Pfaffenhofen
Einheitliche Spielregeln für Windräder

Trotz oder gerade wegen der nahenden 10-H-Regelung wird die landkreisweite Planung vorangetrieben

21.10.2014 | Stand 02.12.2020, 22:05 Uhr

Pfaffenhofen (zur) Die Energiewende soll weitergehen – auch im Landkreis. Dieser setzt bei der Windkraft konsequent auf die Ausweisung eines Teilflächennutzungsplanes. Eine Entscheidung, die sich wegen der angedachten 10-H-Regelung der Bayerischen Regierung als goldrichtig erweisen könnte.

„Wir haben uns früh Gedanken um eine langfristig sinnvolle Energienutzung gemacht“, sagte Landrat Martin Wolf (CSU) bei der Energie-für-alle-Woche. Sogar um eine regionale Abstimmung mit Ingolstadt, Eichstätt und Neuburg-Schrobenhausen habe sich Pfaffenhofen bemüht, fügte er an. Aber aus verschiedenen Gründen habe man dort kein großes Interesse an regionaler Planung bekundet. Weshalb sich der Landkreis für einen Sonderweg entschieden hat: Schon bald soll der von allen 19 Gemeinden abgesegnete Teilflächennutzungsplan in Kraft treten, der im gesamten Landkreis einheitliche Spielregeln für Windräder festlegt. Spannend werde es, wenn sich dieses Konstrukt rechtlich als nicht durchschlagend erweise, räumte der Landrat ein, der damit zum brisanten Thema „10 H“ überleitete. Das ist die von der Regierung erwogene Abstandsregelung. Das erste Wohnhaus muss demnach zehnmal so weit vom Windrad entfernt stehen wie dieses hoch ist.

Darauf ging Florian Gleich vom Bayerischen Städtetag in einem Vortrag zur komplizierten rechtlichen Situation ein. Sein Fazit: „10 H“, das im Dezember Gesetz werden soll, gefährdet aus Sicht der Kommunen die Ziele des Windenergieausbaus – und trägt nicht zu einer größeren Akzeptanz der Anlagen bei. Aus Sicht des Städtetages sei eine Abwägung berechtigter Interessen und eine echte Bestandsschutzregelung für die Planung von Konzentrationsflächen die bessere Alternative, so Gleich. Dennoch wolle der Städtetag nicht gegen „10 H“ klagen. Weil es besser sei, das Gesetz trete im Sinne der Rechtssicherheit in Kraft, so der Referent. Denn Windkraftanlagen sind bislang privilegierte Baumaßnahmen und damit grundsätzlich zulässig. Kommunen können aber Konzentrationsflächen ausweisen, außerhalb derer der Windradbau untersagt ist. Zukünftig gilt die Abstandsregelung, allerdings nur im Außenbereich. Das bedeutet: Mit einem qualifizierten Bebauungsplan kann eine Gemeinde bestimmte Areale zum Planbereich machen und so die Abstandsregelung aushebeln.

Eine Vorgehensweise, welche die Staatsregierung im Grunde erwarte, vermutete Gleich und nannte das Vorgehen „Kommunalisierung öffentlichen Ärgers“. Weil nun die Gemeinden dem Bürger erklären müssen, warum eine Anlage plötzlich – entgegen der scheinbar unmissverständlichen Erklärung des Ministerpräsidenten – doch machbar ist.

Die Krux bei der Sache ist zudem laut Gleich, dass alle bisherigen Windkraftplanungen mit Inkrafttreten des Gesetzes nichtig, ja sogar rechtswidrig würden. Weil sie in der Abwägung des Verfahrens nicht mehr als stimmig gelten würden. Ein weiteres Problem sei das bisher noch vorgesehene Vetorecht der Nachbarkommunen, das dem Vernehmen nach wegen offener Rechtsfragen gestrichen werden solle. Gleich ist kein anderer Landkreis bekannt, in der alle Gemeinden einen interkommunalen Teilflächennutzungsplan aufgestellt haben.

Aus der Sicht von Markus Käser von der Bürgerenergiegenossenschaft hätte dieser sogar das Potenzial, ein absolutes Musterbeispiel zu werden. Daher richtete er einen Appell an die Gemeinden, angesichts der neuen Gesetzeslage nicht auszusteigen. Schon eine ausscherende Kommune reiche aus, um das bisherige Verfahren auszuhebeln. „Dann müssen wir alle wieder von vorne anfangen“, mahnte Käser.

Bei der Diskussion wurden neben inhaltlichen Fragen zu Details der Regelung auch Vorwürfe laut. Als grob fahrlässig und unverantwortlich wurde die verwirrende Vorgehensweise der Staatsregierung tituliert. Eine logische Folge sei nämlich Stillstand in Sachen erneuerbarer Energien – und eine Verunsicherung potenzieller Investoren.