Bindung immer mehr an Nähe und Intimität, so Hartl.

Unweigerlich kam auch das Thema Verhütung zur Sprache. Dabei waren sich die Referenten einig, dass natürliche Verhütung - etwa Zykluskontrolle durch Temperatur- und Hormonmessung -, die sicherste und beste Variante sei. Weder Pille noch Kondom können es damit aufnehmen, sagte Pascal Gläser und verwies auf aktuelle Studien. Die vielen "Unfälle" die trotz künstlicher Verhütungsmittel passieren, zeigen die Schwächen von Pille und Kondom, betonte Hartl.

Nach der offiziellen Runde, hatte auch das Publikum die Gelegenheit, Fragen an die Referenten zu richten. Um die Hemmschwelle möglichst niedrig zu halten, wurden die Fragen anonym aufgeschrieben und eingesammelt.